Windgfällweiher (teilweise) gerettet: Bedrohte (Rest-)Natur im Schwarzwald


Veröffentlicht am 13.02.2021 in der Kategorie Natur Naturschutz von Axel Mayer

Windgfällweiher:
Schöne bedrohte (Rest-)Natur im Schwarzwald (Unterschriftenliste / Petition gegen Stellplatz)



Erfreulicher Nachtrag:
Der Lenzkircher Gemeinderat hat sich im Mai 2021 gegen die Errichtung eines Reisemobilparks am Windgfällweiher entschieden. Es gibt zwar weitere Gefährdungen, aber der Kampf hat sich gelohnt.

Texte aus der Zeit vor der Entscheidung



Der Windgfällweiher ist ein wunderschön gelegener, stiller, kleiner Schwarzwaldsee in einer durch eiszeitliche Gletscher geformten Mulde. Er liegt zwischen dem Titisee und dem Schluchsee im Hochschwarzwald. Leider ist nur der südliche Teil des Sees und seine Umgebung als flächenhaftes Naturdenkmal ausgewiesen, obwohl eigentlich der ganze See schutzwürdig ist. Bis vor wenigen Jahren war das Kleinod mit dem hübschen, kleinen Strandbad im Schwarzwald noch ein "Geheimtipp". Jetzt wird er mehr und mehr zum Rummelplatz.

Die geplante Seilbahn über den Taubergießen, die Verrummelung des Feldberges und des Nationalparks Schwarzwald zeigen: Manche Lokalpolitiker in Südbaden lieben die Natur aus tiefstem Herzen, allerdings nur, wenn sich damit Umsatz und Gewinn machen lassen. So ist der überlaufene "Rummelsee - Mummelsee" an der Schwarzwaldhochstraße der Traum aller Schwarzwaldtouristiker und ein Albtraum für die Natur.

Der wunderschöne Windgfällweiher mit seiner Restnatur wird jetzt schon überbeansprucht. Die Entstehung einer breiartig wuchernden Bandstadt "Basel-Freiburg-Offenburg" in der Vorbergzone der Rheinebene erhöht (nicht nur in Corona-Zeiten) den Besucherdruck auf alle naturnahen Restgebiete in Südbaden.

Jetzt soll auch der Windgfällweiher noch "besser vermarktet werden". Das fürstliche Haus aus Donaueschingen möchte einen kommerziellen Wohnmobilplatz für 115 Fahrzeuge bauen und betreiben und der Gastronomiebetrieb Seehof möchte 48 Zimmer neu bauen, aber örtliche Naturschützerinnen und Naturschützer sind wachsam. Das 3 ha große Gebiet für die Stellplätze besteht aus einer feuchten Senke, muss also aufgeschüttet werden. Im bedrohten Gebiet leben u.a. neun Fledermausarten, Waldeidechsen, Blindschleichen und weitere Reptilienarten wie Schlingnatter und Ringelnatter und 24 Vogelarten.

Der Konflikt um die Wohnmobil-Stellplätze am Windgfällweiher könnte gewonnen werden. Noch gibt es keine konkreten Planungen, sondern "Vorüberlegungen". In diesen Versuchsballon möchten die örtlich Aktiven mit Deiner Unterschrift und Deinem Protest eine Nadel stechen. Sollten aus "Vorüberlegungen" allerdings konkrete Planungen werden, ist mit heftigem Protest zu rechnen.

Die wenigen, erhalten gebliebenen, historischen Altstädte und die restlichen Naturschutzgebiete am Oberrhein verbindet eines: Sie sind zunehmend bedrohte Inseln in einem Meer von Scheußlichkeit.

Die großen, drängenden Naturschutz-Fragen in Südbaden müssen im Zusammenhang und losgelöst von Einzelproblemen gesehen werden. Artenausrottung, Windgfällweiher-Gefährdung, Seilbahnpläne über den Taubergießen und die Kaiserstuhl- und Feldberg-Verrummelung stehen für eine verhängnisvolle Gesamtentwicklung.

...Der Tourist (Du/Ich/Wir) zerstört, was er sucht, indem er es findet...
Hans-Magnus Enzensberger




Eine von vielen Mitwelt-Kleinanzeigen in der Badischen Zeitung. Diese Anzeigen (hier aus der Spalte " Hab Dich gesehen") dürfen ruhig auch ein wenig schrill & auffallend sein...


