Herbizide im Naturschutz? BUND und NABU sagen NEIN zum Herbizideinsatz am Kaiserstuhl


Veröffentlicht am 07.07.2004 in der Kategorie Natur & Naturschutz von Axel Mayer

Herbizide im Naturschutz? BUND und NABU sagen NEIN zum Herbizideinsatz am Kaiserstuhl


An die Medien

Die beiden Naturschutzverbände sprechen sich gegen einen Herbizideinsatz bei Pflegemaßnahmen aus

Nach einer landesweiten Diskussion unter Naturschutzverbänden haben sich der BUND und der NABU in Baden-Württemberg auf ein klares Nein zum


Einsatz von Herbiziden im Naturschutz festgelegt. Stefan Rösler, Landesvorsitzender des NABU und Brigitte Dahlbender, die Landesvorsitzende des

BUND haben sich eindeutig gegen die Überlegungen zum Gifteinsatz im Naturschutz ausgesprochen. Die Problematik war zuerst im Arbeitskreis Böschungspflege

am Kaiserstuhl zum Thema geworden. Hier sollte das Herbizid "Roundup" auf die abgesägten Robienienstümpfe aufgetragen werden um Wurzelschößlinge zu vermeiden.

Laut Hersteller wird dieses Mittel mit dem Hauptwirkstoff Glyphosat schnell abgebaut, erreicht das Grundwasser nicht und schädigt weder Tiere noch

Menschen. Neuere Studien (Internetrecherche) zeigen allerdings, dass das Breitbandherbizid unter bestimmten Bedingungen jahrelang im Boden verbleibt und

auch im Grund- und Oberflächenwasser nachweisbar ist. Zusätzlich wurden nachteilige Wirkungen auf Nutzinsekten und Weidetiere festgestellt. In

Nordamerika wurde kürzlich bekannt, dass Roundup bei Landarbeitern für ein erhöhtes Krebsrisiko verantwortlich ist.

Doch nicht nur die Gefährlichkeit des Herbizids Roundup im speziellen bewog die Naturschutzverbände zu ihrem klaren Nein. Axel Mayer, Geschäftsführer des

BUND-Regionalverbandes in Freiburg weist darauf hin, dass sich die Agrochemie vom Gifteinsatz im Naturschutz ein großes neues Absatzgebiet erhofft und

einen "Türöffner" benötigt. "Wir können nicht einerseits von den Biobauern erwarten, auf Chemikalien wie Dünger und Pflanzenschutzmittel zu verzichten,

dann aber ihren

Einsatz im Naturschutz akzeptieren," erklärt Felix Bergmann, Geschäftsführer des NABU-Bezirksverbandes Südbaden. Die Verbände befürchten langfristig

einen gezielten "Dammbruch", falls die Herbizidverwendung bei Pflegemaßnahmen, auch nur in Ausnahmefällen, befürwortet wird.

Sie unterstützen alternative Pflegemethoden. So ist am Kaiserstuhl zum Beispiel das Ringeln der Robinie, sofern fachgerecht durchgeführt, eine Möglichkeit

Stockausschläge zu verhindern. Beim sogenannte Ringeln wird die Rinde des Baumes an einer Stelle des Stammes komplett entfernt und dadurch der Saftstrom

gezielt unterbrochen. Weitere giftfreie Bekämpfungsmöglichkeiten der Robinie könnten beispielsweise im Rahmen eines PLENUM Projektes geprüft werden.

Axel Mayer (BUND) und Felix Bergmann (NABU)
Brigitte Dahlbender / BUND Landesvorsitzende


Herbizideinsatz zur Böschungspflege



zu den Diskussionen bezüglich der geplanten Freigabe des Herbizideinsatzes zur Böschungspflege möchte ich die deutliche Position des BUND-Landesverbandes übermitteln:

Der BUND stimmt keinem Herbizideinsatz zu Naturschutzzwecken zu. Das betrifft auch das jetzt zur Debatte stehende Einpinseln von Robinienstümpfen mit dem Herbizid Roundup.

