Atomkraftwerk Abriss - AKW Abbruch Stilllegung: Was tun mit den radioaktiven Hinterlassenschaften der abgestellten Atomkraftwerke?


Veröffentlicht am 08.10.2012 in der Kategorie Atomkraft von Axel Mayer

Atomkraftwerk Abriss - AKW Abbruch Stilllegung
Was tun mit den radioaktiven Hinterlassenschaften der abgestellten Atomkraftwerke?



(Dieser Text entsteht gerade und ist noch eine fehlerhafte Baustelle)

Der Abbruch eines Kernkraftwerks steht am Ende einer langen Kette von Problemen, Gefahren und Risiken.
Der Betrieb eines AKW ist eine ständige Gefahr für Mensch und Umwelt. Umweltbelastend, krank machend und sogar tödlich sind die Folgen des Uranabbaus, der Urananreicherung und die Herstellung der Brennelemente. Im so genannten Normalbetrieb geben Atomkraftwerke krebserzeugende Radioaktivität an die Umwelt ab. Ein jederzeit möglicher schwerer Unfall oder Terroranschlag kann das Leben und die Gesundheit von hunderttausenden Menschen in Gefahr bringen und große Gebiete dauerhaft unbewohnbar machen. Atomkraftwerke und Atomwaffen sind "siamesische Zwillinge" und die „zivile“ Nutzung der Atomenergie führt zur weltweiten Weiterverbreitung von Atomwaffen. Der produzierte Atommüll muss eine Million Jahre sicher gelagert werden und gefährdet das Leben zukünftiger Generationen auf dieser Erde.

Am Ende der Betriebszeit jedes AKW steht eine strahlende Ruine, Atommüll, Risiken für AnwohnerInnen, AbbrucharbeiterInnen und hohe Kosten. 17mal muss ca. eine halbe Million Tonnen Stahl und Beton - so viel wiegt ein "durchschnittliches" Atomkraftwerk -, zerlegt und "entsorgt" werden. Nach den aktuellen Planungen soll das Abrissprogramm 18 Milliarden Euro kosten, doch die Kosten könnten explodieren. Teile der abgestellten AKW sind nur „leicht radioaktiv“, manche Teile, insbesondere die hochradioaktiven Brennstäbe, müssen eine Million Jahre sicher von allem Leben getrennt werden.

Der Abbruch wird teuer:
Allein der Abriss der deutschen Atomkraftwerke soll die vier deutschen Reaktorbetreiber mindestens 18 Milliarden Euro kosten. Das ist das Ergebnis einer Studie der Unternehmensberatung Arthur D. Little (ADL). Doch die Kosten könnten auch deutlich höher ausfallen, teilte ADL mit: "Die Kraftwerksrückbauten sind Großprojekte. Kostenüberschreitungen bis zu 25 Prozent sind da keine Seltenheit." Die deutschen Kernkraftwerksbetreiber - E.on, RWE, EnBW und Vattenfall - haben zwar bereits hohe Rückstellungen für den Rückbau der Reaktoren und die Entsorgung des Atommülls gebildet. Insgesamt summieren sie sich auf rund 30 Milliarden Euro - doch die müssen auch für die im Gutachten nicht berücksichtigten Endlagerkosten reichen.
Quelle:
Der Spiegel vom 28.09.2011


"Während Japan den Abbruch seiner Kernanlagen mit fast 40 Milliarden, Großbritannien mit 46 Milliarden und Deutschland sogar mit bis zu 62 Milliarden Euro veranschlagt, spricht EDF noch von Gesamtauslagen von lediglich 18,4 Milliarden – bei wesentlich mehr Reaktoren. EDF hat dafür lediglich 2,3 Milliarden Euro Rücklagen gesammelt. Nicht enthalten sind die Kosten der Endlagerung des Atommülls, für die Frankreich weiterhin keine Lösung gefunden hat." berichtet die TAZ am 29.10.2012.

Nach der Atomkatastrophe in Fukushima
musste die Bundesregierung am 6. August 2011 acht Kernreaktoren abstellen. Die übrigen neun deutschen Kernreaktoren sollen zum Teil bis Ende 2022 weiter strahlen. Auch das elsässische AKW Fessenheim soll im Jahr 2016 abgestellt werden. Was übrig bleibt sind die strahlenden Ruinen der Meiler und die atomaren Abfälle.

