Der Lachs in der Elz ist wieder da: Anfrage an Landrat Hurth & Antwort
Veröffentlicht am 11.02.2022
Der Lachs in der Elz ist wieder da: Eine Anfrage an Landrat Hurth
Sehr geehrter Landrat Hurth,
Naturschutz /Artenschutz-Anfrage in der Kreistagssitzung vom 24.1.2022
Hintergrund der Anfrage ist ein toller Erfolg für den Naturschutz am Oberrhein (Es gibt in einer Zeit des beschleunigten Artensterbens nicht gerade viele Erfolge)
Am 6. Januar 2022 entdeckte der Betreiber der Kappeler Mühle einen knapp ein Meter langen toten Fisch – ein ausgewachsenes Lachs-Männchen, mit 6,5 Kilo in der alten Elz und der Lachs war unterwegs Richtung Landkreis Emmendingen.
Wie kann ein toter Lachs ein Erfolg sein?
Ein lebender Lachs in der Elz wäre schöner, allerdings wurde der letzte wildlebende Lachs 1958 gefangen und seither gab es nur am 02.01.2017 einen 97 cm großen Lachs im Mühlbach/ Kanal in Emmendingen. (Der 1958 gefangene Lachs war noch ein "original" Rhein-Lachs. Da im Rhein keine geeigneten Elterntiere überlebt hatten, mussten Elterntiere aus anderen Stromgebieten zur Zucht verwendet werden. Der Landesfischereiverband Baden-Württemberg züchtet mit Elterntieren aus der Allier in Frankreich.)
Nachdem seit Jahren immer wieder einzelne Lachse im Rhein aufsteigen (Schleusentaucher...), zeigt der erneute Fund in der Elz im Jahr 2022, dass sich die jahrzehntelangen Bemühungen der Umwelt- und Fischereiverbände, die Besatzmaßnahmen und der Druck auf die Politik gelohnt haben.
Der Rhein wird für Fische langsam wieder durchlässiger, lange haben wir für Kläranlagen gekämpft, die Wasserqualität hat sich verbessert und mit Sicherheit hat auch das "Lachsprogramm Baden-Württemberg" dazu beigetragen.
Zwischen Naturschutz und Energiegewinnung sind gute Kompromisse immer möglich
Auch im Landkreis Emmendingen wurde viel getan
*Gewässerreinhaltung
*Renaturierung
*Durchgängigkeit
Meine Fragen:
*Wie sieht es mit der Durchgängigkeit der Gewässer im Landkreis aus, wo gibt es noch Lachs-Hindernisse?
*Wann werden entlang der Bäche im Kreis weitere Flächen renaturiert?
*Gibt es erste Überlegungen, Konzepte oder Vor-Planungen, wie wir dem Trockenfallen der Elz in Zeiten des Klimawandels begegnen könnten?
Der Lachsfund in der Elz ist auch ein Erfolg langer Kämpfe
Doch noch vor hundert Jahren war der Rhein der bedeutendste Lachsfluss Europas. Jahr um Jahr kehrten etwa eine Million(!) Lachse von ihrer langen Reise nach Grönland zurück in die Rheinzuflüsse im Schwarzwald, im Elsass und in die Schweizer Alpen. Um 1900 wurden allein aus dem Rhein jährlich ca. 85.000 Tonnen Lachs gefischt.
Es gibt also noch zu tun.
Und es gibt auch eine persönliche Vision
Irgendwann gibt es wieder so viele Lachse in der Elz, dass wir beim Weihnachts-Essen des Kreistags Elz-Lachse verzehren können.
Axel Mayer, Kreisrat, 24.1.2022
11.2.2022
Sehr geehrter Herr Landrat Hurth,
ganz herzlichen Dank für die blitzschnelle und umfassende Beantwortung meiner Anfrage zum Themenbereich Durchgängigkeit und naturnahe Gestaltung der Gewässer im Landkreis Emmendingen. Bitte geben Sie meinen Dank auch an Herrn Dünnebier und sein Team weiter.
Hintergrund meiner Anfrage war der erfreuliche, erneute Fund eines aufsteigenden Lachses, diesmal in der alten Elz. Ihre umfangreiche Antwort zeigt, dass im Bereich der Fließgewässer positive Entwicklungen angestoßen wurden und umgesetzt werden, die vor Jahrzehnten noch utopisch und undenkbar waren.
