Schiedsgericht, Freihandel, RWE, Klimawandel & Gier: Nein zu Ceta!
Veröffentlicht am 10.04.2024 in der Kategorie Sonstiges von Axel Mayer
Schiedsgericht, Freihandel, CETA, RWE, Klimawandel & Gier: Konzerninteressen contra Rechtsstaat & Demokratie: Wie Konzerngerichtsbarkeit den Rechtsstaat zerstört
Investitionsschutzabkommen gefährden die Demokratie.
Aktueller Einschub:
Die deutschen Konzerne RWE und Uniper klagen gegen die Niederlande, weil das Land bis 2030 aus der Kohleverstromung aussteigen will und den Eigentümern der Kohlekraftwerke dafür keine Entschädigung zahlt (anders als in Deutschland). Der Umweltzerstörungskonzern RWE verlangt 1,4 Milliarden Euro Schadenersatz.
SPD und GRÜNE haben in der Opposition noch massiv und zurecht gegen das Freihandelsabkommen CETA gekämpft. Wichtig war immer auch der Kampf gegen die Konzerngerichtsbarkeit der Schiedsgerichte, die unsere Rechtsstaatlichkeit aushebelt. Jetzt an der Regierung haben sie dem unsäglichen Abkommen zugestimmt.
Wie kommt es, dass sich die rot-grüne Basis dies so einfach und ohne Murren zulässt?
Axel Mayer
Nein zu Ceta!
Das Freihandesabkommen CETA ist seit Jahren unterzeichnet. Das EU-Kanada-Abkommen enthält demokratiefeindliche Regelungen zum Schutz von Investitionen deutscher Firmen in Kanada und umgekehrt. Sieht sich etwa ein kanadisches Unternehmen in seinen Rechten verletzt, kann es den deutschen Staat auf Schadenersatz verklagen – auch vor speziell eingesetzten Schiedsgerichten.
Einmal unterschrieben – Ewig gültig
Ein einmal geschlossenes Freihandelsabkommen und die damit verbundene Konzergerichtsbarkeit sind praktisch unumkehrbar, denn wenn die Verträge geschlossen sind, können sie von der Politik nicht mehr einseitig geändert werden. Bei jeder Änderung müssen alle Vertragspartner zustimmen. Für viele Länder die in der Vergangenheit dumm oder unwissend solche Verträge beschlossen haben bedeutet dies dauerhafte Knechtschaft.
Nun wollen internationale Großlonzerne vor privaten Schiedsgerichten gegen Staaten klagen, die strikte Anti-Covid-19-Maßnahmen verhängt haben – und Schadensersatz verlangen.
Wenn ein Konzern annimmt, dass er auf Grund einer Covid-19-Maßnahme benachteiligt oder faktisch enteignet wurde, kann er sich auf seine Rechte aus dem Investitionsschutzabkommen berufen und ein Schiedsgericht anrufen. Es geht dabei immer auch um Milliarden-Summen und enorme Profite für Anwaltskanzleien.
Hier ein aktuelles Beispiel:
»Peru vor potentiellen ICSID-Klagen wegen Covid-19 Maßnahmen gewarnt« berichtete eine Zeitschrift für internationale Schiedsgerichtsbarkeit Ende April. Kurz zuvor kündigte der peruanische Kongress an, die Mautzahlungen auf den privatisierten Autobahnen des Landes während der Pandemie auszusetzen. Damit sollte der Transport essenzieller Güter und Arbeitskräfte vereinfacht und vergünstigt werden. Ausländische Autobahnbetreiber sahen dadurch ihre Gewinne bedroht und kündigten ein Verfahren vor einem privaten Schiedsgericht an, sollte der Kongress an seiner Entscheidung festhalten.
Schiedsgericht, Freihandel, CETA & Gier: Konzerninteressen contra Rechtsstaat & Demokratie:
Wie Konzerngerichtsbarkeit den Rechtsstaat zerstört
Hier ein lesenswerter Auszug aus den Blättern zum Thema: Klagen ohne Scham: Die Profiteure der Pandemie
Die -Blätter für deutsche und internationale Politik- zählen zu den besten deutschen politischen Zeitschriften.
