Amflora und die Macht der BASF: Stoppt die schwarz-gelben Genkartoffeln
Veröffentlicht am 24.11.2009 in der Kategorie Gentechnik von Axel Mayer
Amflora und die Macht der BASF: Stoppt die schwarz-gelben Genkartoffeln
Die umstrittene Genkartoffelsorte Amflora
darf ab sofort in der Europäischen Union angebaut werden. Die EU-Kommission hat am 2.3.2010 wieder einmal industriefreundlich und verbraucherfeindlich entschieden. Zum Einsatz kommen dürfte die Knolle eigentlich nur für industrielle Zwecke, doch Nebenprodukte sind auch als Tierfutter zulässig.
CDU und FDP für Gentechnik und die Genkartoffel Amflora
Schon vor dieser Entscheidung gab es die die Ankündigung der schwarz-gelben Bundesregierung, den Anbau der Genkartoffel Amflora für eine kommerzielle, industrielle Verwertung zu unterstützen. "Der Anbau der gentechnisch veränderten Stärkekartoffel Amflora für eine kommerzielle, industrielle Verwertung wird unterstützt", hieß es im Koalitionsvertrag von Union und FDP. In der Landwirtschaftspolitik ist trotz des Bekenntnisses von CDU und FDP zum ökologischen Landbau keine nachhaltige Linie zu entdecken. Die EU-Genkartoffel, das CDU-FDP Ja zum Genmais und der Ausstieg aus dem Atomausstieg sind die Spitze des Eisbergs einer nicht nachhaltigen und verbraucherfeindlichen Politik, die alleine den Interessen der großen Konzerne dient. Wie so häufig hätte es auch eine ökologische Alternative zur Genkartoffel gegeben. Es gibt inzwischen zwei ohne Gentechnik gezüchtete Kartoffelsorten, die ähnliche Eigenschaft wie Amflora besitzen: Die Stärke dieser Kartoffeln enthält ausschließlich Amylopektin, das in der Industrie für zahlreiche Zwecke verwendet wird. Die ökologische Alternative kommt kommt ohne das problematische Markergen aus. Es ist unverständlich, warum die EU-Kommission auf die Risikotechnologie setzt, wenn es unproblematische Alternativen gibt. Die Macht der Konzerne auf der europäischen Ebene ist ungebrochen.
Axel Mayer, BUND Geschäftsführer
Hier einige kritische Infos zur Genkartoffel Amflora
Fehlende Sicherheitsuntersuchungen
Es ist nicht wissenschaftlich untersucht, wie sich der Verzehr der Genkartoffeln auf Tiere und Menschen auswirkt. Bei den Kartoffeln wurde in einen komplexen Stoffwechsel eingegriffen, so dass man mit zusätzlichen unerwünschten und unerwarteten Veränderungen (neu gebildeten oder veränderten Proteinen) rechnen muss. Auch Proteine, die in geringen Mengen gebildet werden, können Allergien auslösen. Umfangreiche wissenschaftliche Versuche, die die Sicherheit für Mensch und Tier demonstrieren, müssen auf jeden Fall vor einer Freisetzung durchgeführt werden, reine Vermutungen über die Sicherheit der transgenen Kartoffeln sind kein experimenteller Beweis.
Die gentechnisch veränderten Stärkekartoffeln sind zwar angeblich "nur" für die Verarbeitung in der Industrie vorgesehen, es muss aber damit gerechnet werden, dass die Kartoffeln auch unerwünscht in die Nahrungskette gelangen. Schon durch den intensiven Durchwuchs in Folgejahren, Pflanzung auf“ falschen“ Äckern, wie hier vor Ort nachgewiesen, durch schlecht trennbare Arbeitsprozesse in den Stärkefabriken, Transport usw. Deshalb liegt in Brüssel ein Antrag als LM und FM vor.
Untersuchungen zur Wirkung der gentechnisch veränderten Kartoffeln auf das Bodenleben und Nicht-Zielorganismen sind offenbar nicht geplant. Die Erwartung der BASF, dass es keine Veränderungen in den Interaktionen der Kartoffellinien mit Nicht-Zielorganismen gebe, kann den experimentellen Befund nicht ersetzen.
Verbreitung
Der in einem BASF-Antrag genannte Isolierabstand von 10 m zwischen den Freisetzungsflächen und dem nächsten Feld mit Biokartoffeln, Kleingärtnern und mit nicht gentechnisch veränderten Kartoffeln ist zu gering, um Auskreuzung (d.h Verbreitungen durch Wild, Vögel, Nager, Maulwürfe usw.) mit Sicherheit zu verhindern.
