Krisenkommunikation-Greenwash-Nestle
Veröffentlicht am 22.09.2008 in der Kategorie Greenwash von Axel Mayer
Nestlé-Milch – Melamin & Krisenkommunikation
Krisenkommunikation bei Nestlé im Melamin-Fall
Der ungeheuerliche Milchskandal in China hat jetzt auch den weltgrößten Nahrungsmittelkonzern Nestlé erfasst. In "Dairy Farm Pure Milk", einem Milchprodukt von Nestlé wurden „Spuren“ der giftigen Chemikalie Melamin entdeckt.
Es sind eben nicht „nur“ chinesische Firmen, die sich auf Kosten der Gesundheit bereichern, sondern auch „Global Player“.
Wir wollen das Augenmerk jetzt aber nicht auf den Skandal selber lenken, sondern auf die jetzt anlaufenden Kampagnen die den Nestlé Skandal herunterspielen sollen.
Nicht das gesundheitsschädliche Melamin in der Nestlé-Milch, die Umweltkatastrophe, der Reaktorunfall oder das bekannt gewordene Massaker sind das Problem für große Konzerne und Diktatoren sondern "schlechte Krisenkommunikation".
Das folgende aktuelle Zitat eines Nestlé Sprechers ist ein Beispiel klassischer Krisenkommunikation:
"Das Schweizer Unternehmen bestätigte die Angaben der Regierung in Hongkong. Allerdings handele es sich bei der getesteten „Dairy Farm Pure Milk“ um ein für die Gastronomie bestimmtes Produkt, das nicht von Kleinkindern getrunken werden sollte, sagte ein Konzernsprecher am Sonntag in Genf.Quelle: Focus Online
Ein Sprecher des Zentrums für Nahrungsmittelsicherheit in Hongkong erklärte, der Anteil des Giftes in der in China hergestellten „Dairy Farm Pure Milk“ von Nestlé sei so niedrig, dass ein einjähriges Kind mit einem Gewicht von 7,5 Kilogramm drei Packungen oder 3,38 Liter pro Tag trinken müsste, um eine gefährliche Dosis zu erreichen. Der normale Konsum sei ungefährlich."
Wie schädlich die "geringen Spuren" tatsächlich sind lässt sich schwer einschätzen. Es bleibt die Frage: "Was ist Wahrheit, was ist Lüge, was ist Krisenkommunikation?"
Dass es beim ganzen Vergiftungsskandal in China ökonomische Gründe für eine Melaminbeimischung gab, ist unbestritten.
„Heute hat fast jedes Unternehmen einen PR-Plan für Krisenkommunikation in der Schublade, um eventuelle profitschädliche Probleme zu antizipieren und herunterzuspielen“ schreiben die Autoren Stauber und Rampton im lesenswerten Buch „Giftmüll macht schlank“ und beschreiben dort auch genau wie solche Pläne aussehen.
Im Bereich Krisenkommunikation arbeiten die größten Werbefirmen der Welt.
„Burson Marsteller ist Spezialist im so genannten „Krisenmanagement: "Nach dem Reaktorstörfall von Three Mile Island in den USA im Frühjahr 1979 polierte die Agentur das angekratzte Image des Betreibers wieder auf. Dem Chemieriesen Union Carbide standen sie nach der Katastrophe im indischen Bophal zur Seite, bei der über 2000 Menschen ihr Leben verloren.“ schreibt Ulrich Müller von LobbyControl.
Burson Marsteller wirbt einerseits für die „sichere Kernenergie“ andererseits ist B-M externen Berater der Landesregierung Baden Württemberg für das Projekt Krisenkommunikation (z. Bsp. bei Atomunfällen).
Es wäre dringend nötig, dass sich die Umweltbewegung, aber auch Journalisten, mit solchen Informations- und Desinformationskampagnen verstärkt auseinandersetzen.
Die jetzt anlaufende Krisenkommunikation des Nestlé Konzerns sollte genau analysiert werden.
Im Zusammenhang von Greenwash und Krisenkommunikation wollen wir auch noch einmal daran erinnern, dass erst in diesem Jahr bekannt wurde, dass Nestlé auch Attac ausspähen ließ.
Axel Mayer / BUND Geschäftsführer Freiburg
Literaturhinweis: Giftmüll macht schlank
Von John Stauber und Sheldon Rampton
Aus dem Englischen von Pasch Ficelle und Rainer Höltschl
ISBN 978-3-936086-28-7