AKW Fessenheim: Gefahr durch Brennelementebecken / Nasskühlbecken / TRAS Resolution
Veröffentlicht am 30.07.2020
AKW Fessenheim: Gefahr durch Brennelementebecken / Nasskühlbecken
Vorab:
- *Hier finden Sie Infos zu den Gefahren des AKW Fessenheim
- Hier finden Sie Infos zur Schließung der beiden Reaktoren
- Hier finden Sie eine AKW-Fessenheim-Chronik
Erste Gedanken zur Abschaltung:
- Das Erfolgsrezept des 5 Jahrzehnte-Protestes: Kreativität, trinational-proeuropäische Zusammenarbeit, Gewaltfreiheit und konstruktive Argumentation.
- Da ist der zentrale Anteil der französischen Umweltbewegung an der Abschaltung des maroden AKW. Ohne die frühe, erfolgreiche Bauplatzbesetzung 1977 gegen einen AKW-Neubau in Gerstheim, ohne heutige, AKW-kritische elsässische Abgeordnete, ohne die aktive Rolle von CSFR, Stop Fessenheim, Alsace Nature und ohne Sortir du nucléaire, wäre die Abschaltung nicht möglich gewesen. Auch trinationale Initiativen, insbesondere der TRAS mit seinen Gutachten und Klagen hat eine wichtige Rolle gespielt.
- Die Fessenheim-Stilllegung ist kein "Selbstzweck", sondern berechtigte Gefahrenabwehr. In den beiden, immer wieder von Störfällen und Schlampereien heimgesuchten Reaktoren entstand jährlich die kurz- und langlebige Radioaktivität von ca. 1800 Hiroshima-Bomben. Das unter dem Rheinpegel liegende, überflutungsgefährdete AKW liegt schlecht gesichert in einem Erdbebengebiet, mitten in einer dicht besiedelten Region Zentraleuropas. Ein schwerer Unfall hätte für über eine Million Menschen auf beiden Rheinseiten eine Katastrophe bedeutet. Dazu kommt die ständige Radioaktivitätsabgabe im sogenannten Normalbetrieb und die skandalöse Rheinerwärmung für das kühlturmlose AKW. Das von geschickter Atom-PR eingebrachte Argument des Klimaschutzes ist längst widerlegt.
- Wenn die großen Gefahren eines schweren Atomunfalls (GAU) nach der Entleerung der Zwischenlagerbecken gebannt sind, werden wir uns um die kommenden "kleineren" Gefahren beim Abriss kümmern. Ein "Billigabriss" ist nicht akzeptabel. Die jetzt zu schaffenden neuen Arbeitsplätze im Elsass müssen umweltfreundlich, nachhaltig und zukunftsfähig sein.
- Der konkrete Abbau hat noch nicht begonnen. "Theoretisch" könnte eine neue, rechte Pro-Atom-Regierung Fessenheim wieder "hochfahren".
- Die elsässische Umwelt- und Anti-Atom-Bewegung und auch die Mitwelt Stiftung Oberrhein fordern nach der Abkühlung der Brennelemente den schnellen Abtransport der Brennstäbe. Das AKW-Fessenheim sollte möglichst schnell zur bauzaunfreien "grünen Wiese" werden, gerade auch um zukünftige Euroreaktorpläne auf dem alten AKW-Gelände zu verhindern.
- Jetzt müssen wir uns um die massiv bekämpfte Energiewende und um die Verbindung von Kohle- und Atomausstieg kümmern. Wer morgen an der Gefahrzeitverlängerung von Kohle- und Atomkraftwerken verdienen will, der lässt heute die zukunftsfähigen Energien verhindern.
- Die Abschaltung des maroden AKW ist Grund zur grenzüberschreitenden Freude, aber kein Anlass für Triumph. Die Reaktoren haben über vier Jahrzehnte Strom, Geld und Gefahren produziert. Der in Fessenheim entstandene Atommüll muss für eine Million Jahre sicher gelagert werden und gefährdet das Leben zukünftiger Generationen auf dieser Erde.
- Im großen, globalen Krieg des Menschen gegen die Natur und damit gegen sich selber, (Atommüllproduktion, Klimawandel, Artenausrottung, Kriegsgefahr...)
haben wir in Fessenheim Zerstörungsprozesse entschleunigt und einen kleinen, wichtigen, regionalen Teilerfolg erzielt. Es lohnt, sich zu engagieren.- Mein Dank geht an die unzähligen badisch-elsässisch-schweizer Aktiven, an Freundinnen und Freunde. Dankscheen!