Nach der Ernte können viele tausende Kartoffelknollen im Boden verbleiben, die 4 – 5 Jahre im Boden überleben und harte Winter überstehen. Bedingt durch den erhöhten Stärkegehalt und den Klimawandel ist die Überlebenswahrscheinlichkeit/Dauer vermutlich noch höher. Der im Antrag genannte Zeitraum von einem Jahr für die Kontrolle eines möglichen Kartoffel-Durchwuchses ist demzufolge zu kurz bemessen.
Genetische Unklarheiten
Die bei der gentechnischen Veränderung auftretenden Unklarheiten (Wo und wie oft wurden die Gene eingebaut? Wurden zusätzliche Gene/Genteile eingebaut? etc.) wurden bisher nicht ausreichend untersucht. Diese können aber auf die Eigenschaften und die neu gebildeten Proteine eine große Auswirkung haben.
Außerdem kann sich das Verhalten der Pflanzen je nach Umwelteinflüssen ändern. So kann sich unter Umständen der Gehalt von giftigem Glykoalkaloid unter Stressbedingungen (Hitze, Trockenheit etc.), denen die gentechnisch veränderten Kartoffeln im Freiland unterworfen sein können erhöhen.
Markergene
Die eingebauten Markergene erzeugen eine Resistenz gegen fünf Antibiotika, von denen Neomycin und Kanamycin auf der WHO-Weltreserveliste gegen mehrfach resistente Tbc stehen, die immer noch bzw. wieder ein immenses Problem weltweit und auch in Europa durch Zuwanderung darstellt.
Gezielte und gewünschte Verunreinigung
Die EU-Kommission will gentechnische Verunreinigungen bis 0,9 % in Lebensmitteln ohne Deklaration erlauben. Das ist eine eigenwillige Rechtsauslegung, weil dieser Grenzwert sonst nur für GVO-Pflanzen gilt, die als Lebensmittel zugelassen sind. Für nicht als Lebensmittel zugelassene GVO gilt Grenzwert=Nachweisgrenze. Das ist ein weiterer Schritt, um die gezielte, schleichende Verunreinigung zu ermöglichen.
Jetzt gilt umso mehr:
- - Richtige Kartoffeln kaufen statt Chips, Instant-Pulver oder Press-Fritten
- - Regional einkaufen - Kartoffeln vom Bauern gibt es überall und in Baden Württemberg wächst (noch) keine Amflora!
Alternativen
Der BUND-Experte Gottfried May-Stürmer weist darauf hin, dass es inzwischen zwei ohne Gentechnik gezüchtete Kartoffelsorten gibt, die die gewünschte Eigenschaft von Amflora besitzen: Die Stärke dieser Kartoffeln enthält ausschließlich Amylopektin, das in der Industrie für zahlreiche Zwecke verwendet wird. Eine konventionell gezüchtete Amylopektin-Kartoffel wurde von der Emsland Group zusammen mit Europlant entwickelt und 2009 zum ersten Mal in der Stärkefabrik Kyritz verarbeitet.
Die zweite Züchtung mit dem Klangnamen ELIANE stammt von der AVEBE Kartoffelstärkefabrik Prignitz/Wendland GmbH Lychen bzw. Dallmin und steht kurz vor der Sortenzulassung. So ist die Amflora überflüssig und nach 10 Antragsjahren ohnehin veraltet und entspricht nicht mehr dem Stand der Technik.
Quelle: Bund für Umwelt und Naturschutz
Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur gentechnisch veränderte Kartoffel Amflora
Die Bundesregierung muss den Anbau der Genkartoffel Amflora stoppen,
weil die Verschmutzung von Lebens- und Futtermitteln nicht wirksam ausgeschlossen werden kann. Auch der Landwirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Till Backhaus, fordert ein Anbauverbot. Obwohl Amflora Anfang März zugelassen und ihr Anbau auf 20 Hektar in Mecklenburg-Vorpommern vor Monaten angemeldet wurde, hat die Bundesregierung keine gesetzlichen Regeln zum Schutz der gentechnikfreien Produktion erlassen. Damit wird die Zusage gebrochen, welche die Bundesregierung 2007 in einer Protokollnotiz bei der Zustimmung zur Amflora im Ministerrat abgeben hat. In der Protokollerklärung der deutschen Delegation vom 16. Juli 2007 anlässlich der Abstimmung im Rat der EU – Landwirtschaft und Fischerei – über die Zulassung von Amflora heißt es unter anderem:
Deutschland wird unter Beteiligung aller interessierter Kreise sehr sorgfältig analysieren,
welche konkreten Anforderungen für den Anbau, die Lagerung, den Transport und den sonstigen Umgang sowie die Weiterverarbeitung dieser gentechnisch veränderten Kartoffel aufgestellt werden müssen … Dazu werden wir in Deutschland Regeln der Guten fachlichen Praxis entwickeln, um in jedem denkbaren Fall beim Anbau die Koexistenz mit nicht gentechnisch veränderten Kartoffeln zu sichern … sowie Kontaminationen von Futtermitteln und Lebensmitteln in der weiteren Vermarktungskette zuverlässig zu vermeiden.
