Geopferte Landschaften? Kohlelobby, atomar-fossile Seilschaften, Windenergie und der Landschaftsschutz


Veröffentlicht am 12.02.2021 in der Kategorie Energie von Axel Mayer

Geopferte Landschaften? Kohlelobby, atomar-fossile Seilschaften, Windenergie und der Landschaftsschutz


Landschaftsschutz / Windenergie / Windräder / Industrieinteressen (Eine Kurzinformation)


Windenergie: Ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen Naturzerstörung durch Klimawandel



Die Windenergie sorgt für Streit
Vom Schwarzwald bis an die Nordsee wird über das Für und Wider der Windenergie, insbesondere aber über den Landschaftsschutz immer noch kontrovers diskutiert.
Es ist gut, dass endlich auch über Landschaft und Landschaftsschutz eine öffentliche Debatte stattfindet. Erstaunlich ist allerdings, dass es diese Debatte immer nur dann gibt, wenn es um die umweltfreundliche Energieerzeugung durch Windkraft geht, und dass die großen anderen Probleme des Landschaftsschutzes viel zu wenig diskutiert werden.

Wo bleibt die Debatte über Landschaftsschutz, wenn neue Straßen gebaut, Flächen zubetoniert und neue, parallel laufende Hochspannungstrassen und Werbetafeln in die Landschaft gesetzt werden? Wo bleibt, abseits der Sonntagsreden der Politiker, das aktive Handeln von Politik und Behörden gegen Landschaftszerstörung, Flächenverbrauch und Verscheußlichung?


Von den meisten
der bisher öffentlich vorgetragenen Argumente gegen die Nutzung der Windkraft sind bei ordnungsgemäßem Bau und Planung der Anlagen eigentlich nur wenige Aspekte übrig geblieben:



Es gibt aber erfreulicherweise auch Menschen, die ein echtes Interesse an unserer Landschaft haben.
Die Argumente dieser kleinen Gruppe, die sich nicht nur gegen Windräder, sondern auch gegen die vielen anderen Scheußlichkeiten in der Landschaft wehren, müssen ernst genommen werden. Der Widerspruch zwischen dem Wunsch nach weiter, freier, technisch nicht überformter Landschaft und der Nutzung des Windes lässt sich im Binnenland nicht konfliktfrei lösen. Ein Meinungsstreit zu diesem Thema ist legitim. Aus diesem Grund sind wir auch nicht generell und überall für den Einsatz von Windrädern.

Warum werden hier nicht endlich einmal Fachleute zu Rate gezogen?


In jeder Armee der Welt gibt es Spezialisten, deren Aufgabe es ist, Gebäude "in der Landschaft zu verstecken und zu tarnen". Man kann Windrädern keine Tarnkappe aufsetzen. Es müsste aber möglich sein, sie so zu bauen und farblich zu gestalten, dass sie bei den meisten Wetterlagen aus einiger Entfernung nicht mehr auffallen. Hier haben die Planer und Erbauer eine Bringschuld, und auch eine gestalterische "Nachrüstung" mancher Windräder wäre notwendig.

Unnötig und dumm ist auch das "nervöse Blinken" der Windräder in der Nacht.
Die Vorschriften, die dies erzwingen, scheinen aus der Steinzeit der Fliegerei zu stammen. Wenn dort, wo die Windräder stehen, die Bergkette 200 Meter höher wäre, würde auch niemand eine Lichterkette aufhängen. Mit kleinen Radaranlagen lässt sich das Blinken auch bedarfsgerecht steuern.
Bedarfsgerecht heißt, dass das nächtliche Blinken beinah dauerhaft abgestellt wäre.

Klimawandel,Feuer, Waldbraende, Artensterben,Windenergie
Immer mehr Klimawandelleugner und Energiewendegegner argumentieren mit gezielt vorgeschobenen "Artenschutz-Argumenten" gegen Energie aus Wind & Sonne. Bei den großen Bränden in Australien und in Amazonien sind Milliarden Tiere auf eine entsetzliche Art und Weise gestorben. Die menschengemachte Klimakatastrophe wird die globale Artenausrottung und das Waldsterben massiv beschleunigen. Diese Fakten müssen, auch wenn's uns Naturschützern manchmal schwerfällt, in die immer notwendige Artenschutz-Betrachtung einbezogen werden. Genau in dieser Frage unterscheiden sich gemeinwohlorientierte Naturschutzverbände von egoistischen Bürgerinitiativen. Der Klimawandel wird auch die Landschaft massiv verändern.


