Die Erziehung der GRÜNEN
Veröffentlicht am 16.07.2022
Die Erziehung der GRÜNEN
Die aktuelle Berichterstattung zur hochriskanten Gefahrzeitverlängerung der letzten drei deutschen AKW beinhaltet auch einen versteckten Aspekt, auf den ich in diesem Leserbrief kurz eingehen möchte. Es geht nicht nur um AKW, sondern um den Abschluss der Formung und Erziehung der GRÜNEN durch die Medien. Ich kenne die GRÜNEN seit ihrer Gründung 1979 und bin auch seit über 30 Jahren Kreisrat. Seit der Partei-Gründung erlebe ich, wie die GRÜNEN (nicht nur) von den Medien geformt und erzogen werden. Journalisten und Journalistinnen erzogen die GRÜNEN nach ihrem eigenen angepasst-bürgerlich-liberalen Bild und auch die populistische BILD-Zeitung hat ihren Anteil. Die Ecken und Kanten wurden abgeschliffen, die Unangepassten wurden gescholten und weggemobbt, die Braven wurden gelobt und interviewt. Parteikarrieren wurden medial vorbereitet oder verhindert. Die wenigen "Ströbeles" der Partei sind im Altenteil und viele kluge, wichtige Menschen haben die GRÜNEN auf ihrem kurzen Weg verloren.
Ein wunderbares Beispiel war die perfekte Anti-Veggie-Day-Kampagne. Wie war es 2013 möglich, ein ökologisches Fürzlein aus einer winzigen Nische des GRÜNEN Wahlprogramms zu einem bedrohlich-gigantischen Tornado aufzublasen und die Medienkampagne gegen einen vegetarischen Tag in Kantinen als "Kampf für Freiheit" zu inszenieren?
Insbesondere in Kriegszeiten wurde aus einem toleranten Erziehungsprozess eine sehr autoritäre. Und was manchen Journalisten bei den eigenen Kindern nicht gelang, ist ihnen bei den GRÜNEN gelungen. Dieser Erziehungsprozess wird jetzt mit der perfekten Lobby-Kampagne um die AKW-Gefahrzeitverlängerung abgeschlossen, die Partei bekommt ihren finalen Feinschliff. Dies alles führt zu tollen GRÜNEN Wahlergebnissen und zu einem Verlust an Inhalten und leider notwendiger Radikalität, die in Zeiten der Umweltzerstörung so wichtig wäre. Dürre, Wassermangel, Überflutungen, Klimakatastrophe, globale Artenausrottung, Umweltzerstörung, Atommüllproduktion, Regenwaldvernichtung, Weltvermüllung, soziale Ungerechtigkeit und Überkonsum haben ihre Ursache auch in der globalen Wachstumsreligion, die von fast allen Medien, vornehmlich in den Wirtschaftsredaktionen, gepredigt wird. Die GRÜNEN machten daraus das Märchen vom grünen Wachstum. Jetzt feiern die Medien die Ankunft der GRÜNEN in dem, was sie für die Realität halten. Diese Realität ist zutiefst zerstörerisch und unsozial. Noch sehe ich keine bessere Partei, komme aber immer mehr zur Erkenntnis, dass notwendige Veränderungen häufig außerhalb der Parlamente angestoßen werden und bin nicht nur mit Fridays for Future wieder bei meinen Wurzeln im Wyhler Wald.
Axel Mayer, Kreisrat, GRÜNE
Nachtrag:
Selbstverständlich haben sich die GRÜNEN auch von innen heraus verändert. Auch viele andere "junge Wilde" wurden nach wenigen Jahren bürgerlicher als ihre Eltern. Kandidaten und Kandidatinnen für Bürgermeisterposten und Parlamente werden unter dem Gesichtspunkt der Wählbarkeit ausgesucht. Nicht jeder der ein gut wählbarer "idealtypischer Schwiegersohn-Typ" ist, steht auch für GRÜNE Politik, bestimmt diese aber dominant nach der Wahl. Die Warteschlangen vor den grünen Karriereleitern waren kürzer als bei anderen Parteien. Da haben sich manchmal die Falschen angestellt.