Bibiliskäs und Genmais


Veröffentlicht am 29.10.1999 in der Kategorie Landwirtschaft von Axel Mayer

Bibiliskäs und Genmais


Ein Gastwirt aus Oberkirch muss sich vor Gericht verantworten, weil er aus Rohmilch hergestellten Renchtäler Rahmkäse angeboten hat. Das Oberlandesgericht Karlsruhe ließ diese Woche die Anklage der Offenburger Staatsanwaltschaft zu ...

Die Firma Pioneer-Hi-Breed muss sich nicht vor Gericht verantworten und nicht einmal ein Bußgeld bezahlen, obwohl sie unerlaubt gentechnisch verunreinigtes Saatgut in den Verkehr gebracht hat ... (Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 25.10.99).

In diesem Frühjahr hat der BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein von der gentechnischen Verunreinigung von konventionellem Saatmais der Firma Pioneer erfahren. Daraufhin erstattete der BUND Anzeige bei der Freiburger Staatsanwaltschaft. Diese ließ die drei Saatgutsäcke des BUND beschlagnahmen und von der Chemischen Landesuntersuchungsanstalt untersuchen. Eine Verunreinigung des offiziell nicht gentechnisch manipulierten Saatgutes wurde festgestellt.

Am 25.10.99 hat jetzt das Regierungspräsidium Tübingen das Ordnungwidrigkeitenverfahren gegen die Firma Pioneer eingestellt. Der Bescheid des RP zeigt deutlich, daß sich die Behörde nicht als Kontrollorgan im Sinne des Verbraucherschutzes sieht, sondern eher als Behörde zur Durchsetzung der Interessen von Agro-Chemie Multis.

Aus dem Schreiben des RP geht eindeutig hervor, daß die Verunreinigung auch auf die gentechnisch veränderte Maissorte BT 11 zurückzuführen ist. Diese Maissorte darf aus gutem Grund in Europa nicht angebaut werden. Nahrungsmittel mit künstlich eingebauter Antibiotikaresistenz haben auf unseren Tellern nichts verloren.

Auch die bisher wichtigste Argumentationslinie von Landwirtschaftsministerium und RP ist zusammengebrochen. Lange wurde vermutet, die Verunreinigung sei deshalb weder ein ökologisches noch ein juristisches Problem, weil es sich bei der Verunreinigung nur um Abrieb (Staub) von Genmais und nicht um vermehrungsfähige Körnchen handeln würde.

Leider haben sich hier die Befürchtungen des BUND schnell bestätigt. Bei drei von dreißig untersuchten Maisfeldern in Südbaden, auf denen offiziell kein Genmais wächst, wurden jetzt bei der Ernte gentechnische Verunreinigungen festgestellt. Das heißt einer von 10 Maisäckern ist bereits jetzt gentechnisch verunreinigt und erste Funde zeigen, daß die Verunreinigung weit in den Prozentbereich geht.

Der Damm zwischen genmanipulierter Nahrung und sauberer konventioneller Nahrung ist nicht etwa gebrochen. Er wurde gezielt gesprengt und die Behörden und das Landwirtschaftsministerium Ba-Wü haben das Feuer an der Lunte nicht gelöscht. Gentechnisch veränderte Nahrungsmittel werden von den VerbraucherInnen abgelehnt. Die gentechnische Verunreinigung von konventioneller Nahrung ist der gezielte Versuch nicht etwa Akzeptanz zu schaffen, sondern Akzeptanz zu erzwingen. Das war so bei der gezielten Vermischung von sauberem und verunreinigten Soja und das gleiche böse Spiel wiederholt sich jetzt in Sachen Saatgut wieder.

100 Prozent sauberes gentechnisch unverändertes Saatgut und Nahrungsmittel soll es, nach dem Willen der Industrie, in Zukunft nicht mehr geben. Hier fehlen Behörden und Gerichte mit Mut und einem Interesse an Verbraucherschutz. Dieser "Mut" wird aber um so konsequenter an anderer Stelle gezeigt. Nicht etwa beim umstrittenen Genmais, wohl aber beim Bibiliskäs aus Rohmilch, wo man sich nicht mit mächtigen Konzernen anzulegen braucht.

Axel Mayer


Landwirtschaft: Bauernsterben, grüne Kreuze, Mais, Vermaisung, Gift, Grundwasser, Gentechnik, Grüne Kreuze & Maiswurzelbohrer auf Mitwelt.org

Nicht ein "Mangel an Gift, Nitrat & zu viele Vorschriften bei der Massentierhaltung" sind die Gründe für die massiven Probleme der Landwirtschaft, sondern der massive Druck durch die Globalisierung und der von Bauernverbänden, Agrarkonzernen, von FDP, CDU, CSU & AfD gewollte Zwang zur großen globalen Agrarfabrik, der unerfüllbare und zerstörerische Traum vom ewigen Wachstum.




Landwirtschaft, Landschaft, biologische Vielfalt: Globalisierungsverlierer