Wie umgehen mit einer wachsenden Bevölkerung in einer verbauten, zunehmend hässlich werdenden Rheinebene, einer Bevölkerung mit immer mehr Freizeit und dem verständlichen Drang in die verbleibende Rest-Natur? Um in einer Zeit globaler und regionaler Artenausrottung die letzten und wertvollsten Gebiete und Arten am Oberrhein zu erhalten, müssten eigentlich immer mehr "Rühr-mich-nicht-an"-Schutzgebiete ausgewiesen werden. Es gibt ein Dilemma zwischen der Notwendigkeit, die bedrohten Arten und die Restnatur zu schützen und dem verständlichen Wunsch der Menschen nach Natur. Wir brauchen endlich mehr Natur und Naturschutzgebiete, mehr Natur-Flächen statt Nischen und winzigen Natur-Museen, einen größeren Nationalpark und mehr Gewässerrenaturierung. Wohnmobil-Stellplätze an weniger sensiblen Standorten und stadtnahe Rummelseen sind notwendig und akzeptabel. In der schönsten Rest-Natur brauchen wir sie nicht und werden sie auch verhindern.

Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein




Adressen für Deinen (freundlichen!) persönlichen Protestbrief

*An die
Gemeinde Lenzkirch
Bürgermeister Andreas Graf und Gemeinderat
Kirchplatz 1
79853 Lenzkirch

*Frau Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer
Regierungspräsidium Freiburg
Kaiser-Joseph-Straße 167
79098 Freiburg

*An die Landrätin
Dorothea Störr-Ritter
Stadtstraße 2,
79104 Freiburg

*Herrn Heinrich Fürst zu Fürstenberg
Fürstenbergstraße 2,
78166 Donaueschingen

Heimat sagten sie


"Heimat & Fortschritt" stand auf Plakaten und Handzetteln

Und "Heimat & Fortschritt" kamen über Menschen, Insekten & Vögel,
über den stillen Windgfällweiher, das schöne Tennenbacher Tal
und das Motto stand aufgedruckt auf silbernen Kabinen an stählernen Seilen am Himmel des Taubergießen

"Heimat & Fortschritt" vertrieb die letzten verbliebenen Rebhühner der großen Ebene
und mit den Hecken gingen auch die letzten Bauern die keine Feld-Fabrikarbeiter werden wollten

Es füllten sich die grünen Lücken der großen breiartigen Nichtrichtigstadt zwischen Basel und Karlsruhe
und der Lärm der ausgebauten Autobahn brandete in die klima-kahlen Wälder der Schwarzwaldtäler

Heimat hatten sie gesagt


Axel Mayer


Mehr Infos:





Den Windgfällweiher retten! Erster Schritt - Petition & Unterschriftenliste






Bürger und Bürgerinnen für das Kleinod Windgfällweiher!
Interview mit Dagmar Schäfer aus Feldberg, Regionale Initiative für Artenvielfalt



*1. Was genau ist am Windgfällweiher geplant und wer sind die treibenden Kräfte bei diesem
Vorhaben?

Im Fürstenbergischen Wald, nördlich des Strandufers, sollen 115 Wohnmobilstellplätze gebaut
werden und das „Hotel Schlehdorns Seehof“ hat einen Bauantrag für den Anbau von 48
Zimmern gestellt. Das bedeutet, dass 350-400 Personen zusätzlich an den Windgfällweiher
geholt werden sollen.

*2. Inwiefern ist dies bereits konkret? Welche Instanzen entscheiden darüber und in welchem
Zeitraum soll dies geschehen?

Das Verfahren „Stellplätze“ befindet sich noch in der Vorplanung ohne rechtlichen
Hintergrund. Offiziell muss der Antragsteller bei der zuständigen Gemeinde Lenzkirch einen
Antrag auf Flächenutzungsänderung und einen Bebauungsplan abgeben. Bis dato gab es
noch keine öffentliche Abstimmung darüber. Der Gemeinderat beschließt dann diesen
Antrag oder lehnt ihn ab. Lenzkirch eröffnet danach, im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung,
ein Verfahren mit Beteiligung der Behörden oder sonstiger Träger öffentlicher Belange. Ein
umfassender Umweltbericht, der sich auf alle Schutzgüter bezieht, gehört dazu. Auch eine
Mitteilung zur Bürgerbeteiligung wird es dann geben. Das Verfahren kann 1-2 Jahre dauern.
Eine abschließende Entscheidung treffen also der Gemeinderat Lenzkirch und das
Landratsamt Breisgau Hochschwarzwald. Dieser Prozess ist noch nicht vollzogen.