Wir verlangen von der Bundesregierung und Ministerin Aigner,
dass sie diese Zusage einhalten und umgehend entsprechende Regeln zur guten fachlichen Praxis vorlegen. Statt ihren Schutz- und Vorsorgepflichten nachzukommen, hat die schwarz-gelbe Regierung die Zulassung von Amflora begrüßt. Schon im Koalitionsvertrag hat Schwarz-Gelb kostenloses Product Placement für das BASF-Produkt gemacht. Während Ministerin Aigner in Sonntagsreden die gentechnikfreien Regionen unterstützt, tut sie nichts, um deren rechtliche Position zu stärken. Wie ein Gutachten der Grünen-Bundestagsfraktion aus dem Sommer 2009 zeigt, wäre dies mit einer einfachen Änderung des deutschen Gentechnikgesetzes möglich.
Über die nationalen Verbote hinaus
fordern wir Grüne die Bundesregierung auf, gegen die Zulassung von Amflora vor dem Europäischen Gerichtshof zu klagen; denn ihre Zulassung widerspricht dem EU-Recht. Amflora enthält Resistenzgene gegen die Antibiotika Kanamycin und Neomycin, die laut der Weltgesundheitsorganisation WHO und der EU-Arzneimittelbehörde EMEA von therapeutischer Bedeutung für Menschen sind. Nach der EU-Freisetzungsrichtlinie dürfen aber seit 2009 keine Gentechniksorten mit Antiobiotika-Markern mehr zugelassen werden. Und selbst nach Meinung einiger Experten der – sonst nicht gerade gentechnikkritischen – europäischen Lebensmittelzulassungsbehörde EFSA sind Verbreitungen dieser Antibiotikaresistenzen in der Umwelt und damit schädliche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt nicht auszuschließen. Das Bundesamt für Naturschutz hat sich in den letzten Jahren mehrmals gegen Amflora-Freisetzungen ausgesprochen. Auch Italien, Frankreich, Österreich und Griechenland haben die Zulassung kritisiert und prüfen Möglichkeiten, den Anbau zu unterbinden. Zudem ist es unverantwortlich, dass Amflora eine Verschmutzungslizenz von 0,9 Prozent für Lebensmittel erhalten hat, obwohl für diese Verwendung keine Sicherheitsbewertung existiert – ein fragwürdiges Novum im EU-Gentechnikrecht. Eine Vermischung mit gentechnikfreien Kartoffeln bei Anbau, Transport und Verarbeitung ist in der Praxis kaum zu vermeiden.
Bundesregierung und EU-Kommission
bleiben dazu Antworten auf wichtige Fragen schuldig: Wer stellt sicher, dass auf Amflora-Äckern nicht aus Unwissenheit "gestoppelt" wird und damit Amflora direkt verzehrt wird? Wie sollen die bereits jetzt überlasteten Kontrollbehörden in der Praxis denn lückenlos überprüfen, ob in den Produktionsprozessen Verschmutzungen auftreten? Und wer haftet, wenn der Schwellenwert von 0,9 Prozent überschritten wird? Wie groß sind die Abstände und welche Sorgfaltspflichten bestehen?
Die Zulassung der Genkartoffel schadet der heimischen Wirtschaft
und verteuert für Produzenten und Verbraucher die Speisekartoffeln als wichtiges Grundnahrungsmittel. Aktuell werden Kosten in Milliardenhöhe durch Maßnahmen zur Vermeidung von gentechnischen Kontaminationen und durch weltweite Schäden aufgrund von Verunreinigungen mit illegalen Gentechnikpflanzen verursacht, wie beispielsweise gerade bei Reis sowie Leinsamen in Müslimischungen. Wir fordern, dass diese Kosten von den Verursachern getragen und nicht den Landwirten, Verarbeitern, Steuerzahlern und Verbrauchern aufgebürdet werden.
Auch die Stärkeindustrie hat nach eigenen Angaben kein Interesse an Amflora, weil es zwei konventionelle Alternativen von den Firmen AVEBE und Bioplant/Emsland Group gibt. Anders als bei der Amflora drohen hier der Stärkeindustrie keine Mehrkosten durch Überwachungsanforderungen, getrennte Lagerung und erhöhte Transportkosten. Sogar der Bauernverband bezeichnet Amflora als "sehr alte Sorte". Die Zulassung von Amflora ist nichts als ein Kniefall der EU-Kommision und der Bundesregierung vor der BASF. Amflora ist keine dolle, sondern eine olle Knolle aus der Gentechnikmottenkiste, die niemand braucht.