"Inmitten der Coronakrise bereiten global agierende Anwaltskanzleien nun den Boden für Investor-Staat-Klagen gegen Maßnahmen, die Regierungen ergriffen haben, um Leben zu retten, die Pandemie einzudämmen und ihre wirtschaftlichen Folgen abzumildern. In Webinaren und Publikationen weisen sie ihre Klienten darauf hin, dass sie ihre im Rahmen der Pandemie eingebüßten Gewinne auf Basis von Investitionsabkommen wieder einklagen können. So schrieb die Kanzlei Ropes & Gray im April 2020: „Regierungen haben auf Covid-19 mit einer Reihe von Maßnahmen reagiert, darunter Reisebeschränkungen, Einschränkungen der Geschäftstätigkeit und Steuervorteile. Ungeachtet ihrer Legitimität können sich diese Maßnahmen negativ auf Unternehmen auswirken, indem sie die Rentabilität verringern, den Betrieb verzögern oder von staatlichen Leistungen ausgeschlossen werden. [...] Für Unternehmen mit ausländischen Investitionen könnten Investitionsabkommen ein wirksames Instrument sein, um Verluste infolge von Covid-19-bezogenen Maßnahmen auszugleichen oder zu verhindern.“[5]
Schutzmaßnahmen im Fadenkreuz
Die Kanzleien werden nicht müde zu betonen, dass viele der über 1020 weltweit bekannten Investor-Staat-Klagen infolge von Wirtschaftskrisen oder politischen Umbrüchen entstanden sind – wie etwa der argentinischen Finanzkrise Anfang der 2000er oder dem Arabischen Frühling Anfang der 2010er Jahre. In 77 Prozent der Klagen, die gegen Argentinien im Kontext seiner Finanzkrise erhoben wurden, kam es entweder zu einem Schiedsspruch zugunsten des Investors oder zu einer Einigung, bei der die Kläger nicht leer ausgegangen sein dürften. Die Corona-Pandemie könnte nun eine erneute Klagewelle lostreten.
Die Palette staatlicher Schutzmaßnahmen, die Kanzleien ins Visier nehmen, ist breit. So könnten ausländische Versorgungsunternehmen Länder wie El Salvador, Bolivien, Kolumbien oder Argentinien verklagen, weil diese verfügten, dass Haushalte in der Pandemie weiter Zugang zu Wasser zum Händewaschen haben sollen – auch wenn diese Rechnungen nicht begleichen können. Im Ausland registrierte Immobilienfirmen könnten Länder verklagen, die Mieter*innen schützen, weil sie aufgrund von Krankheit oder krisenbedingtem Jobverlust ihre Miete nicht zahlen können. „Während diese Maßnahmen den Schuldnern helfen, wirken sie sich unweigerlich auf die Gläubiger aus, indem sie Einkommensverluste verursachen“, begründet die Kanzlei Shearman & Sterling mögliche Corona-Klagen."
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Einige Beispiele für die jetzt schon existierende Konzerngerichtsbarkeit
(die durch CETA & Freihandel massiv gestärkt wird)
- Pakistan hatte vom Internationalen Währungsfonds gerade ein Darlehen in Höhe von sechs Milliarden US-Dollar erhalten. Da verurteilte ein Schiedsgericht der Weltbank das Land dazu, fast sechs Milliarden Dollar an ein australisches Bergbauunternehmen zu zahlen: Die Regierung der pakistanischen Provinz Baluchistan hatte dem Unternehmen eine vertraglich vereinbarte Lizenz zum Gold- und Kupferabbau verweigert. Damit habe Pakistan das australisch-pakistanische Investitionsabkommen verletzt, sagte das Schiedsgericht. Das Unternehmen habe Anspruch auf Schadenersatz – auch für entgangene Gewinne.
- 3,5 Milliarden Euro (Nachtrag: Jetzt 4,7) will der Energiekonzern Vattenfall dafür, dass er unser Leben nicht mehr mit Atomkraftwerken bedrohen darf und klagt vor einem geheimen Schiedsgericht.
