2024 / Feldberg Schwarzwald: Natur, Naturzerstörung, wenig Schnee & hohe Schulden
Veröffentlicht am 01.08.2024 in der Kategorie Natur & Naturschutz von Axel Mayer
Feldberg Schwarzwald: Natur, Naturzerstörung, wenig Schnee & hohe Schulden
Neue Ski-Lifte in Zeiten des Klimawandels, Natur, Naturzerstörung, Wandern, Ski, Schnee, Rummel, Schulden, Parkhaus & Klimawandel
Der Feldberg ist der mit 1.493 m höchste Berg in Baden-Württemberg und immer noch einer der schönsten und eindrucksvollsten Berge im Schwarzwald. Noch gehören manche kleinen Teilgebiete des Feldbergs (insbesondere an Regen- und Nebeltagen!) tatsächlich zu den schönsten und wertvollsten Naturlandschaften Deutschlands, mit einer faszinierenden Hochgebirgslandschaft und mit einer einzigartigen Flora und Fauna und einer traumhaften Fernsicht.
Der Feldberg zeigt spiegelbildlich die Probleme der Welt im Kleinen. Da ist eine kleine Gemeinde in einer der schönsten Landschaften dieses Landes. Eine Gemeinde, die einer zutiefst zerstörerischen Wachstumsspirale folgend gerade dabei ist, dieses kleine Paradies mit einem gigantischen Parkhaus und immer neuen Liften zu zerstören und dabei einen gigantischen Schuldenturm aufhäuft. Von 7.026.000 Euro in 2015 stiegen die Feldberg-Schulden auf 13.937.000 Euro in 2022. Um die Schulden abzubauen, wurde immer mehr investiert. Wer mit offenen Augen die vielen kleinen und großen Bausünden auf dem Feldberg sieht, der erkennt, dass die Grenzen des Wachstums schon lange überschritten sind, doch damit ist der "Höchste" auf der Höhe der Zeit.
Das Naturschutzgebiet am Feldberg
wurde schon am 11. Februar 1937 als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Es hat eine Fläche von 4.226,7 Hektar, davon fallen 2343,2 ha auf den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, den Landkreis Waldshut-Tiengen mit 1144,6 ha und den Landkreis Lörrach mit 738,9 ha.
Der Schutzzweck lautet:
„Durch die Ausweisung des Naturschutzgebietes soll der Feldberg mit den angrenzenden Bereichen erhalten werden
- als bedeutsames Beispiel einer glazial überformten Mittelgebirgslandschaft,
- als wichtiges Dokument der nacheiszeitlichen Naturgeschichte,
- als aufschlussreiches Anschauungsmaterial der Landschafts- und Kulturgeschichte,
- als vielfältiger Lebensraum für zahlreiche Tierarten und viele, zum Teil einzigartige Pflanzengesellschaften mit arktisch - alpinen, montanen und atlantischen Florenelementen sowie seltenen, z.T. vom Aussterben bedrohten Arten,
- als hervorragendes Demonstrations-, und Forschungsobjekt für die Wissenschaft und
- als Naturraum von besonderer Vielfalt, Eigenart und Schönheit.“
Es ist damit noch vor dem Naturschutzgebiet Wutachschlucht das älteste und zugleich vor dem Gletscherkessel Präg das größte Naturschutzgebiet in Baden-Württemberg. Seit 1989 wird es durch einen hauptamtlichen Naturschutzwart (Feldberg-Ranger) betreut. Seit 2001 obliegt die Schutzgebietsbetreuung dem Naturschutzzentrum Südschwarzwald im Haus der Natur auf dem Feldberg.
Quelle: Wikipedia
Doch gerade am Feldberg bestätigt sich, dass es weltweit ein Nivellierungsprinzip gibt, nach dem die wertvollen, einzigartigen Landschaften so lange vermarktet werden, bis aus Schönheit Mittelmaß (oder weniger) wird. Es gilt die Natur am Feldberg zu bewahren und zu beschützen und den Tourismus naturverträglicher zu gestalten. Ein "Rühr mich nicht an" - Naturmuseum Feldberg kann nicht das Ziel der Entwicklung sein. Wenn die Gesellschaft insgesamt nicht nachhaltiger wird, dann haben auch die letzten verbliebenen Naturnischen am "Höchsten" wenig Chancen.
Immer weniger Schnee aber dennoch neue Skilifte am Feldberg in Zeiten des Klimawandels?
(Foto: Muggenbrunn)
Gegen jede ökonomische und ökologische Vernunft will der Liftverbund Feldberg in immer neue Seilbahnen, Skilifte und moderne Beschneiung investieren und selbstverständlich soll auch das Land einen großen finanziellen Beitrag leisten.
