Freiheit für Clara Ponsati, Carles Puigdemont und alle gewaltfreien katalanischen Gefangenen in Spanien
Veröffentlicht am 29.03.2023 in der Kategorie Kultur von Axel Mayer
Freiheit für Clara Ponsati, Carles Puigdemont und alle gewaltfreien katalanischen Gefangenen iun Spanien!
Einschub vom 29.3.2023
Die frühere katalanische Bildungsministerin Clara Ponsati wurde bei ihrer Rückkehr aus dem Exil prompt festgenommen. Damit hat sich Spanien erneut über ein höchstrichterliches Urteil der EU hinweggesetzt.
"Die katalanische Europaabgeordnete Clara Ponsati wurde soeben in Barcelona verhaftet ... das erste Mal in der EU, dass ein durch Immunität geschütztes Mitglied des Europäischen Parlaments verhaftet wird", twitterte Roberto Cuillo am gestrigen Dienstag.
In der Nacht dann wurde die 66-Jährige wieder auf freien Fuß gesetzt, mit der Auflage, am 24. April in Madrid vor dem Richter am Obersten Gerichtshof Pablo Llarena zu erscheinen.
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Der demokratisch gewählte katalanische Ex-Regierungschef Carles Puigdemont, der in Spanien wegen seiner Beteiligung am gescheiterten Unabhängigkeitsprozess von 2017 gesucht wird, ist Ende September 2021 Anwalts in Italien festgenommen worden. "Präsident Puigdemont wurde bei seiner Ankunft in Sardinien verhaftet, wo er als Europaabgeordneter unterwegs war", teilte sein Anwalt Gonzalo Boye mit. Demnach sei seine Verhaftung auf der Grundlage eines europäischen Haftbefehls von 2019 erfolgt. Dieser europäische Haftbefehl und die Verhaftung sind ein ein Skandal und eine Schande. Zwar hat peinlicherweise das EU-Parlament die Immunität von Carles Puigdemont im März aufgehoben, jedoch betonte der Europäische Gerichtshof, dass Puigdemont bis zu einer endgültigen Klärung des Rechtsstreits um parlamentarische Immunität weder festgenommen noch ausgeliefert werden darf. Seitdem war Puigdemont auch in mehrere EU-Länder gereist.
Der frühere katalanische Regierungschef Carles Puigdemont wird auch aus Italien nicht an Spanien ausgeliefert. Der Europäische Gerichtshof muss über dessen Immunität befindenWestliche Werte im Westen (und auch in Spanien) durchsetzen!
Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez hat zumindest aber viel zu spät alle anderen neun inhaftierten Anführer der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung begnadigt. Sie waren wegen eines Unabhängigkeitsreferendums im Herbst 2017 und der versuchten Abspaltung Kataloniens von Spanien verurteilt worden. Die politische Rechte in Spanien wittert "Verrat am Vaterland". Ganz "freiwillig" kam die Begnadigung nicht. Schon am 22. Juni 2021 forderte der Europarat mit großer Mehrheit die Freilassung der katalanischen Aktivisten und PolitikerInnen. Erst daraufhin begnadigte der spanische Premier Sanchez die PolitikerInnen am selben Tag. Auf den Beschluss und die Aufforderung des Europarats geht Sanchez in seiner Rede jedoch nicht ein. Endlich wurden "Westliche Werte" auch im Westen umgesetzt.
Westliche Werte in Spanien durchsetzen: Freiheit für Carles Puigdemont
Wenn Menschen die sich gewaltfrei für die Freiheit und Demokratie engagieren ins Gefängnis müssen, dann ist das entsetzlich. Wenn dies in Diktaturen & Halbdiktaturen geschieht mit denen wir keine oder schlechte Geschäfte machen, dann wird dies in vielen Medien auch zum Thema. Bei "befreundeten, guten, nützlichen" Diktaturen wird die Berichterstattung dann schon dünner und seltener. Unrechtsurteile in Demokratien (ja solche Unrechtsurteile gibt's!) fallen zumeist vollständig unter den Tisch vieler Medien. Die Urteile in Spanien waren Unrecht.
Mitwelt-am-Oberrhein steht für einen freiheitlichen Freiheitsbegriff der sich an Menschenrechten und nicht an Geheimdiensten, PR-Agenturen, der BLÖD-Zeitung und ökonomischen Interessen orientiert.
Wir kritisieren Unrecht überall auf der Welt, insbesondere aber in den vergessenen, verdrängten Nischen.
Die spanischen Unrechtsurteile gegen gewaltfreie, katalanische DemokratInnen waren viel zu lange vergessen. Doch nicht bei uns!
Der Konflikt um Katalonien ist noch lange nicht ausgestanden und wir sind bei diesem Thema hin- und hergerissen. Unsere Medien berichten zumeist leider "einseitig, parteiisch & zentralistisch" und zwischenzeitlich überhaupt nicht mehr. Der staatliche, spanische Zentralismus (aus der Franco-Diktatur) wird zumeist als alternativlos dargestellt und Unrechtsurteile werden nicht kritisiert.
Das wäre natürlich etwas ganz anderes, wenn dieser Konflikt im Osten stattfinden würde. Selbstverständlich wären dann die gefangenen Katalanen in unseren Medien auch politische Gefangene gewesen. Doch die Freiheit kennt kein Ost oder West. Die Unterdrückung der Freiheit in Demokratien ist noch unerträglicher als Unterdrückung in Diktaturen. Die Gesetze, auf die sich die spanische Regierung häufig immer noch bezieht, stammen aus Zeiten der Franco-Diktatur (bei der unsere Medien auch schon entsetzlich freundlich weggeschaut haben).
