Mundologia Festival: Reste fotografieren - Illusionsmaschine oder Ansporn zu handeln?


Veröffentlicht am 04.05.2024 in der Kategorie Sonstiges von Axel Mayer

Mundologia Festival Freiburg / Vorträge & wunderschöne Bilder der Welt & traurige Realität / Illusionsmaschine und/oder Ansporn zu handeln?


Das Freiburger Mundologia-Festival ist das große Reportage-Festival in Mitteleuropa und allen BesucherInnen werden tief beeindruckende Bilder von Natur, Tieren und Landschaften gezeigt.


Mundologia-Festival: Doch während in atemberaubenden Bildern das Hohelied der Arten, der landschaftlichen Vielfalt
und der globalen Natur gesungen wird, ist die globale und regionale Realität eine andere. Gezeigt werden Bilder von schöner, winziger, schwindender Rest-Natur und Rest-Vielfalt. Wir erleben gerade, wie die globalisierte Welt in eine große, einheitliche Fabrik verwandelt wird. In eine Agrar-Fabrik, eine Fabrik-Fabrik, eine Konsum-Fabrik und eine Wohn-Fabrik, in der zunehmend übersättigte Menschen immer unzufriedener werden. Selbst das Reisen ist fabrikmäßig organisiert. Die Mundologia-Bilder sind von atemberaubender Schönheit, aber es werden die schwindenden, schönen Reste fotografiert.


Der weltweite Verlust der Biodiversität,
der Vielfalt an Arten und Lebensräumen steigt in Zeiten scheinbar unbegrenzten wirtschaftlichen Wachstums dramatisch. Einem Bericht des Weltbiodiversitätsrats IPBES aus dem Jahr 2021 zufolge sind etwa eine Million (1 000 000) von acht Millionen Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Besonders gefährdet sind Amphibien, Korallen und viele Pflanzenarten. Wir sehen und erleiden die Verwandlung der vielfältigen Welt in eine große einheitliche genormte Fabrik, eine Agrar-Fabrik, eine Fabrik-Fabrik, eine Konsum-Fabrik und eine Wohn-Fabrik, in der zunehmend übersättigte Menschen immer unzufriedener werden.

Fünfmal gab es in den vergangenen 540 Millionen Jahren gewaltige Artensterben, zeigen Fossilienfunde. Forscher sehen eine aktuelle, menschengemachte, sechste Welle im Zeitalter des Anthropozän in vollem Gange. Nach einem Bericht der Vereinten Nationen zur Artenvielfalt sterben bis zu 130 Tier- und Pflanzenarten täglich aus.


Auch Südbaden, Freiburg und insbesondere die Rheinebene
wird zunehmend scheußlich und Natur und naturnahe Gebiete schwinden! Am Rande der Vorbergzone entlang der B3 entsteht ein hässlicher Siedlungsbrei, als Teil des zentraleuropäischen Verdichtungsraumes. Auf der Gesamtstrecke von 68 km zwischen Freiburg & Offenburg gibt es aktuell 50,3 km weiter wuchernde Siedlungsflächen und 17,7 km naturfernen "Freiraum". Immer mehr Beton ergießt sich auch in die Schwarzwaldtäler und rund um den Kaiserstuhl. Die Regionalplanung wird von Bürgermeisterinteressen dominiert. Dazu kommen als Folge freien Handels und globaler Konkurrenz immer mehr landwirtschaftliche Monokulturen und die heftige Vermaisung der Rheinebene.

Mit der Seilbahn über den Taubergießen, der Befestigung der letzten Hohlwege, dem geplanten sechsspurigen Autobahnausbau und der Verwirklichung des Verkehrsdrehkreuzes Oberrhein werden weitere, kleine und große Schritte zur Entwertung unserer Landschaft, zum Verlust an Lebensqualität und hin zu mehr Klimawandel getan.

Es ist schön (und die berühmte kurze Rast im quellenkühlen Tal), sich an den wunderschönen Mundologia-Vorträgen & Bildern zu berauschen. Es ist ebenso wichtig, sich für die verbliebenen schönen Restlandschaften, für Biodiversität und die Natur der Welt und am Oberrhein und gegen den Klimawandel und die Wachstumsreligion zu engagieren. Ein kleiner regionaler Erfolg war der mühsam-erfolgreiche Kampf für den Nationalpark Schwarzwald.


Wir wünschen den BesucherInnen des Mundologia-Festivals beeindruckende Bilder und den Veranstaltern viel Erfolg. Wir hoffen, dass zumindest einige der BesucherInnen mit wütendem Zorn auf die sich beschleunigende Zerstörung der Welt die Veranstaltungen verlassen.


Text & Bilder: Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein, (Alt-) BUND-Geschäftsführer
Nachtrag
von Hans Magnus Enzensberger (der sich auch auf Fotografierende übertragen lässt:
"Der Tourist zerstört das, was er sucht, indem er es findet"



20 Jahre Mundologia Festival: Illusionsmaschine oder Ansporn zu handeln?