Einschub:


Windenergie, Energiewende & die Interessen der Kohle- und Atomkonzerne EnBW, RWE, Vattenfall und E.ON

Den großen, alten Dinosauriern der Energiewirtschaft geht es ökonomisch schlecht. Viel zu lange haben sie auf die gefährliche Atomkraft und auf die klimaschädliche Kohle gesetzt und die Energiewende, hin zu den umweltfreundlichen nachhaltigen Energien der Zukunft, schlicht verschlafen.

Verzweifelt, aber immer noch machtvoll, bekämpfen die Energiekonzerne die Energiewende und die alternativen Energien in BürgerInnenhand:

  • Da sind die Lobbyisten in FDP, AfD, CDU, CSU und leider auch von Teilen der SPD, die trotz Fukushima und Klimawandel die Energiewende wo immer möglich ausbremsen, verzögern und behindern.
  • Die Atom-Konzerne, die uns mit ihren AKW bedroht haben und bedrohen, wollen vor dem Bundesverfassungsgericht auch noch Milliarden einklagen, weil sie uns mit ihren alten riskanten Gelddruckmaschinen nicht mehr bedrohen dürfen.
  • Und da ist der massive Kampf gegen jede Art der privaten Energieerzeugung. Jedes privat gebaute Windrad kleiner Betreiber und jede PV-Anlage ist eine Konkurrenz zu den Atom- und Kohlekraftwerken und den Offshore-Windparks der Großkonzerne. Das Energieerzeugungsmonopol der Mächtigen wird von den Privaten gebrochen. Es gibt eine mächtige Lobby, die auf Kohle setzt und neue AKW bauen will.


Gerade die großen Energieversorgungsunternehmen wie EnBW, RWE, Vattenfall und E.ON
und einige große industrielle Stromverbraucher hatten schon vor Fukushima im Hintergrund an den Strippen des Widerstandes gegen die Windenergienutzung, zukunftsfähige Energien und die Energiewende gezogen, wie die Fachautorin Claudia Peter am Beispiel des Bonner Rechtsanwaltes Thomas Mock eindrucksvoll aufgezeigt hat.
Die Konzerne treten in diesen Konflikten schon lange nicht mehr selber auf. Sie lassen die schmutzige Arbeit von gut organisierten Klimawandelleugnern, von der "Initiative Neue (un-)Soziale Marktwirtschaft" und industrienahen Verbänden, Stiftungen , von der AfD und Bürgerinitiativen erledigen.

Wie formulierte Dr. Sebastian Schwark von der PR-Agentur Hill & Knowlton die neue Aufgabe für Unternehmen der Energiewirtschaft? "Die Kernfrage ist […] nicht, wie Protest zu vermeiden ist, sondern wie wir Protest managen können“.

Die wenigsten Bürgerinitiativen gegen Windenergie sind direkt industriegelenkt. Es gibt erfreulicherweise auch einige Gruppen, die ein echtes Interesse an Landschaft, Artenschutz und Lärmproblemen haben und auch der BUND ist nicht an jedem Standort für jedes Windrad.

Doch die wichtigen Kampagnen, Impulse und manche aufgebauschten Mythen der Gegner der Energiewende und der Windkraftwerke kommen häufig von industrienahen Journalisten und Lobbyisten wie Alexander Neubacher oder Dirk Maxeiner & Michael Miersch. Auch die finanzstarke, so genannte „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“, eine Lobbyorganisation des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall bekämpft die Energiewende in BürgerInnenhand.

EIKE, das so genannte"Europäische Institut für Klima und Energie", eine der wichtigsten deutschen Organisationen der Kohlelobby und Klimawandelleugner, ist ein zentraler Impuls-, Text- und Mythengeber für die Windradgegner. Themen wie „Infraschall“ werden dort gezielt gesetzt, aufgebauscht und verbreitet. Die Chemtrail-Verschwörungstheoretiker und auch die neue Atompartei AfD kämpfen gegen Windenergie und Energiewende.