Begründung:

1. Herbizide haben grundsätzlich negative Auswirkungen auf Pflanzen- und Tierwelt, auf das Grundwasser und auf die menschliche Gesundheit. Umweltfreundliche Herbizide gibt es nicht. Zentraler Punkt der Landwirtschaftspolitik des BUND, aber auch seiner Strategie zur Reinhaltung von Grundwasser und Biosphäre ist es, den Einsatz von Pestiziden und insbesondere von Herbiziden zu verringern. Durch die Beschränkung des Pestizideinsatzes auf landwirtschaftlich und erwerbsgärtnerisch genutzte Flächen (abgesehen von bestimmten eng definierten Ausnahmen) durch Bundes- und Landesgesetze haben wir einen wichtigen Teilerfolg erreicht.

Wenn wir von Landwirten und Gärtnern – die vom Verkauf ihrer Erzeugnisse leben müssen -, aber auch von Gemeinden, Straßenmeistereien und der Bahn den Verzicht auf oder die Verringerung des Einsatzes von Pestiziden fordern, können wir nicht für die von uns vertretenen Belange, nämlich für Naturschutzziele, Pestizideinsatz akzeptieren.

Eine Zustimmung zum Einpinseln von Robinienstümpfen mit Roundup würde in der Tat einen Dammbruch darstellen, nach dem es schwieriger wäre, in anderen Fällen flächiges Ausbringen von Herbiziden zu Naturschutzzwecken abzulehnen.

2. Das Herbizid Roundup, Wirkstoff Glyphosat, das hier zur Debatte steht, ist keineswegs so harmlos, wie es von der chemischen Industrie gern dargestellt wird:

2.1 Roundup ist ein Totalherbizid, es wirkt breit gegen ein- und zweikeimblättrige Pflanzen.

2.2 Roundup wird längst nicht so schnell abgebaut, wie die chemische Industrie behauptet. Es gibt Berichte über Persistenz des Wirkstoffs über mehrere (mindestens drei) Jahre. Glyphosat wird an Humusteilchen gebunden und entzieht sich damit vermutlich teilweise der Analyse. Es kann aber bei Änderung von Umweltbedingungen wieder freigesetzt werden.

2.3 Roundup ist nicht ungefährlich für Menschen. In den USA verpflichtete sich die Firma Monsanto in einem gerichtlichen Vergleich, das Mittel nicht mehr als "umweltfreundlich" zu bewerben. Grundlage der Klage war eine Untersuchung, nach der der Wirkstoff Glyphosat am zweithäufigsten für Pestizidvergiftungen californischer Landarbeiter verantwortlich ist.

2.4 Es gibt Hinweise auf erbgutverändernde und krebserzeugende Wirkungen von Roundup.

2.5 Die Behandlung mit Roundup kann zur Bildung östrogenähnlicher Substanzen in Kulturpflanzen führen (Abbauprodukte?).

2.6 Roundup ist in geringen Konzentrationen schädlich für zahlreiche wirbellose Tiere, z.B. Regenwürmer, Spinnen und Insekten, vor allem aber für wasserlebende Wirbellose. Nach einer älteren Arbeit soll der Wirkstoff in Konzentrationen im µg/kg-Bereich die Paarung von Bachflohkrebsen verhindern.

2.7 Roundup wurde mehrfach im Grundwasser nachgewiesen, z.B. regelmäßig in Dänemark.

Ich bin auf Wunsch gern bereit, diese Angaben zu belegen bzw. weitere Angaben zur Bewertung von Roundup beizutragen.

3. Es gibt Alternativen der herbizidfreien Robinienbekämpfung:

3.1 Ulrike Friedrich, Vorsitzende der BUND-Bezirksgruppe Nördlicher Kaiserstuhl, berichet über positive Erfahrungen mit schrittweisem Ringeln über mindestens zwei Jahre. Entscheidend sei dabei, dass die Robinien nicht beim ersten Ringeln zum vollständigen Absterben gebracht werden, weil sie sonst mit heftigen Stockausschlägen reagieren. Diese Methode erfordert relativ viel Handarbeit und mehrere Kontrollen, aber auch das Einpinseln der Stümpfe nach dem Absägen erfordert mehrere (Hand-)Arbeitsgänge und lässt sich nicht im Vorbeifahren erledigen.