Selbstverständlich wird es am Feldberg ab und zu noch schneereiche Winter geben. Jeder neu geplanten Skilifte sind eine verzweifelte Wette auf die Zukunft. Man kann das aber ganz einfach erklären: Die Verantwortlichen am Feldberg sind Getriebene. Sie haben in den vergangenen Jahren so stark in Lifte und Beschneiungsanlagen investiert und müssen das Defizit beim Parkhaus tragen, dass es für sie immer weiter gehen muss. Feldberg ist die Gemeinde mit einem extrem hohen Schuldenstand pro Kopf in Baden-Württemberg. In den Alpen käme in Zeiten des Klimawandels niemand auf die Idee, in solch tiefen Lagen so viel Geld zu investieren.
Die Fortsetzung der jetzigen massiven Verrummelung, der Landschafts- und Umweltzerstörung am Feldberg, mit Schneekanonen, immer neuen Liften, Großparkhaus und Eingriffen in Naturschutzgebiete, kann so nicht weitergehen. Schneearme Winter, die angesichts des Klimawandels auch am Feldberg den Skibetrieb jahrelang verhindern können, sind jederzeit möglich. Es wird zukünftig einfach immer weniger Schnee in den tieferen Lagen geben. Wintersportorte in Lagen unterhalb von 1500 Meter werden in den kommenden Jahren mit großen Problemen konfrontiert sein, und wenn es zu warm ist, hilft auch die künstliche Beschneiung nicht. Ob die Gemeinde Feldberg das dauerhaft ökonomisch verkraften könnte, darf bezweifelt werden.
Wenn sich die Verrummelung auf den Feldberg beschränken würde, wäre das notfalls zu akzeptieren. Doch zwischenzeitlich gibt es eine zunehmende "Feldbergisierung" des ganzen Schwarzwaldes.
Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein
Auszug aus einem Interview der Badischen Zeitung vom 13. November 2019
BZ: Herr Mayer, es gibt Meteorologen, die sagen, dass man trotz Erderwärmung noch 30 Jahre auf dem Feldberg Ski fahren kann...
Mayer: Ich halte das für eine gewagte Prognose. Meines Wissens werden in der Wissenschaft noch deutlich frühere Zeitpunkte angegeben.
BZ: Einigen wir uns darauf, dass es im Hochschwarzwald künftig weniger Schnee geben wird. Lohnen sich da die millionenschweren Investitionen, die die Gemeinden nun planen?
Mayer: Ich halte das für eine verzweifelte Wette auf die Zukunft. Man kann das aber ganz einfach erklären: Die Verantwortlichen am Feldberg sind Getriebene. Sie haben in den vergangenen Jahren so stark in Lifte und Beschneiungsanlagen investiert und müssen das Defizit beim Parkhaus tragen, dass es für sie immer weiter gehen muss. Feldberg ist die Gemeinde mit dem zweithöchsten Schuldenstand pro Kopf in Baden-Württemberg. In den Alpen käme in Zeiten des Klimawandels niemand auf die Idee, in solch tiefen Lagen so viel Geld zu investieren.
BZ: Warum?
Mayer: Aktuell liegt dort die unterste Grenze für Schneesicherheit bei 1200 Metern. Als schneesicher gilt ein Gebiet, wenn in sieben von zehn Wintern an mindestens 100 Tagen im Jahr Skibetrieb möglich ist, also die Schneedecke mindestens 30 Zentimeter hoch ist. Weil man davon ausgehen muss, dass sich die Temperatur auf der Erde massiv erhöht, wird sich, zumindest in den Alpen, die Schneesicherheit um 300 Meter in die Höhe verschieben – auf 1500 bis 1600 Meter. Das Skigebiet am Feldberg liegt zwischen 950 und 1450 Metern. Die Investitionen am Feldberg sind deshalb eine Hochrisikoanlage auf Kosten der Einwohner.
BZ: Angenommen, Sie könnten über die Zukunft des Feldberg-Tourismus entscheiden. Was würden Sie tun?
Mayer: Ich würde versuchen, mit möglichst geringen Investitionen das Skigebiet über die Runden zu bringen. Ich würde in die bestehenden Anlagen investieren und dort reparieren, wo was kaputt ist. Neue Anlagen gäbe es bei mir nicht.
Hier auf der BZ Homepage weiter lesen
Satirisch / Ernstgemeinter Nachtrag:
Haben wir die dynamische Gemeinde Feldberg und ihren agilen Bürgermeister Wirbser unterschätzt? In Zeiten des Klimawandels wird doch nicht "einfach so" ein 15 Millionen Parkhaus gebaut. Vermutlich liegen die Pläne für die weltweit größte Indoor-Skihalle schon in der Schublade. Das würde auch den Nicht-Beitritt des Feldbergs zum Biosphärengebiet Südschwarzwald und den geplanten sechsspurigen Autobahnausbau am Oberrhein erklären. Eventuell ist die große, grüne "Fun-Achse" Feldberg - Europapark Rust auch schon in Planung.
