26. 4. 1986 tschernobyl - Ein Gedicht von Ronald Euler


Veröffentlicht am 01.01.2024 in der Kategorie Kultur von Axel Mayer

26. 4. 1986 tschernobyl


Ronald Euler
Ó winter 2006


nix isch passiert
wenn schunn
isch ’s nitt so schlimm
de stress màcht krànk
sawe se
un lije ’s blo vom himmel

de kàhle kinnerkepp
fröwe unsri stumm seel
wàs los isch
un schlicke ’s wittersch enà
un schnüfe ’s dà un nàcht in

’s gitt kën enüss

làngsàm un sicher
nawt ’s ’ne de knoche àb
sückelt ’s ’ne de sàft eweg

frieh odder spot
schlàt ’s ’ne de zukunft zegrund

unsre krebbs
un krippel
kinn

awwer diss isch ’ne gràd schissegàl
de atomhinn

’s
isch
jo
bloß
e
beeser
tràm

Ronald Euler
Ó winter 2006


26. 4. 1986 tschernobyl

nichts ist passiert
wenn schon
ist es nicht so schlimm
der stress macht krank
sagen sie
und lügen das blaue vom himmel

die kahlen kinderköpfe
fragen unsere stumme seele
was los ist
und schlucken es weiter hinab
und atmen es tag und nacht ein

es gibt kein hinaus

langsam und sicher
nagt es ihnen die knochen ab
säugt es ihnen den saft weg

früh oder spät
schlägt es ihnen die zukunft zugrunde

unseren krebs
und krüppel
kindern

aber das ist ihnen gerade scheißegal
den atomhunden

es
ist
ja
bloß
ein
böser
traum




Alemannisch, Badisch, Elsässisch, Schweizerdeutsch, Dialekt & "Hoch"deutsch:
Kritische Texte und Gedichte aus Südbaden, Elsass, Nordschweiz und dem Rest der Welt


In diesen Zeiten von Barbarei, Gier, Kriegen und Gewalt stärkt Dummheit Dummheit und Intoleranz verstärkt Intoleranz. In diesen Jahren der Umwelt- und Innenweltverschmutzung stehen nicht nur Tiere und Pflanzen, sondern auch Sprachen und Dialekte auf der Liste der bedrohten Arten. Der Facebook-Chef Mark Zuckerberg, der an einem altsprachlichen Eliteinternat Latein lernte und gerade seine undemokratischen Weltmachtträume realisiert hält Sprache für eine veraltete Software, die schon bald obsolet sein wird. Mehr als die Hälfte aller weltweit gesprochenen Sprachen drohen in naher Zukunft zu verschwinden – und damit ein wertvoller Teil unseres kulturellen Gedächtnisses. Allein 600 dieser insgesamt rund 3.660 gefährdeten Sprachen könnten sogar schon in wenigen Jahren vollständig ausgestorben sein.
Darum finden Sie auf mitwelt.org kritische und engagierte Texte, alemannisch, schwyzerdütsch, elsässisch und hochdeutsch. Doch wir wissen, dass bedrohte Tierarten nicht in der Genbank und bedrohte Sprachen nicht im Museum und im Internet überleben.
Menschen, die Überschallflugzeuge, unbegrenztes Wachstum, Atomenergie, Agrargifte, Freihandel und Weltraumtourismus für Fortschritt und die Hitparade der Volksmusik für Kultur halten, die Gedichte über das "Blümelein", das "Bächelein" und das "Brünnelein" suchen, wird diese Seite nicht gefallen.

Dialekt ist bunte, kluge, kulturelle Vielfalt und nicht monokulturelle Einfalt. Dialekt ist immer auch „regionale Identität“ und steht gegen die „Kolonisierung der Lebensweltin der Megamaschine“ und gegen die zunehmende Kommerzialisierung aller Lebensbereiche.

Wir danken den vielen Autorinnen & Autoren, die uns schon erlaubt haben, Texte hier einzustellen. Auf Wunsch löschen wir Texte aber auch sofort.

Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein



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