- Der Atom- und Kohlekonzern Vattenfall hatte zuvor schon gegen den deutschen Staat geklagt, weil das Unternehmen seine Profite in Gefahr sah. Schon im Jahr 2009 zog Vattenfall vor das ICSID-Schiedsgericht (International Centre for Settlement of Investment Disputes), weil aus Konzernsicht die Umweltauflagen für das umweltbelastende Kohlekraftwerk Moorburg "zu strikt" waren. Politik und Vattenfall einigten sich außergerichtlich – und natürlich hinter verschlossenen Türen. Als Ergebnis wurden die Umweltauflagen gelockert. Ein Schiedsgerichtsurteil zu Gunsten der Profite und zu Lasten von Mensch, Natur und Umwelt.
- "Das in Frankreich beheimatete Unternehmen Veolia klagte wegen lächerlicher 31 Euro gegen eine der wenigen Errungenschaften, die sich die ägyptischen Arbeitnehmer 2011 erstritten hatten: die Erhöhung des monatlichen Mindestlohns von 400 auf 700 ägyptische Pfund: von 41 auf 72 Euro. Der multinationale Konzern fand diese Anhebung unakzeptabel und erhob am 25. Juni 2012 vor dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten ICSID Klage gegen Ägypten. Die Anrufung des Schiedsgerichts bei der Weltbank begründete Veolia mit dem Argument, das neue Arbeitsgesetz widerspreche den Vereinbarungen, die man im Rahmen eines Public-private-Partnerships zur Müllentsorgung mit der Stadt Alexandria geschlossen habe." Quelle: Le Monde diplomatique
- Der mächtige und größte amerikanische Tabak-Konzern Philip Morris verklagt den Staat Uruguay auf zwei Milliarden Dollar Schadenersatz. Hintergrund dieser unglaublichen Klage ist eine erfolgreiche Nichtraucherkampagne des kleinen Staates, die vermutlich schon tausenden von Menschen das Leben gerettet hat. Doch die lebensrettende Nichtraucherkampagne verringert selbstverständlich die tödlichen Profite von Philip Morris. Und wo klagt der Konzern? Vor einem öffentlichen Gericht in Uruguay selbstverständlich nicht, sondern vor dem Weltbank-Tribunal Ciadi - einem Schiedsgericht für Wirtschaftsfragen in New York. Noch vor Jahrzehnten hätte der Konzern vermutlich nach chilenischem Vorbild die Regierung von Uruguay stürzen lassen und einen Putsch organisiert. Heute werden die Konzerninteressen von Konzerngerichten durchgesetzt.
- In den peruanischen Anden wird Blei abgebaut. Dort gibt es einen der zehn am meist verschmutzten und vergifteten Orte der Welt. 99 Prozent der Kinder leiden an Bleivergiftung. „Der Großkonzern Renco hat dies zu einem großen Teil zu verantworten.“, berichtet 3sat „Die peruanische Regierung forderte Renco zwei Mal auf den gesetzlichen Auflagen nachzukommen und bestimmte Stellen zu dekontaminieren. Eine neue Schwefelsäurefabrik sollte die Alte ersetzen. Renco unternahm aber nichts, sondern nutzte stattdessen das Freihandelsabkommen zwischen den USA und Peru. Darin enthalten: Eine Klausel für "Investorenschutz.“ Umweltschutz und Schutz der Kinder gefährdet die Profite des Konzerns und der Umweltvergifter Renco fordert jetzt vor einem Schiedsgericht 800 Millionen Dollar Schadensersatz von Peru.
Freihandesabkommen die von Konzernen diktiert werden bringen nicht "nur" Genfood, Hormonfleisch, Fracking und Sozialdumping, sondern stärkem auch die geheime Schiedsgerichtsbarkeit und gefährdet unseren Rechtsstaat und die Demokratie.
Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein, (Alt-) BUND-Geschäftsführer & Kreisrat
Auszug aus einer Rede von BUND-Geschäftsführer Axel Mayer
Freihandelsabkommen USA Europa TTIP: Umwelt, Gentechnik, Schiedsgerichte und gefährdete Demokratie
(...)
Auch heute ist bei uns nichts gut in Sachen Schiedsgerichte
Aber es kann durch TTIP noch schlechter werden
Es ist unglaublich:
Tabakkonzerne gefährden die Gesundheit
Der Tabakkonzern Philip Morris verklagt den Staat Uruguay auf zwei Milliarden Dollar Schadenersatz, wegen einer staatlichen Nichraucherkampagne.
