2024 / Die Waldsterben-Lüge: Alles nur Hysterie & Panikmache?
Veröffentlicht am 19.07.2024 von Axel Mayer
Die Waldsterben-Lüge: Alles nur Hysterie & Panikmache?
Gab es in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts überhaupt ein Waldsterben? Oder war alles nur "GRÜNE Hysterie & Panikmache"? Die industriegelenkte Leugnung des Waldsterbens 1.0 war ein wichtiger Bestandteil marktradikaler Kampagnen zur weltweiten Leugnung des Klimawandels im Auftrag der Öl-, Gas- und Kohlekonzerne.
Waldsterben heute & damals: Proteste, saubere Luft, ökologischer Fortschritt, Klimawandel & neoliberale Angriffe auf die Umweltbewegung
Es ist Zeit, einmal 50 Jahre zurückzublicken. Das Thema Waldsterben und die massive Luft- und Umweltverschmutzung haben damals die Menschen und Medien bundesweit beschäftigt. Im Rückblick lässt sich sagen, dass der Streit für den Wald, für saubere Luft und eine bessere Umwelt eine Erfolgsgeschichte war.
Die zunehmenden sichtbaren Waldschäden,
führten ab dem Jahr 1975 zu vielfältigen Medienberichten, zu Aktionen und Demonstrationen gegen das Waldsterben und für saubere Luft. Die bundesweite Debatte um das Waldsterben verstärkte sich insbesondere um das Jahr 1983. Auch in Südbaden gab es große Demonstrationen und Aktionen für saubere Luft und gegen umweltgefährdende Industrien und Luftverschmutzer.
Seit über fünfzig Jahren Abstand wird von rechtslibertären Kreisen und der Springer-Presse gerne die Frage gestellt,
ob die Bewegung gegen das Waldsterben eventuell zu "heftig und undifferenziert" war, ja ob es das Waldsterben überhaupt gab. Gerade die gut organisierten Klimawandelleugner, die Verantwortlichen für die Klimakatastrophe und neoliberale Netzwerke haben sich seit Jahrzehnten auf das Thema Waldsterben eingeschossen. "Es gab überhaupt kein Waldsterben und der Kampf für Luftreinheit war unnötig, dumm und reine Hysterie" ist die zentrale Aussage der industriegelenkten Lobbyisten der Öl-, Gas- und Kohlekonzerne. Dieser Konflikt war Teil der Propaganda, mit dem der Klimawandel geleugnet werden sollte. Auch die AfD, die FAZ, die Welt und neoliberale Netzwerke wie die "Achse des Guten" und "Tichys Einblick" verbreiten die Geschichte vom Mythos Waldsterben und der damaligen Hysterie der Umweltbewegung.
Die Aktionen und Plakate der Umweltbewegung in den siebziger und achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts müssen vor dem geschichtlichen und umweltpolitischen Hintergrund der damaligen Zeit gesehen werden. Damals wie heute gab und gibt es einflussreiche und mächtige Interessengruppen, die für die uneingeschränkte "Freiheit der Industrie" stritten, Gewinne zu machen, ohne Rücksicht auf Mensch, Natur und Umwelt nehmen zu müssen. Wenn sich diese Konzerninteressen damals durchgesetzt hätten, würden wir heute immer noch in der umweltpolitischen Steinzeit leben.
Die erkennbaren Symptome der Waldschäden nahmen damals zu,
Wälder starben, Kinder in der Nähe von Großverbrennungsanlagen litten an Pseudokrupp, in der Nähe von deutschen Bleichemiewerken starben Kühe an Bleivergiftung, Kläranlagen waren selten und viele Bäche und Flüsse waren Kloaken, die Schweiz versenkte ihren Atommüll im Meer, wo auch Gifte und Dünnsäure "verklappt" wurden. Müllverbrennungsanlagen waren Gift- und Dioxinschleudern. Es war die Zeit des schweren Chemieunfalls am 10. Juli 1976 in Seveso, am 3. Dezember 1984 kam es im indischen Bhopal zu einer verheerenden Chemiekatastrophe, am 1. November 1986 verseuchte ein Großbrand beim Chemiekonzern Sandoz in Basel den Rhein und am 26. April 1986 gab es im Atomkraftwerk Tschernobyl die Reaktorkatastrophe ...