Vorteile der Windenergienutzung aus Sicht der Bayerischen Staatsregierung, die der Windenergie ja nicht gerade sehr positiv gegenüber steht.

  • Windenergie steht als erneuerbare Ressource dauerhaft zur Verfügung
  • Kein Kohlendioxid (CO2)-Ausstoß während des Anlagenbetriebs
  • Geringer Flächenbedarf von Windenergieanlagen
  • Neben der Wasserkraft kostengünstigste Form regenerativer Stromerzeugung
  • Sehr kurze energetische Amortisationszeit (3 bis 6 Monate)
  • Windenergieanlagen produzieren ihren Strom vorwiegend im Winter, wenn der Bedarf am höchsten ist

Quelle: Bayerische Staatsregierung


Windenergie und energetische Amortisation
Eine energetische Amortisation (je nach Standort) in 3 bis 6 Monaten, wie sie die Bayerische Staatsregierung aufführt, bedeutet, dass in diesem kurzen Zeitraum die Energie "geerntet wird, die für den Bau und für die Produktion von Türmen, Getrieben und Flügeln gebraucht wurde. Danach erzeugt das Windrad einfach "Netto-Strom".

Gerade in Südbaden,
mit unserem Blick auf das abgeschaltete AKW Fessenheim und auf das älteste AKW der Welt in Beznau, können wir nicht egoistisch alle Probleme der Energieerzeugung nach Norddeutschland abschieben. In Baden-Württemberg wurde die Energiepolitik des Landes viel zu lange in der Konzernzentrale der EnBW gemacht. Aus diesem Grund muss die neue grün-rote Landesregierung die alte flächenhafte Verhinderungsplanung beenden, was aber auch nicht Wildwuchs heißen darf.

In den Abwägungsprozess um den Landschafts- und Naturschutz
müssen auch die großen "Alternativen" zur Windenergienutzung einbezogen werden, und das waren bisher eben Kohle und Atom. Windräder erzeugen keinen Kinderkrebs und bei der Windenergienutzung fällt kein Atommüll an, der eine Million Jahre gelagert werden muss. Bei einem Unfall im Windpark müssen im Gegensatz zu den Regionen um Tschernobyl und Fukushima keine riesigen Landstriche dauerhaft evakuiert werden. Nach wenigen Monaten Betrieb hat sich ein Windrad energetisch amortisiert. Windräder produzieren kein CO2 und sind ein wichtiger Ausweg aus der drohenden Klimakatastrophe. Nicht Windräder, sondern der Klimawandel bedroht unsere Artenvielfalt. Bei der Windenergienutzung müssen keine Menschen in Uran- und Kohlegruben sterben und Kriege um Wind sind im Gegensatz zu Kriegen um Öl ebenso nicht sehr wahrscheinlich. Die Wertschöpfung bleibt im Land und mit den Gewinnen wird üblicherweise nicht der Islamische Staat suventioniert, was man von unserem Geld, das an die Ölscheichs fließt, leider nicht mit Sicherheit sagen kann.

Peak Oil, Peak Gas, Peak Uran und die alternativen Energien
Die mittel- und langfristig drohende, weltweite Energiekrise unübersehbaren Ausmaßes lässt sich nur durch die Nutzung nachhaltiger Energien, durch Einsparungen und eine Politik der Nachhaltigkeit bekämpfen. Ziel muss es sein, mit einem wesentlich verringerten Input von Energie, Rohstoffen und Arbeitszeit ein gutes Leben zu führen. Auch Uran ist endlich. Nur ein schneller Umstieg auf regenerative Energien kann diese Probleme lösen. Ansonsten werden wir in Zukunft "Benzinaufstände" erleben, so wie es in der Vergangenheit Brotaufstände gegeben hat.


Billiger Atomstrom?