*3. Wie setzt sich die Initiative gegen den Bau zusammen und wie agiert sie?
Es geht um eine Bürgerbeteiligung bevor das Projekt festgezimmert wird. Die Bevölkerung
war über das Vorhaben schockiert, als sie aus der Presse davon erfuhr. Es geschah folgendes:
Völlig unabhängig von einander erschienen Leserbriefe, eine 6. Klasse aus Neustadt übergab
dem NABU Protestbriefe an den Bürgermeister von Lenzkirch, wir starteten die Unterschriften
Aktion, der Schwarzwaldverein Lenzkirch schrieb einen Offenen Brief an die Gemeinde. Das
ist ein Aufschrei! Viele Bürgerinnen und Bürger meldeten sich bei uns und fragten nach einer
online-petition. Die gibt es nun auch und erhielt am ersten Tag 129 Unterschriften. Das heißt
die Bürgerschaft liebt das Gebiet und vernetzt sich gerade mit dem Herzensanliegen
Windgfällweiher.

*4. Welche Kritikpunkte bringt Ihre Initiative vor?
Darauf möchte ich mit dem Kommentar einer Unterstützerin antworten: „Muss denn jedes
Fleckchen Erde der Wirtschaftlichkeit zum Opfer fallen?
Wie beschämend für uns Menschen!“

*5. Was ist das Besondere am Windgfällweiher?
Der Windgfällweiher ist ein flächenhaftes Naturdenkmal, Flora-Fauna –Habitat,
Laichgewässer für die größte dokumentierte Erdkröten-Population, und steht damit unter
Naturschutz! Er entstand durch Endmoränen des Feldberg-Gletschers, die sich im Norden und
Süden der Windgfällsenke ablagerten. Das Gebiet beherbergt einen artenreichen
Lebensraum von hohem Wert, der durch die Straßen B500, 4990 und die Dreiseenbahn von
drei Seiten zerschnitten wurde und durch steigenden Verkehr, sowie hohem Besucherdruck
bereits große Verluste erlitten hat. Kröten, Grasfrösche und Molch wurden jahrzehntelang
totgefahren. Ein Stückchen Wiedergutmachung war der Bau der“ Krötentunnel“ zur
Wiedervernetzung der Lebensräume.

*6. Welche Natur- und Umweltdefizite könnte der Stellplatz konkret mit sich bringen?
Das 3 ha große Gebiet für die Stellplätze besteht aus einer feuchten Senke, muss also
aufgeschüttet werden. Dort leben u.a. neun Fledermausarten, Waldeidechsen,
Blindschleichen und weitere Reptilienarten wie Schlingnatter, Ringelnatter und Kreuzotter, 24
Vogelarten, wie Sommergoldhähnchen, Mönchsgrasmücke, Singdrossel und Zaunkönig leben
dort und selbstverständlich auch Biber. Die Liste ließe sich mit Pilzen, Orchideen und Insekten
erweitern. Alle Lebensräume rings um den Windgfällweiher sind Kleinode. In den
Niedermoorbereichen gibt es z.B. 43 sehr seltene Pilzarten. Beide Projekte bedingen eine
Erhöhung der Infrastruktur um 400 Personen täglich und stehen damit dem Schutzgut sträflich
entgegen. Sie vertragen diesen zusätzlich intensivierten Tourismuskick nicht!

*7. Welche anderen Lösungsansätze wären für Sie denkbar? Haben Sie Ideen, wie man die
Situation für Urlauber mit Campingmobil anderweitig besser gestalten könnte?

Auf jeden Fall kann man kein Chaos regeln, in dem man die Ausgangslage noch
verschlimmert und noch mehr Camper direkt ins Gebiet packt. Wir haben umfangreiche Infos
und Vorschläge zusammengetragen und den GR Feldberg und Lenzkirch zur Verfügung
gestellt. Zuerst braucht es eine Zusammenarbeit und eine Regionalplanung. Die Natur und
die Bevölkerung brauchen dort von Anfang an eine Stimme! Nicht erst am Ende des
Verfahrens, wenn das kommerzielle Projekt durchgesetzt wurde. Welche
Ausgleichsmaßnahme sollte da wirklichen Ersatz schaffen?

*8. Was sind Ihre Ziele in Bezug auf die Beteiligung der Bürgerschaft? Wer wird überhaupt
angesprochen?

Alle, die die Schönheit und die Erholung draußen in gelassener Natur
am Windgfällweiher lieben, können sich dafür stark machen! Die Power liegt in der
Bevölkerung auf ihre natürliche Umwelt zu aufzupassen! Es reicht nicht aus,
sich auf die zuständigen Behörden und Verfahren zu verlassen. Wir dürfen nicht weiter zu
schauen, wie der Flächenfraß einfach auf Kosten unser aller Lebensqualität weitergeht.

