2024 / Amitié franco-allemande!? Rassemblement National und le Pen ... 50 Jahre grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Umweltbewegung am Oberrhein


Veröffentlicht am 02.07.2024 in der Kategorie Umweltgeschichte von Axel Mayer

Amitié franco-allemand!?, Rassemblement National und le Pen: 50 Jahre grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Umweltbewegung am Oberrhein


Im ersten Wahlgang der französischen Parlamentswahl wurde die rechte Partei Rassemblement National von Marine Le Pen stärkste Kraft. Entscheidend ist jetzt der zweite Wahlgang.
Bei einem möglichen Wahlsieg der Rechten ist nichts ausgeschlossen. Arte ist in Gefahr, die deutsch-französische Freundschaft ist in Gefahr. Nationalismus bedeutete in der Geschichte immer wieder wachsende Kriegsgefahr. Das gemeinsame europäische Haus ist bedroht.

Rechtspopulisten ziehen ihre Kraft und Stärke auch aus geschickt inszenierten internationalen Konflikten. Eine zukünftige rechte französische Regierung wäre, auch aus Liebe am Streit mit Deutschland und der Schweiz, mit großer Wahrscheinlichkeit für den Bau neuer AKW in Fessenheim. Auch in Frankreich setzten die Parteien, die im Wahlkampf am lautesten von Heimat reden, auf die teure, nicht rentable, heimatgefährdende Atomkraft und verachten die kostengünstigen umweltfreundlichen Alternativen.

Schwierige Zeiten stehen bevor. Jetzt müssen die demokratischen Europäer und Europäerinnen zusammen stehen.
Axel Mayer


Wenn jetzt überall an die deutsch-französische Geschichte erinnert wird, dann ist das zumeist eine "von oben nach unten Erzählung mit folkloristischem Beiwerk". Wir wollen an das von uns fünfzig Jahre lang erkämpfte, immer gefährdete Europa der Menschen, an das "Europa von unten am Oberrhein" erinnern. Ein Europa, zu dem für uns immer auch die Schweiz zählte.

Auf den besetzten AKW-Bauplätzen inWyhl (D), Kaiseraugst (CH) und Gerstheim (F)
haben wir drei Jahrzehnte nach Kriegsende den europäischen Traum vom grenzenlosen Europa geträumt und erkämpft und im Jahr 2020 grenzüberschreitend die Abstellung des Pannenreaktors in Fessenheim erreicht. Wir haben die realen und die inneren Grenzen und die alte, verlogene "Erbfeindschaft" überwunden, Bauplätze und Brücken besetzt, Gifteinleitungen in Rhein und Luft abgestellt, für Leben und Zukunft gekämpft und gemeinsam viele ökologische Gefahren am Oberrhein abgewehrt. Und dies immer alles ohne europäische Fördertöpfe und Interreg-Gelder.

Dort wo nicht auf unsere Kritik gehört wurde, wie bei der Giftmülldeponie Stocamine, kommt das die Allgemeinheit heute teuer zu stehen.
Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit war immer eine Sache auf Gegenseitigkeit. Schon 1970 haben sich die AKW-GegnerInnen in Kaiseraugst und Fessenheim organisiert, 1971 dann die badischen PartnerInnen in Breisach, 1973 in Wyhl. Elsässische und Schweizer Aktive brachten wesentliche Ideen und Erfahrungen über die Grenze herüber nach Breisach und Wyhl, und nirgendwo wurde jemals nach der Staatsangehörigkeit gefragt. Der alemannische Dialekt hat in diesen frühen Konflikten immer eine wichtige Rolle gespielt. Wir waren stets selbstbewusst, trinational "provinziell". Ohne die grenzüberschreitende Zusammenarbeit hätten wir an keinem der besetzten Plätze Erfolg gehabt und der Giftmüllofen in Kehl wäre nicht verhindert worden.
Auf den besetzten Bauplätzen in Wyhl, Marckolsheim, Gerstheim und Heiteren und bei vielen Demos und Aktionen wurde die alte deutsch-französische "Erbfeindschaft" überwunden. Auch hier entstand das Europa der Menschen.

Einige der vielen Wurzeln Europas und der deutsch-französischen Aussöhnung,
aber auch eine Wurzel der heutigen Klimaschutzbewegung liegt im elsässischen Marckolsheim. Hier haben wir 1974 den Bauplatz eines extrem umweltvergiftenden Bleiwerks besetzt und die Vision vom grenzenlosen Europa gesponnen. François Brumbt sang auf dem besetzten Platz:"Mir keije mol d Gränze über de Hüfe und danze drum erum". Als endlich die Schlagbäume zwischen Frankreich und Deutschland fielen, hatten wir, wieder einmal, eines unserer Ziele erreicht.