Amitié franco suisse allemande
Axel Mayer, Vizepräsident TRAS, Mitwelt Stiftung Oberrhein, Kreisrat, (Alt-)BUND-Geschäftsführer,
Am 22.2.2020 wurde Reaktor I in Fessenheim (F) abgeschaltet. Reaktor II wurde am 30.6.2020 herunter gefahren. Der in Fessenheim produzierte Atommüll wird noch ca. eine Million / 1.000.000 Jahre strahlen und über 33.000 Generationen gefährden. Die Gefahr eines schweren Unfalls im so genannten "Normalbetrieb" ist gebannt, doch die GAU-Gefahr besteht noch 3- bis 4 Jahre weiter. Ein Erdbeben oder ein Anschlag könnten die Brennelement-Lagerbecken im Atomkraftwerk zerstören und zu einer Kernschmelze mit verheerenden Folgen führen. Die Nasskühlbecken befinden sich extrem schlecht gesichert außerhalb der Fessenheimer Reaktorgebäude...
Die elsässische Umwelt- und Anti-Atom-Bewegung und auch die Mitwelt Stiftung Oberrhein fordern nach der Abkühlung der Brennelemente den schnellen Abtransport der Brennstäbe. Das AKW-Fessenheim sollte möglichst schnell zur bauzaunfreien "grünen Wiese" werden, gerade auch um zukünftige Euroreaktorpläne auf dem alten AKW-Gelände zu verhindern.
Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein, Vizepräsident TRAS
„ … Die Brennelement-Lagerbecken befinden sich außerhalb der Reaktorgebäude in eigenen, an die Reaktorgebäude angrenzenden Lagerbeckengebäuden. Die Struktur der Lagerbeckenhalle besteht aus einem einfachen Metalldach, die Wandstärke beträgt ca. 30 cm. Ein sich in der Lagerbeckenhalle durch Verdampfung von Kühlmittel gegebenenfalls aufbauender Überdruck kann durch ein Öffnen einer Entlüftungsöffnung zur Umgebung abgesenkt werden […]
In deutschen Druckwasserreaktor-Anlagen hingegen befinden sich die Brennelement-Lagerbecken innerhalb des Containments im Reaktorgebäude. Dies gewährleistet bei den deutschen Anlagen einen umfassenden Schutz gegen Einwirkungen von außen, z.B. im Falle eines Flugzeugabsturzes, sowie die Spaltproduktrückhaltung im Falle von Brennelementschäden… . “
Aus der Sicherheitstechnischen Analyse zum AKW Fessenheim von Prof. Manfred Mertins, April 2016
Aufsichtsbehörde warnt vor einer Kernschmelze im Brennelemente-Lager!
Die Autorité de sûreté nucléaire (ASN) hat bereits am 20. Dezember 2019 die EDF kritisiert: Der Stilllegungsplan sei im «Detaillierungsgrad unzureichend»; Die EDF müsse erst noch nachweisen, dass die «Beseitigung des Risikos des Schmelzens von Brennelementen, die in den Brennelemente-Lagerbecken gelagert sind, für das Risiko eines Flugzeugabsturzes nachzuweisen sei», und dies ohne neue Ausflüchte, ein solches Ereignis sei «unwahrscheinlich». Die Aufsichtsbehörde formuliert nicht weniger als 22 zusätzliche Forderungen, von der Überlegung, dass es in Fessenheim zwei Reaktoren gebe (der Plan der EDF bezieht sich nur auf die Demontage eines einzigen Reaktors) bis zur Forderung, eine "umsichtige und robuste Strategie" für die Entsorgung des anfallenden Abfalls zu definieren.
Mit dem EDF-Plan, alle Brennelemente in den Lagerbecken innerhalb von maximal drei Jahren zu entsorgen sei «die Zahl der Eingriffe und Operationen mit bestrahlten Brennelemente wesentlich höher sein als bisher», was zu einer «erhöhten Belastung der Ausrüstung und der Schwertransporte» führe. Zudem seien die von EDF angestrebten Lagerstätten für radioaktive Abfällen noch gar nicht angefragt worden….
Im Entsorgungsdossier gebe die EDF an, dass das bisher gewählte Erdbebenniveau beibehalten werde, weil sich die Entsorgung der Brennstäbe innert drei Jahren abwickeln liesse. Deshalb halte die EDF den Aufwand, der zur Neubewertung der seismischen Gefährdung erforderlich wäre, für unverhältnismäßig. Die ASN erinnert die EDF daran, «dass es keinen technischen Konsens über die Höhe der zu erwartenden Magnituden gab», die für die dritte Zehnjahresprüfung der Fessenheim Reaktoren verwendet wurde.