Erst mal abschalten
Um ein AKW abzuschalten, muss die im Kernreaktor laufende Kettenreaktion unterbunden werden. Dies geschieht durch das Einfahren der Steuerstäbe in den Reaktorkern. Somit kommt es zu einer unterkritischen Neutronenbilanz, das heißt, die Anzahl der Kernspaltungen geht zurück. Trotzdem setzen die Brennstäbe weiter Wärme frei, die durch den andauernden radioaktiven Zerfall im Reaktorkern entsteht. Fukushima hat gezeigt, dass die Nachzerfallswärme den Reaktor noch bis zur Kernschmelze aufheizen kann, wenn die Wärme nicht abgeführt wird. Anfangs entspricht diese Wärme noch 5-10 Prozent, nach drei Monaten noch 0,07 Prozent der Reaktorleistung. Jedoch entsprechen 0,07 Prozent bei einem Reaktor von 1500 MW elektrischer Leistung bis zu 4 MW Wärmeleistung. Die daraus folgende Erhitzung reicht aus, um den Reaktor zur Kernschmelze zu bringen. Deshalb müssen die Brennstäbe erst im Reaktorkern und später in einem Brennelementezwischenlager bis zu fünf Jahre gekühlt werden. Erst dann haben die Brennstäbe eine Temperatur von 400 bis 500 Grad erreicht und die Gefahr einer Kernschmelze ist gebannt.
Wenn also z. B. das AKW Fessenheim erst kurz vor den französischen Wahlen abgestellt wird, dann kann es nach der Wahl ohne technische Probleme von einer anderen französischen Regierung wieder hochgefahren werden.

Einschub: Wie gefährlich ist Atommüll - Das Beispiel der Brennstäbe


In einem AKW entsteht in einem Jahr pro Megawatt Leistung ca. die kurz- und langlebige Radioaktivität einer Hiroshimabombe. Das heißt, in einem AKW mit 1000 MW Leistung entsteht die Radioaktivität von ca. 1000 Hiroshimabomben. Ein Teil dieser Radioaktivität zerfällt nach relativ kurzer Zeit. Manche radioaktiven Stoffe ("Isotope") zerfallen in wenigen Jahren (z.B. das klimaschädliche Krypton-85: 10,76 Jahre Halbwertzeit). Andere radioaktive Gifte haben extrem lange Halbwertszeiten (z.B. Jod-129: 17 000 000 Jahre). In das bisher nicht gefundene Endlager soll ein "Cocktail" aus vielen, extrem gefährlichen Abfallstoffen kommen.

Beim Betrieb eines AKW mit 1000 MW Leistung entstehen pro Jahr u.a. ca. 200 - 250 kg hochgefährliches Plutonium. Wenn der bekannte ägyptische Pharao Cheops vor 4550 Jahren nicht die berühmte Pyramide gebaut, sondern ein AKW 4 Jahre lang betrieben hätte, dann wären neben vielen anderen Abfällen ca. 1000 kg Plutonium zusammengekommen. Bei einer Halbwertszeit von 24 110 Jahren (Plutonium 239) wären heute noch 877 kg vorhanden. Nach 10 Halbwertszeiten, also nach 241 100 Jahren müssten immer noch ca. 0,1% der Ausgangsmenge, also 1 kg Plutonium dauerhaft sicher gelagert werden.


AKW Rückbau, "schneller" Abriss
Während ein Reaktor stillgelegt ist, muss dieser weiterhin gewartet und bewacht werden, da die kontaminierten Teile der Anlage weiter strahlen. Auch aus diesem Grund erweist sich der Rückbau als problematisch. Beim Rückbau beginnt man zuerst mit dem Abbau der Anlageteile, die für den Restbetrieb unnötig sind, z. B. mit den Kühltürmen.

Wenn die Brennstäbe abgekühlt sind, kommen sie (als Hauptgefahrenquelle) zumeist in ein Zwischenlager auf dem Reaktorgelände. Fukushima hat gezeigt, dass auch von den Brennelementelagern enorme Gefahren und extrem schwere Unfälle ausgehen können.

Danach werden die kontaminierten Komponenten des Reaktor-Sicherheitsbehälters abgebaut. Die stark radioaktiven Stahlteile von Druckbehältern und andere Komponenten müssen erst in ein Zwischenlager und dann in ein Endlager gebracht werden. Viele Teile des ehemaligen Kernkraftwerks sind so stark verstrahlt, dass sie nicht gereinigt werden können. Aus Kostengründen wird ein Großteil der Reaktorteile aber in einer Wasserstrahlkabine mit Hochdruck gesäubert und wie normaler Abfall „entsorgt“. Leicht verstrahltes Metall wird mit unbestrahltem Metall so lange gemischt, bis die Grenzwerte erreicht sind. Ist die AKW-Ruine kontaminationsarm, dann wird mit dem konventionellen Abriss begonnen. Ein Kernkraftwerk vollständig rückzubauen kann viele Jahre, aber auch Jahrzehnte dauern. In der Vergangenheit, bei den kleineren AKW betrug die Dauer ungefähr 20 Jahre.