*9. Wie können sich die Bürger beteiligen?
Alle können sich an der Unterschriftensammlung beteiligen. Einen Download mit detaillierten
Infos gibt es u.a. beim Schwarzwaldverein und auf der Mitwelt-Seite




Hier ein Brief des BLNN (Badischen Landesvereins für Naturkunde und Naturschutz e.V.)

An die
Gemeinde Lenzkirch
Bürgermeister Andreas Graf und Gemeinderat
Kirchplatz 1
79853 Lenzkirch
Eingriffe in die Natur am Windgfällweiher

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Bürgermeister Graf,
anscheinen gibt es Planungen, den Tourismus in unmittelbarer Nähe zum Windgfällweiher, einem
eiszeitlichen Gletschersee im Hochschwarzwald, auf Kosten der Natur zu fördern:
- Der Waldbesitzer Fürst zu Fürstenberg sieht den Neubau von 115 Stellplätzen im Waldgebiet
angrenzend ans Nordwestufer vor. Dieses Waldgebiet ist bislang vom Massentourismus verschont
geblieben und hat dadurch Bedeutung für den Schutz der waldtypischen Tier- und Pflanzenwelt der
Hochlagen. Die direkte Habitatzerstörung, Maßnahmen zu Entwässerung und Aufschüttung würden
einen starken Eingriff bedeuten.
- Der Gastronomiebetrieb Seehof möchte 48 Zimmer neu bauen.
Damit ist zu erwarten, dass geregelte Wanderungen und ungeregelte Nutzungen (Trampelpfade um
den See; Baden in bislang ungestörten Bereichen) stark zunehmen werden. Diese zusätzlichen
Belastungen verträgt der Windgfällweiher nicht mehr!
Der Windgfällweiher hat eine hohe naturschutzfachliche Bedeutung und ist unverwechselbarer
Bestandteil des Landschaftsbildes. Er hat bislang eine relativ gute (nährstoffarme) Wasserqualität
und ist unter anderem Laichgewässer für eine sehr große Erdkröten-Population, andere Amphibien,
Tier- und Pflanzenarten. Am Ufer gedeiht unter anderem das Purpur-Reitgras (Calamagrostis
phragmitoides) (nordisches Eiszeitrelikt, sehr selten in Deutschland).
Die Umgebung steht unter Landschaftsschutz. Die geringe Größe des Sees verträgt keine
Verdichtung der touristischen Infrastruktur, der ohne Zweifel weitere Nutzungsansprüche der
Betreiber folgen würden und auch in dem Naturdenkmal „Windgfällweiher“ trotz Verboten ihre
Spuren hinterlassen würden.
Daher appellieren wir an Sie und fordern, die Natur am Windgfällweiher in ihrem jetzigen Zustand
zu erhalten, die geplanten bzw. beantragten Maßnahmen und ihre Eingriffe in die Natur abzulehnen.
Darüber hinaus regen wir an, die Ausdehnung des Badebetriebs nicht weiter zu fördern, da dies die
Wasserqualität verschlechtern würde; und eine für die Lebensräume sinnvollere, da geregelte
Zugänglichkeit zu schaffen („Wegeleitsystem“ anstelle von Trampelpfaden).
Prof. Dr. Dr. h.c. Albert Reif
1. Vorsitzender BLNN





Aktuell: Erweiterung Nationalpark Schwarzwald: Säger, Jäger, FDP & CDU gegen Natur & Naturschutz

Infosammlung: Natur, Naturschutz & Naturgebiete, in Südbaden, im Elsass und am Oberrhein





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Immer mehr Klimawandelleugner und Energiewendegegner argumentieren mit gezielt vorgeschobenen "Artenschutz-Argumenten" gegen Energie aus Wind & Sonne. Bei den großen Bränden in Australien und in Amazonien sind Milliarden Tiere auf eine entsetzliche Art und Weise gestorben. Die menschengemachte Klimakatastrophe wird die globale Artenausrottung und das Waldsterben massiv beschleunigen. Diese Fakten müssen, auch wenn's uns Naturschützern manchmal schwerfällt, bei allen regionalen Planungsvorhaben in die immer notwendige Artenschutz-Betrachtung einbezogen werden.

Genau in dieser Frage unterscheiden sich gemeinwohlorientierte Naturschutzverbände von egoistischen Bürgerinitiativen.








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Axel Mayer Mitwelt Stiftung Oberrhein
Mit Zorn und Zärtlichkeit auf Seiten von Mensch, Natur, Umwelt & Gerechtigkeit.


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