Seit dieser Zeit erleben wir am Oberrhein immer wieder, wie geschickt, gezielt und erfolgreich in ökologisch-ökonomischen Konflikten (Fessenheim-Abstellung, Atommüll Schweiz, Flugplatz Zürich ...) die Menschen gegeneinander ausgespielt werden, während gleichzeitig das Hohelied des Élysée-Vertrages, der Regio und wuchernden Metropolregion gesungen wird.

Immer wieder überlagern alte und neue, geschickt geschürte (noch kleine) Nationalismen und traurige Feindbilder auf beiden Rheinseiten die Europa-, Regio- und Dreyeckland-Mythen und diese Feindbilder werden aus ökonomischen Gründen gezielt aufgebaut. Erschreckend ist nicht, dass Konzerne und Lobbyisten versuchen, uns gegeneinander auszuspielen. Erschreckend ist, dass die "nationale Karte" immer noch häufig sticht und sich auch in Wahlergebnissen ausdrückt.

Um so wichtiger ist unser Europa von unten, abseits aller Verträge und europäischer Fördertöpfe, Metropolregion-Pläne und Interreg-Gelder. Bei der Stocamine, beim Hochwasser- und Naturschutz am Rhein, beim regionalen Klima- und Artenschutz. Überall wo sich in Zeiten zunehmender ökonomischer, ökologischer und sozialer Krisen Menschen grenzüberschreitend für Mensch, Natur, Umwelt, Zukunft, Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und Freiheit engagieren.

60 Jahre Élysée-Vertrag sind ein guter Anlass, um zu feiern, um gleichzeitig aber auch das stets gefährdete "Europa der Umwelt und der Menschen" zu thematisieren.

Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein, (Alt-)BUND Geschäftsführer, Kreisrat, Vorstandsmitglied TRAS


Beispiele:


  • Bei der polizeilichen Räumung des besetzten Wyhler Platzes ließ Ministerpräsident Filbinger gezielt nicht die vielen anwesenden Kaiserstühler, sondern "Elsässer und Langhaarige" verhaften, um zu "beweisen", dass der Wyhl-Protest von "Ausländern und städtischen Chaoten" gelenkt wird.

  • Beim Protest gegen den geplanten Giftmüllofen in Kehl empörten sich deutsche CDU-Politiker über die "französische Einmischung".

  • Vor der friedlichen und großen Fessenheim-Kundgebung mit ca. 10000 TeilnehmerInnen in Colmar, am 3. Oktober 2009, hatten der Bürgermeister von Colmar Gilbert MEYER und der Präfekt Pierre-André PEYVEL vor den „deutschen Randalierern“ gewarnt, um die Menschen im Interesse der EDF grenzüberschreitend gegeneinander auszuspielen und um möglichst viele Aktive von einer Teilnahme abzuschrecken...
  • Nach der erfolgreichen, friedlichen und machtvollen Kundgebung, mit ca. 70 bis 80% französischen AktivistInnen, sprach Präfekt Pierre-André PEYVEL von einer "deutschen Invasion" (Quelle: Der Sonntag 04.10.09), um so gezielt böse Assoziationen und Erinnerungen zu wecken.
  • Immer noch werden die problematischsten und gefährlichsten Anlagen gerne an die Grenze gebaut, um nationale Vorteile zu genießen und Risiken international zu verteilen. Aktuell zum Beispiel beim geplanten grenznahen Atommülllager der Schweiz.

  • Vor der Fessenheim-Abstellung" im Jahr 2020 setzten rechtskonservative Politiker wieder gezielt auf die "Nationale Karte", um eine gewinnbringende Gefahrzeitverlängerung für das AKW durchzusetzen.



Links:






60 Jahre Élysée-Vertrag - Amitié franco-allemande: 50 Jahre grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Umweltbewegung am Oberrhein




60 Jahre Élysée-Vertrag - Amitié franco-allemande: 50 Jahre grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Umweltbewegung am Oberrhein




60 Jahre Élysée-Vertrag - Amitié franco-allemande: 50 Jahre grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Umweltbewegung am Oberrhein





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Aktuell: Kein AKW in Wyhl - Kein Bleiwerk in Marckolsheim.


Ein Rückblick von Axel Mayer auf die frühen Anfänge der Umwelt- und Klimaschutzbewegung:
Hier geht's zum YouTube-Video.



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  • 3) Im Zweifel, gerade in Kriegszeiten, ist die -Allgemeine Erklärung der Menschenrechte- immer noch eine gute Quelle zur Orientierung.

Axel Mayer Mitwelt Stiftung Oberrhein
Mit Zorn und Zärtlichkeit auf Seiten von Mensch, Natur, Umwelt & Gerechtigkeit.


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