Teurer, gefährlicher Atomstrom aus den neuen Druckwasserreaktoren in Hinkley Point (England)
Immer noch werben atomare Tarnorganisationen, wie RePlanet, und marktradikale Medien und Parteien für den Bau von "kostengünstigen" neuen Atomkraftwerken.
Doch neue Atomkraftwerke sind teuer und gefährlich. Die Finanzierung des neuen AKW in Hinkley Point C durch staatliche Förderungen ist ein Novum. Der Deal umfasst nicht nur eine Kreditgarantie in Höhe von mehr als 20 Milliarden Euro zur Absicherung der Baukosten. Kräftig zuzahlen will London auch während der geplanten 60-jährigen Betriebszeit. Garantiert wird ein mit elf Cent pro Kilowattstunde (kWh) vergleichsweise hoher Abnahmepreis für den in Hinkley Point C produzierten Atomstrom. Dies über 35 Jahre, plus Inflationsausgleich. Konservativ hochgerechnet mit einer Inflationsrate von zwei Prozent macht das eine Vergütung von 22 Cent pro kWh im letzten Förderjahr. Zum Vergleich: Das Solarkraftwerk Al Shuaiba PV IP wird künftig seinen Strom für gerade mal 1,04 US-Cent verkaufen. Strom aus englischen Offshore Windanlagen wird für 4- bis 6 Cent eingespeist.
Warum sollen wir auf eine gefährliche, teure Hochrisikotechnologie wie den Druckwasserreaktor setzen, wenn wir kostengünstige, umweltfreundliche Alternativen haben?
  • Die Kosten für den Solarstrom aus Fotovoltaikanlagen sind in den letzten zwei Jahrzehnten um mehr als 90 Prozent gesunken.
  • Die Kosten für den Windstrom sind im letzten Jahrzehnt auf etwa die Hälfte gesunken.
  • Die Kosten für das Speichern einer Kilowattstunde Strom in Batterien sind im letzten Jahrzehnt um fast 90 Prozent gesunken.
  • Strom aus neuen AKW wird immer teurer und ist nicht mehr konkurrenzfähig.






Windräder lassen sich problemlos demontieren
Sie müssen im Gegensatz zum Atommüll nicht über eine Million Jahre endgelagert werden. Die Nutzung der Windenergie ist ein Teilstück einer umweltfreundlichen, nachhaltigen Energieversorgung. Bei der Diskussion um Ästhetik und Landschaftsschutz sollten diese wichtigen Argumente mit einfließen.

Windräder
sind wichtige Bausteine für eine nachhaltige und zukunftsfähige Energieversorgung. Nicht mehr und nicht weniger. Andere Alternativenergien und Energie sparen sind ebenso wichtig. Es ist unredlich, Windenergie gegen Sonne, Holz, Biomasse und Geothermie auszuspielen. Wir brauchen das gesamte breite Spektrum an Alternativenergie für eine nachhaltige Zukunft.

Den zerstörerischen Traum
vom dauerhaften, unbegrenzten Wachstum im begrenzten System Erde können allerdings auch die Alternativenergien nicht erfüllen. Wer das amerikanische Wachstumsmodell mit Energie- und Rohstoffverschwendung und Geplanter Obsoleszenz auf den Rest der Welt übertragen will, der fährt diesen Planeten mit und ohne Windenergie gegen die Wand. Mit Windenergie geht das dann nur ein wenig langsamer.

Wenn es
zur zunehmenden Landschaftszerstörung durch Bebauung und zur zunehmenden Verscheußlichung Deutschlands eine angemessene Debatte gäbe, dann wären auch die Konflikte um Windenergieanlagen zumindest nachvollziehbar. Der flächendeckende Widerstand gegen den Naturschutz und gegen die Windenergie zeigt, woher der Wind tatsächlich weht.

Axel Mayer,(Alt-) BUND Geschäftsführer, Kreisrat, Vizepräsident TRAS
(Ein im Jahr 2015 aktualisierter Text aus dem Jahr 2007)


2024: Peinliche UN-Klimakonferenz COP 29 in der Öl- & Gas-Diktatur Aserbaidschan



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Klimastreik am 20.9.2024




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Axel Mayer Mitwelt Stiftung Oberrhein
Mit Zorn und Zärtlichkeit auf Seiten von Mensch, Natur, Umwelt & Gerechtigkeit.


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