Axel Mayer, Mitwelt am Oberrhein, Kreisrat
Ältere Texte zum Thema:
Eine kluge, auch für uns wichtige Analyse, ein Licht im Dunkel der Kommentare, stand zumindest in der Zeit:
In Spaniens Krise offenbart sich eine neue EU
Am 14. Oktober 2019 verurteilte das (politisch rechts stehende) höchste Gericht des spanischen Staates neun gewaltfreie, demokratische Aktivistinnen und Aktivisten zu rund 100 Jahren Gefängnis.
- Oriol Junqueras, stellvertretender Präsident: 13 Jahre
- Carme Forcadell, Präsidentin des Parlaments: 11 Jahre 6 Monate
- Jordi Turull, Ministerpräsident: 12 Jahre
- Raül Romeva, Außenminister: 12 Jahre
- Dolors Bassa, Ministerin für Arbeit, Soziales und Familie: 12 Jahre
- Joaquim Forn, Innenminister: 10 Jahre 6 Monate
- Josep Rull, Territorial-Minister: 10 Jahre 6 Monate
- Jordi Sanchez, ANC-Präsident: 9 Jahre
- Jordi Cuixart, Omnium cultural: 9 Jahre
- Ein Euro-Haftbefehl gegen Präsident Carles Puigdemont wurde wieder erlassen.
Das Urteil löste weltweit Bestürzung und Empörung aus. Der frühere Ministerpräsident Schottlands Alex Salmond sagte, es würde zum Tod des spanischen Staates führen. Wir dürfen die Gefangenen nicht vergessen.
Protestschreiben ans Innenministerium & an die spanische Botschaft
Schreiben oder mailen Sie doch bitte einen Protestbrief an die spanische Botschaft
In einer Zeit in der tausende von Petitionen geschrieben werden macht der "gute alte Brief" durchaus Eindruck...
(und leiten Sie ihn über Ihre (un-)Sozialen Netzwerke weiter)
Herrn
S.E. Ricardo Martínez Vásquez
Botschafter des Königreichs Spanien
in der Bundesrepublik Deutschland
Lichtensteinallee 1
10787 Berlin
Freiheit für die gefangenen, katalanischen Demokratinnen und Demokraten!
Sehr geehrter Herr Botschafter,
am 14. Oktober 2019 verurteilte das höchste Gericht des spanischen Staates neun katalanische Demokratinnen und Demokraten zu unglaublichen 100 Jahren Gefängnis.
Die Gefangenen haben sich gewaltfrei und demokratisch für die Freiheit Kataloniens und für ihre Heimat engagiert. Unabhängig davon, ob man die politischen Ziele der Unabhängigkeitsbewegung nun teilt oder nicht... Die jetzt Gefangenen sind politische Gefangener in einer Demokratie und die Urteile sind eine Schande für Spanien. Die Unterdrückung der Freiheit in Demokratien ist noch unerträglicher als Unterdrückung in Diktaturen. Diese Urteile sind Unrechtsurteile.
Ich fordere vom spanischen Staat Freiheit für die gefangenen katalanischen Demokraten und eine Rücknahme des Auslieferungsantrages für Herrn Carles Puigdemont. Der Konflikt muss an der Wahlurne und im Parlament ausgetragen werden und nicht vor Gericht.
Der Wunsch nach Freiheit ist ein politisches Delikt. Das Gleiche gilt für die angebliche Veruntreuung öffentlicher Gelder. Auch hier ist die politische Stoßrichtung hinter den gezielt vorgeschobenen Anschuldigungen nicht zu übersehen.
"Dass inhaftierte katalanische Spitzenpolitiker politische Gefangene sind, sehen nicht nur die meisten Abgeordneten im Regionalparlament zu Barcelona und Amnesty International so, es ergibt sich auch aus den Expertisen der Justizministerien in Brüssel und in Bern. Belgien und die Schweiz haben Puigdemont nämlich nicht an Madrid ausgeliefert, weil sie den Konflikt um Katalonien als innenpolitische Angelegenheit Spaniens und vor allem ihn nicht als Straftäter betrachten", schrieb die -Süddeutsche Zeitung- am 25. März 2018.
Aus diesen Gründen fordere ich die Freilassung der gefangenen katalanischen DemokratInnen und die Zurücknahme des Auslieferungsantrages für Herrn Carles Puigdemont.
Mit freundlichen Grüßen
Freiheit für Carles Puigdemont und die katalanischen Gefangenen in spanischen Kerkern!
Ein kleiner Auszug aus dem klugen Kommentar von Ulrike Guérot in der Zeit
"`Regionen sind Heimat, Nationen sind Fiktion´, schreibt der österreichische Schriftsteller Robert Menasse. Das Nationale ist meist nur eine Erzählung, das Regionale, das ist die Sprache, die Küche, die Kultur. Würde man die Regionen im politischen System einer europäischen Republik aufwerten, bekäme man genau jene `Einheit in Vielheit´, ohne eine verkrampfte und künstliche europäische Identität schaffen und ohne die Flucht ins Nationale antreten zu müssen.
So besehen könnten die katalanische Bestrebungen der Aufbruch in ein anderes Europa werden. Wenn, ja wenn es jetzt angesichts der Krise in Spanien in der EU den Mut gäbe, Europa wirklich einmal neu zu denken. Oder anders formuliert: Europa dem anzunähern, was es im Geiste der Gründungsväter eigentlich sein sollte: keine Integration von Nationalstaaten, sondern die Einigung von Menschen jenseits von Nationen." Zitatende
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- 3) Im Zweifel, gerade in Kriegszeiten, ist die -Allgemeine Erklärung der Menschenrechte- immer noch eine gute Quelle zur Orientierung.
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