Die Proteste und Aktionen gegen das Waldsterben und für saubere Luft, Flüsse und eine menschengerechte Umwelt
führten mittel- und langfristig zu einer massiven Verbesserung der Luftqualität und zu einer Zunahme des Umweltbewusstseins. Gesetze wurden auf Druck der Umweltbewegung und gegen die Lobbyisten verschärft, der PKW-Katalysator wurde eingeführt, verbleites Benzin wurde verboten, Kraftwerke und Industrieanlagen wurden entstickt, entschwefelt und zum Teil technisch auch sicherer. Auch die Düngung mancher Wälder ist ein Ergebnis der Debatte. Eine von vielen Ursachen der Walderkrankungen war der Ausstoß von Schwefeldioxid und der damit verbundene saure Regen. Hier brachte der Protest die größten Erfolge. "So konnten zum Beispiel alleine in Baden-Württemberg die SO2-Emissionen von 334.200 Tonnen 1973 auf 58.800 Tonnen 1995 reduziert werden, was einem Rückgang um über 80 % entspricht." schreibt die LUBW Baden-Württemberg. "In den alten Bundesländern lagen schon im Jahr 1994 die SO2-Emissionen um 76% unter dem Niveau des Jahres 1970." schreibt das Umweltbundesamt in den "Daten zur Umwelt" 1997.
Das Waldsterben in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts war real und keine Lüge. Der Kampf der Umweltbewegung gegen das Waldsterben 1.0 und gegen die extreme Umweltvergiftung der Nachkriegsjahre war ein Erfolg für Mensch, Natur und Umwelt. Unsere frühen Kämpfe haben den Fortschritt beschleunigt.
Der Kampf gegen das massive, aktuelle, klimabedingte Waldsterben 2.0 wird im Streit der Klimaschutzbewegung fortgesetzt. Die atomar-fossilen Seilschaften und Medien, die das erste Waldsterben als Lüge bezeichnet haben,kämpfen jetzt aggressiv gegen die Umwelt- und Klimaschutzbewegung.
Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein (aktiv im Kampf gegen das Waldsterben 1.0 und 2.0)
Mehr Infos:
*Waldsterben 2.0 aktuell
*Erfolge für Mensch, Natur und Umwelt
Nachtrag: Noch mal "Alarmismus" und eine Ankündigung, die nicht eintraf ...
Im letzten Jahrhundert hat der BUND und die Umweltbewegung vor den massiven Folgen des DDT-Gifts auf die Vogelwelt gewarnt. Jetzt hat sich die Zahl der Wanderfalken stabilisiert. Also alles Fake-News der Umweltbewegung?
Der lang zurückliegende Kampf gegen das Ultragift DDT hat sich für Vogel und Mensch gelohnt. Insbesondere vogel- und fischfressenden Greifvögel, wie der Wanderfalke oder der Sperber waren massiv bedroht. Katastrophale Bestandseinbrüche und ein DDT-bedingter erheblicher Rückgang der Eischalendicke nach 1950 wurden in weiten Teilen der nördlichen Hemisphäre verzeichnet. In Europa starb der Wanderfalke in Dänemark, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und der DDR bis Ende der 1970er-Jahre aus. Das Verbot von DDT und die damit verbundene Bestandszunahme dieser Greifvögel ist ein großer Erfolg der Umweltbewegung. Der heutige Kampf gegen Neonicotinoide und andere Agrargifte ist für Insekten, Vögel und Umwelt ähnlich wichtig wie die frühen Konflikte um DDT. Alarmismus ist auch ein neoliberaler Kampfbegriff in der politischen Debatte.