Feldberg 2020: Ein „nachhaltiges“ Verkehrskonzept für den Feldberg?
Der große Streit um´s Geld für das Feldberg-Parkhaus hat dazu geführt,
dass der Rahmenplan Feldberg 2020 als Verkehrskonzept für den Feldberg entwickelt wurde. Die „Studie zur nachhaltigen Entwicklung der Sporttourismus-Destination“ wurde herausgegeben von der Deutschen Sporthochschule Köln.
Am „Runden Tisch“ der dieses Konzept entwickeln und begleiten sollte,
waren die großen Naturschutzverbände wie der BUND nicht beteiligt und das merkt man dem unkritischen „Werk“ auch an. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ in der Überschrift des Konzeptes meint nur „nachhaltiges, dauerhaftes Wachstum“ und hat leider mit echter Nachhaltigkeit nichts zu tun.
Die zentrale Zukunftsfrage der Schneesicherheit am Feldberg in Zeiten des Klimawandels, wurde nur am Rande behandelt. Vermutlich lag die Nichtbehandlung dieses zentralen Zukunftsthemas an der Interessenlage der Auftraggeber.
Der übliche Weg, die Verkehrsprobleme am Feldberg anzugehen, wäre es gewesen, die Parkraumprobleme auf Gemeindeebene erst einmal selber zu regeln, gegen das ungeregelte, wilde Parken anzugehen, eine Verkehrslenkung zu versuchen und den ÖPNV auszubauen.
Wenn das nicht funktioniert, wäre ein tatsächlich kritisches, unabhängiges und wirklich nachhaltiges Verkehrskonzept der notwendige zweite Schritt gewesen. Und nach dem Ausbau des ÖPNV und der Verkehrslenkung hätte als Notlösung durchaus auch ein Parkhaus diskutiert werden können. Doch am Feldberg wird erst das teure Parkhaus gebaut und der dritte Schritt vor dem ersten getan.
Einen freundlich-kritischen Blick auf die Entwicklung am Feldberg warf am 8.2.2018 die
Süddeutsche Zeitung
Wolfgang Abel beschreibt in seinem lesenswerten Buch: "Südschwarzwald, 31 Leichte Entdeckungen" die Probleme von Naturschutz und Rummelplatz am Feldberg sehr treffend
[…] Wer allerdings in der schneefreien Zeit auf den Feldberg kommt, erlebt einen Berg, dem die Schutzdecke fehlt, dem die Spuren der Intensivnutzung anzusehen sind. Schneekanonen in Sichtweite vom Haus der Natur sind hier kein Problem, Rock am Berg und gebührenfinanziertes SWR-Gipfelradio haben Tradition.
Im Winter ist und bleibt der Feldberg eine Schneeinsel, oft die einzige im Südwesten. Und Schnee auf dem Feldberg kann gleichsam „just in time“ genutzt werden. Keine lange Alpenanfahrt, dennoch klasse Pisten, unter der Woche kein Anstehen, einfach hinfahren, losfahren. […] Schon fast sehenswert auch die Häufung von Imbiß- und Devotionalienbuden längs der Straße zum Seeb[r]uck-Großparkplatz. Nahebei die Kapelle für den ökologischen Ablaßhandel, das schicke Haus der Natur, ein Repräsentationsbau, gefördert mit Mitteln des „Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft“.
Zitiert nach: „Abel, Wolfgang: Südschwarzwald, 31 Leichte Entdeckungen, Badenweiler 2009, S. 170 ff.“
Links:
- Rummel oder Naturschutz – der Konflikt am Feldberg. Ein lesenswerter Leitartikel aus der Badischen Zeitung
- hier gibt es einen lesenswerten Beitrag der Badischen Zeitung zu "Schwierigkeiten" beim Parkhausbau. Spannend sind auch die Kommentare unter dem Beitrag
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Immer mehr Klimawandelleugner und Energiewendegegner argumentieren mit gezielt vorgeschobenen "Artenschutz-Argumenten" gegen Energie aus Wind & Sonne. Bei den großen Bränden in Australien und in Amazonien sind Milliarden Tiere auf eine entsetzliche Art und Weise gestorben. Die menschengemachte Klimakatastrophe wird die globale Artenausrottung und das Waldsterben massiv beschleunigen. Diese Fakten müssen, auch wenn's uns Naturschützern manchmal schwerfällt, bei allen regionalen Planungsvorhaben in die immer notwendige Artenschutz-Betrachtung einbezogen werden.
Genau in dieser Frage unterscheiden sich gemeinwohlorientierte Naturschutzverbände von egoistischen Bürgerinitiativen.
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Axel Mayer Mitwelt Stiftung Oberrhein
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