3.2 Erfolgversprechend erscheint auch das Abdecken der Stümpfe mit dicken dunklen Plastikplanen, die z.B. mit Zelt-Heringen im Boden befestigt werden können.

Ich schlage vor, dass der BUND sich für die Erprobung unterschiedlicher herbizidfreier Bekämpfungsverfahren einsetzt und nicht für eine "versuchsweisen" Freigabe des Herbizideinsatzes. Ich bin zuversichtlich, dass Praktikern weitere herbizidfreie Methoden neben den zwei genannten einfallen werden.

Auch die negative Erfahrung mit dem Abbrennen von Böschungen – versuchsweise Freigabe führte zu einem Dammbruch, während Versuche zu alternativen Pflegeverfahren gröblich vernachlässigt wurden – sollte den BUND davor bewahren, jetzt Herbizidversuchen zuzustimmen.

Brigitte Dahlbender / BUND Landesvorsitzende

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Roundup / Glyphosat: eine (nicht wissenschaftliche!) Internet-Recherche

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Glyphosat (der Wirkstoff in Roundup): Organische Säure,

aminosäureähnlich, hemmt ein Enzym im _pflanzlichen_

Aminosäurestoffwechsel (sollte also Tiere nicht schädigen)

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Breitband-Herbizid (kaum natürlicherweise resistente Pflanzen,

neu: RoundupReady = resistente transgene Pflanzen)

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Laut Hersteller (u.a. Monsanto): schnell abbaubar, geht nicht ins

Grundwasser

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Relativ geringe Toxizität bei Säugetieren (Letalität vergleichbar

mit Kochsalz)

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In grossen Mengen aufgenommen schädigt und tötet es aber

Weidetiere, Hunde etc.

*

Wurde im Grundwasser (Dänemark) und Oberflächenwasser (Kanada,

Niederlande und USA) gefunden

*

z.T. noch nach 3 Jahren im Boden nachweisbar

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Erbgutveränderungen bei Fruchtfliegen und Bakterien möglich

*

Wirkt sich nachteilig auf Regenwürmer und andere Nützlinge

(Insekten) aus

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Wasserpflanzen und Fische können geschädigt werden, wenn Glyphosat

in den Wasserkreislauf gelangt

*

Vögel und Insekten sind direkt (Vergiftung) und durch Lebensraum-

und Futterpflanzenverlust betroffen

*

Vergiftungen bei Landarbeitern (USA)

*

Krebserregend (schwedische Studie)

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Bleibt in Nahrungsmitteln erhalten (z.T. hohe Rückstände)

*

Oft Begleitsubstanzen in Roundup giftiger als das Glyphosat

*

Abbausubstanzen von Glyphosat in der Pflanze können schädlich sein

(z.B. östrogenähnlich wirkender Stoff verändert

Fortpflanzungsorgane weiblicher Mäuse)

*

Verbindung von Glyphosat mit Bodennitrat ? Leberkrebs-auslösender

Stoff

*

Trotz Genehmigung in den einzelnen europäischen Ländern soll

Glyphosat in der EU möglicherweise verboten werden, da eine neue

EU-Studie zeigt, dass es für Spinnen und Insekten letal ist.




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Immer mehr Klimawandelleugner und Energiewendegegner argumentieren mit gezielt vorgeschobenen "Artenschutz-Argumenten" gegen Energie aus Wind & Sonne. Bei den großen Bränden in Australien und in Amazonien sind Milliarden Tiere auf eine entsetzliche Art und Weise gestorben. Die menschengemachte Klimakatastrophe wird die globale Artenausrottung und das Waldsterben massiv beschleunigen. Diese Fakten müssen, auch wenn's uns Naturschützern manchmal schwerfällt, bei allen regionalen Planungsvorhaben in die immer notwendige Artenschutz-Betrachtung einbezogen werden.

Genau in dieser Frage unterscheiden sich gemeinwohlorientierte Naturschutzverbände von egoistischen Bürgerinitiativen.