Neuer Stilllegungsplan und Konsultation der Aufsichtsbehörde
Im Mai 2020 hat die EDF einen neuen, ausführlicheren Plan für die Stilllegung erarbeitet. Anfang Juni eröffnetet die Aufsichtsbehörde ASN eine Vernehmlassung mit einer Frist von bloss zwei Wochen, in der zu den neuen Dispositionen Stellung genommen werden soll. TRAS wird seine Stellungnahme dazu auf der Homepage https://atomschutzverband.ch/category/fessenheim/ veröffentlichen.
Quelle: TRAS
TRAS Resolution
Freiburg im Breisgau, 30. Juni 2020 Resolution zur Vorbeugung eines Atomunfalls beim Fessenheim-RückbauJa zur sicheren Evakuierung aller Brennstäbe bis Juni 2023
Ja zur Wiederherstellung der «Grünen Wiese / Gewerbegebiet» bis 2040
Ja zum Schutz der Bevölkerung und zur vollen Transparenz des Risiko-Inventars
Wir,
die versammelten Vertreterinnen und Vertreter von 98 Städten und Gemeinden aus drei Ländern rund um Fessenheim, schätzen es, dass beim Rückbau des Atomkraftwerks der Schutz der Bevölkerung, der beruflich strahlenexponierten Arbeitskräfte und der Umwelt respektiert wird. Wir möchten un-sere Besorgnis ausdrücken, dass laut Aufsichtsbehörde ASN die Brennstäbe in den Lagerbecken der Anlage gegen Flugzeugabsturz, externe Aggression und Erdbeben nicht ausreichend geschützt sind und dass das Risiko einer Kernschmelze bei einem Abfluss von Kühlflüssigkeit weiterhin besteht. Beunruhigt sind wir auch über Berichte der ASN, wonach die Lagerkapazitäten in La Hague nicht bereit-stehen, um die Brennstäbe aus Fessenheim aufzunehmen.
Wir fordern:
Bereitstellung sicherer Lagerstätten Wir fordern, dass die EDF, wie von der Aufsichtsbehörde ASN verlangt, unverzüglich eine robuste Planung vorlegt, die sicherstellt, dass geeignete Lagerkapazitäten für die Brennstäbe aus Fessenheim rechtzeitig und in ausreichender Dimension bereitstehen. Transparenz Wir fordern, dass die Details der Rückbauplanung und der Schutzmassnahmen öffentlich zugänglich sind. Dazu gehören Angaben über das radioaktive Inventar, die Lagerungsdichte der Brennstäbe, den Zeitplan für den Abtransport und die Methodik der Radioaktivitätsmessung des Abbruchmaterials. Die Grenzwerte, die von «nicht-radioaktiven Material» unterschritten werden müssen, sind offenzulegen. Wir erwarten, dass alle 6 Monate über die Fortschritte beim Abtransport der Brennstäbe informiert wird. Schutz vor Erdbeben, Flugzeugabstürzen und externer Aggression Wir fordern in Übereinstimmung mit der Aufsichtsbehörde ASN die Anwendung der europäischen Normen betreffend Erdbebensicherheit; die deterministische Analyse muss durch eine probabilistische Analyse ergänzt werden. Zur Sicherung der Abklingbecken empfehlen wir zu prüfen, für die Dauer der Entsorgungsarbeiten an der Ostseite des Areals eine temporäre bauliche Abschirmung in Höhe des Brennelemente-Lagers zu erstellen. Die Strasse entlang des Rheinseitenkanals ist zu sperren; ausreichender Polizeischutz des Areals ist während des Rückbaus unverändert nötig. Wir verlangen eine redundante Kühlung mittels Nachrüstung der Pumpen und eine unabhängige Strom-versorgung für die Abklingbecken; die stationären Systeme sollten durch eine Reserve an mobilen Pumpen, Schläuchen, Notstromaggregaten und Zisternenwagen mit Kühlflüssigkeit ergänzt werden. Vorkehrungen für den Fall einer Kernschmelze Laut ASN muss EDF das Risiko einer Kernschmelze abschätzen und die Auswirkungen einer solchen aufzeigen.
Wir verlangen Angaben betreffend
a) Produktion von Wasserstoff (H2) und Explosionsgefahr,
b) Freisetzung von Radionukliden über Luft- und Wasserpfade,
c) Expositionspotential der Bevölkerung. Die Einsatz- und Notfallplanung der EDF für ein solches Ereignisses ist offenzulegen.
Verabschiedet an der Jahresversammlung
Die Resolution wurde einstimmig angenommen
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- 3) Im Zweifel, gerade in Kriegszeiten, ist die -Allgemeine Erklärung der Menschenrechte- immer noch eine gute Quelle zur Orientierung.
Axel Mayer Mitwelt Stiftung Oberrhein
Mit Zorn und Zärtlichkeit auf Seiten von Mensch, Natur, Umwelt & Gerechtigkeit.
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