Einschub: Der Atommüll bleibt am Standort.
(Auszug aus einem Positionspapier der Südwestdeutschen Anti-Akw-Initiativen vom Oktober 2012)

Die Betreiber müssen unter strenger Aufsicht bereits in der Nachbetriebsphase, noch vor der Stilllegung, ein radioaktives Gesamtkataster der Anlage erstellen. Welche Teile der Anlage in welchem Umfang radioaktiv belastet sind. Im Kataster muss auch eine Bestandsaufnahme des gesamten radioaktiven Inventars der Anlage enthalten sein. Es muss eine Gesamtbestandsaufnahme der zu erwartenden radioaktiven Abfallmengen erstellt werden.
Ein falscher Rückbau durch Freiputzen und Freimessen von radioaktiven Teilen bis unter den Grenzwert darf nicht stattfinden. Zuerst muss ein Einschluss der Anlage erfolgen, der die weitere Kontrolle der radioaktiven Gefährdungen, die noch Jahre- und Jahrzehntelang durch die Atomanlage besteht, erst möglich macht. Anhand des radioaktiven Gesamtkatasters wird das langfristige Vorgehen transparent und öffentlich festgelegt. Der Atommüll bleibt bis zur Klärung der langfristigen weiteren Aufbewahrung vor Ort. Vorrangiges Ziel ist es, die Biosphäre vor radioaktiven Emissionen zu schützen.


Das 2005 stillgelegte Kraftwerk Obrigheim
ist ein Beispiel für einen Rückbau. Mehr als zehn Jahre dauern die Arbeiten, die 500 Millionen Euro kosten sollen. Die Betreiber des AKW sind laut Gesetz verpflichtet, das Geld für den Rückbau zurückzulegen. Es müssen 275 000 Tonnen Material abgebaut werden, darunter 2300 Tonnen radioaktiver Abfall.

„Sicherer“ Einschluss?
Manche Betreiber entscheiden sich für den sofortigen Rückbau eines AKW, da der Unterhalt eines stillgelegten Reaktors bis zu drei Millionen Euro im Jahr kostet. Solange aber die Zwischen- und Endlagerfrage ungeklärt ist, bleibt die Frage offen, was mit dem radioaktiven ,,Müll'' passiert, den die AKW zurücklassen. Ein Zwischenlager auf dem ehemaligen Reaktorgelände sowie der so genannte „Sichere Einschluss“ sind die anderen Problemlösungsansätze der Betreiber. Beim „Sicheren Einschluss“ werden wenig strahlende, überflüssige Komponenten abgebaut und die Brennelemente und Kühlmittel zwischengelagert oder entsorgt. Der kontaminierte, hochradioaktive Teil wird, so gut es geht, gegen radioaktiven Austritt gesichert, bis ein Teil der kurzlebigen Radioaktivität nachlässt. Einen tatsächlich „Sicheren Einschluss“ gibt es nicht. Beim sofortigen, direkten Abriss sind die Reaktoren nach rund 15 Jahren im Zwischen- oder Endlager. Beim so genannten „Sicheren Einschluss“ wären die Standorte erst nach 40 bis 45 Jahren von den Betonruinen befreit.

Sicherer Einschluss und Atom-Neusprech
Atomkraftwerk (AKW) – Kernkraftwerk (KKW)
Plutonium-AKW – Schneller Brüter
Atommülllager – Entsorgungspark
Atomunfall – Ereignis
Zwischenlager für hochradioaktive "Brennstäbe"- Abklingbecken
Atomkatastrophe – bedeutsames Ereignis
Katastrophenschutz – Notfallschutz
Katastrophenschutzbroschüre - Notfallschutzbroschüre
Austritt von Radioaktivität – Freisetzung von Radioaktivität
Entgiftung – Dekontamination
AKW-Schornstein – Abluftkamin

Derzeit befinden sich die AKW Hamm-Uentrop und Lingen im „Sicheren Einschluss“. Im Fall des AKW Hamm-Uentrop soll der „Sichere Einschluss“ 42 Jahre dauern, bis die Anlage dann abgerissen wird.

Es bleiben viel offene Fragen:


Der Abbruch eines Atomkraftwerks
verringert erst einmal die größten Gefahren, die von einem AKW ausgehen. Doch unproblematisch oder gar ungefährlich ist ein solcher Abriss nicht. Über 8 Million Tonnen teilweise stark strahlender Stahl und Beton müssen "sicher" versorgt werden und Eon, RWE, Vattenfall und EnBW werden versuchen zu sparen. Dies darf nicht auf Kosten der AnwohnerInnen in der Umgebung und nicht auf Kosten der AbbrucharbeiterInnen gehen. Hier werden der BUND und die Umweltverbände den Betreibern auf die Finger sehen müssen.

Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer

(Dieser Text entsteht gerade und ist noch eine fehlerhafte Baustelle)

Aktueller Einschub



Neue Mini-AKW, Merz, Söder, CDU, CSU, AfD und FDP


Warum drängen Merz, Söder, CDU, CSU, AfD und FDP in Deutschland gerade so heftig auf den Bau von neuen Mini-AKW und Flüssigsalzreaktoren? Weil umweltfreundlicher Strom aus Wind und Sonne zunehmend kostengünstiger ist, als Strom aus neuen, gefährlichen AKW! Gerade ist ein Projekt zum Bau von Mini-AKW in den USA krachend gescheitert.
Warum sollen wir auf gefährliche, teure Hochrisikotechnologien wie Mini-AKW und den Thorium Reaktor setzen, wenn wir kostengünstige, umweltfreundliche Alternativen haben?