2024 / Das Dreyeckland-Lied von François Brumpt: Eines der wichtigsten elsässischen Lieder im Protest gegen das AKW Wyhl & das Bleiwerk Marckolsheim


Veröffentlicht am 20.07.2024 in der Kategorie Umweltgeschichte von Axel Mayer

Das Dreyeckland-Lied von François Brumpt: Eines der wichtigsten elsässischen Lieder im Protest gegen das AKW Wyhl & das Bleiwerk Marckolsheim


"Mir keije mol d Gränze über de Hüfe und danze drum erum"
"Wir werfen einmal die Grenzen über den Haufen und tanzen drumherum"

François Brumpt 1976

Das Dreyeckland-Lied von François Brumpt zählte damals zu den wichtigsten Texten und Liedern der trinationalen Umweltbewegung am Oberrhein. Das Lied erzählt die Geschichte der Menschen und die Geschichte der Herren am Oberrhein, in Elsass und Baden. In einer Zeit, in der die Menschen noch bei jedem Grenzübertritt kontrolliert wurde, steht es auch und gerade für den Traum vom Dreyeckland in einem grenzenlosen Europa. Es findet sich u.a. auf der Dreyeckland-LP des Trikont-Verlags. Der oben abgebildete Text stammt aus dem Liederbuch: Wyhl isch dert un do. Lieder aus dem Kampf gegen Atomkraftwerke, Seite 33.


Die "Übersetzung" ins Hochdeutsche und die Kommentierung stammen aus der Textbeilage der Dreyeckland-LP des Trikont-Verlags.



AKW Wyhl- & Bleiwerk Marckolsheim-Protest und badisch-elsässische-alemannische Regionalkultur
Die Proteste und Bauplatzbesetzungen vor 5 Jahrzehnten in Marckolsheim, Wyhl, Gerstheim und Kaiseraugst fielen in eine Hoch-Zeit der europäischen Regionalbewegungen und ihrer vielfältigen Kultur. Im Baskenland und in Katalonien gärte es und auf dem Larzac-Plateau in Südfrankreich gab es erfolgreiche Proteste gegen einen geplanten Truppenübungsplatz. Der Begriff "Heimat" wurde endlich entstaubt und erstmals nach dem Krieg von tümelnden Klischees befreit.

Auf den besetzten Plätzen in Wyhl, Markolsheim und Kaiseraugst wurde deutlich: Dialekt ist immer auch Sand im Getriebe der globalen Megamaschine, denn sprachliche Vielfalt stört in einer Zeit der organisierten Gier und einer Endzeit exponentiellen wirtschaftlichen Wachstums im begrenzten System Erde. Dialekte stören die Verwandlung der vielfältigen Welt in eine große einheitliche genormte Fabrik, eine Agrar-Fabrik, eine Fabrik-Fabrik, eine Konsum-Fabrik und eine Wohn-Fabrik, in der zunehmend übersättigte Menschen immer unzufriedener werden.

Das Elsass erlebte eine Blüte (und leider auch einen Schwanengesang) elsässisch-alemannischer Regionalkultur. Eine Vielzahl elsässischer, badischer und Schweizer Künstlerinnen und Künstler, eine "Alemannische Internationale", traten bei Demos, Aktionen und im Rahmen des Programms der Volkshochschule Wyhler Wald auf. HAP Grieshaber erstellte Wyhl-Plakate und stellte sie den Bürgerinitiativen zur Verfügung. Bücher, Zeitschriften, Flugblätter, Plakate, Schallplatten und Liederbücher entstanden und es wurde viel gesungen bei Demos und auf den besetzten Plätzen.

Prägende Kunst- und Kulturschaffende in dieser breiten trinationalen Protestbewegung waren u.a. Walter Mossmann, Andre Weckmann, Rene Egles, Buki (Roland Burkhart), Ernst Born, François Brumpt, Karl Meyer, Meinrad Schwörer, Roland Engel, die Blaskapelle "Rote Note", Ernst Schillinger, la Rue de Dentelles, Roger Siffer, Francis Keck ... und die lange Liste ist unvollständig.
Der Wyhl-Protest und gerade auch die Lieder von François Brumpt waren immer auch Protest für Vielfalt, Demokratie und für ein grenzenloses Europa der Menschen und Regionen. Ohne die massive Einbindung der Kultur in den Protest wäre der Erfolg nicht möglich gewesen.

Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein, ehem. Sprecher der Bürgerinitiative Riegel


Bei den Bauplatzbesetzungen in Wyhl und Marckolsheim wurde viel gesungen. Hier Walter Mossmann im Freundschaftshaus in Marckolsheim 1974.