Er klagt vor einem geheim tagenden Schiedsgericht, einem Schiedsgericht der Konzerne
Es ist unglaublich:
Atomkonzerne gefährden Mensch und Umwelt
Darum wurden bei uns endlich die ersten AKW abgeschaltet
Der Konzern Vattenfall klagt weil seine Atommeiler in Krümmel und Brunsbüttel uns nicht mehr bedrohen dürfen
Vattenfall klagt nicht in einem transparenten, rechtsstaatlichen Verfahren vor deutschen Gerichten, sondern vor einem Schiedsgericht bei der Weltbank
Es ist unglaublich:
3,7 Milliarden Euro will Vattenfall dafür, dass er unser Leben nicht mehr mit Atomkraftwerken bedrohen darf.
Und es ist noch unglaublicher, dass Vattenfall immer noch Kunden hat
Nein ich bin mit unseren Gerichten und ihren Urteilen nicht immer zufrieden.
Noch immer kommen große Umweltvergifter mit teuren Anwälten viel zu häufig ungeschoren davon
Aber dennoch sind es rechtsstaatliche Gerichte in einem demokratischen Staat, für die hier in Baden im Jahr 1848 Hecker, Struwe und Emma Herwegh gekämpft haben
Wie hieß es in den badischen Forderungen der Revolution von 1848:
„Wir verlangen Gesetze, welche freier Bürger würdig sind (…) Die Gerechtigkeitspflege sei Sache des Volkes.“
Die Privatisierung der Gerichtsbarkeit, Konzerngerichtsbarkeit, TTIP und Freihandel sind ein Angriff der Konzerne auf unser Rechtssystem und die Demokratie.
Es geht auch um zutiefst bürgerliche Werte
(...)
Hier geht´s zur vollständigen Rede
Schiedsgerichte, Freihandel & Gier: Wie Konzerngerichte den Rechtsstaat zerstören
Wichtige Beiträge und Links zum Thema Schiedsgerichte:
- SchattenjustizIm Namen des Geldes Es tagt in Washington hinter verschlossenen Türen: Ein geheimnisvolles Gremium aus drei Richtern kann eine Regierung zu Strafen in Milliardenhöhe verurteilen, wenn ein Konzern seine Geschäfte bedroht sieht. Eine Paralleljustiz ist entstanden, die bald noch mächtiger werden könnte.Ein Beitrag in Der Zeit vom 10. März 2014
- 15 Juristen gegen die Demokratie Vattenfall klagt gegen den deutschen Atomausstieg. Das zeigt deutlich, wie internationale Schiedsverfahren die politische Souveränität unterwandern.Ein Beitrag in der Frankfurter Rundschau
Mitwelt - Links zum Thema Freihandel, TTIP, Schiedsgericht & Konzerngerichtsbarkeit
- TTIP, CETA & Freihandel. Eine Kritik
- Trump, Freihandel und wir
- Schiedsgerichte, Konzerngerichtsbarkeit, Corona und Freihandel
- Freihandel verursacht Lungenkrebs! Philip Morris verklagt Uruguay vor einem Schiedsgericht / Konzerngericht
- Chlorhühnchen kein Problem - Freihandel & TTIP kein Problem...
- TTIP & Freihandel: Infos, Anstecker, Flyer, Plakate, Postkarten
- Finanzamt Frankfurt: Gemeinnützigkeit, TTIP & Angriff auf attac & Steuerfahnder Skandal
- TTIP - Freihandel – Westliche Werte – Kriegsursachen & Gier: Eine Rede von Axel Mayer
- CDU, CSU, TTIP & Freihandel
- TTIP & Freihandel: Infos, Anstecker, Flyer, Banner, Plakate, Postkarten, Transparente für Demo & Balkon
- TTIP & Greed? NO!! Open doors for genetically modified food, hormone meat, social dumping and US corporations?
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- 3) Im Zweifel, gerade in Kriegszeiten, ist die -Allgemeine Erklärung der Menschenrechte- immer noch eine gute Quelle zur Orientierung.
Axel Mayer Mitwelt Stiftung Oberrhein
Mit Zorn und Zärtlichkeit auf Seiten von Mensch, Natur, Umwelt & Gerechtigkeit.
Getragen von der kleinen Hoffnung auf das vor uns liegende Zeitalter der Aufklärung (das nicht kommen wird wie die Morgenröte nach durchschlafner Nacht)
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