Am Anfang standen jahrzehntelange, mühsam-erfolgreiche Konflikte der Umwelt-bewegung um eine bessere Wasser-Qualität der Gewässer am Oberrhein. Ich erinnere mich an manchen großen Streit für Kläranlagen und an die Sandoz-Katastrophe.
Danach wurde endlich die Renaturierung der zu gerade gestreckten Kanälen geronnenen Bäche am Oberrhein, von Elz, Dreisam, Kinzig und Glotter angegangen.
Nicht nur als früherer BUND-Geschäftsführer hatte ich immer den Traum (und die politische Forderung) von naturnahen Bächen und grünen, naturverbindenden Bändern, von den Rheinauen zum Schwarzwald, auch als Gegenstück zu den wuchernden, breiartigen Siedlungsstrukturen und der Landschaftszerschneidung durch Bahn und Autobahn.
Sie zeigen in Ihrer Antwort, dass auf dem langen Weg schon vieles erreicht wurde, wie mühsam, kompliziert und kleinteilig die Behördenarbeit ist und Sie weisen auf die überwindbaren Zielkonflikte zwischen Wasserkraftnutzung und Naturschutz hin.
Zur Finanzierung der Umsetzung der wünschenswerten Durchlässigkeit fehlt die öffentliche Förderung solcher Maßnehmen für privaten Wasserkraftbetreiber.
Vergangene Regierungen waren da auch eher den Wünschen der ganz großen Kraftwerksbetreiber zugetan. Hier wird es vermutlich positive Änderungen geben.
Hindernisse wie Sohlbauwerke für eine nicht mehr existente Wiesenwässerung sollten möglichst schnell angegangen werden.
Der große Teil Ihrer Antwort bezieht sich verständlicherweise auf die beiden Frageteile zur Durchgängigkeit und naturnahen Gestaltung der Gewässer.
Zugegeben schwierig ist eine Antwort auf meine Frage zu einem neuen Themenbereich, der sich in Zeiten des Klimawandels immer stärker stellt:
„Gibt es erste Überlegungen, Konzepte oder Vor-Planungen, wie wir dem Trockenfallen der Elz in Zeiten des Klimawandels begegnen könnten? „
Das in Ihrer Antwort angesprochene, schmalere und tiefere Elzprofil (evtl. sogar mit einem teilweisen Anschluss von Gumpen ans kühle Grundwasser) kann tatsächlich vielen Fischen das Überleben im Hochsommer ermöglichen.
Doch wird angesichts trocken fallender Bäche langfristig eine teilweise Wasserrückhaltung für unsere Bäche im Schwarzwald nötig sein, um Natur, Mensch, Fischen, Wasserkraftbetreibern und Landwirtschaft zumindest mit einer Mindestwassermenge in Extremsommern dienen zu können?
Das sind tatsächlich ganz neue Fragen, bei denen ich auch nicht mit schnellen, konkreten Antworten gerechnet habe. Sie sind so utopisch und realistisch, wie es unsere Forderungen nach Klärwerken und Wasserreinhaltung vor 5 Jahrzehnten waren. Vielleicht gibt es bessere, andere Problemlösungen für extreme Trockenzeiten? Wir müssen sie angesichts wachsende Probleme zumindest „andenken und vordenken“.
Hintergrund meiner Anfrage war der Lachsfund in der Elz und ich möchte noch einmal daran erinnern, dass noch vor hundert Jahren der Rhein der bedeutendste Lachsfluss Europas war. Jahr um Jahr kehrten etwa eine Million(!) Lachse von ihrer langen Reise nach Grönland zurück in die Rheinzuflüsse im Schwarzwald, im Elsass und in die Schweizer Alpen. Um 1900 wurden allein aus dem Rhein jährlich ca. 85.000 Tonnen Lachs gefischt.
Meine persönliche Vision, dass irgendwann wieder so viele Lachse in der Elz aufsteigen, dass Kreisräte beim Weihnachtsessen des Kreistags Elz-Lachse verzehren können, wird wohl noch einige Jahrzehnte ein Traum bleiben.
Doch nicht nur die schönen, erfolgreichen Renaturierungsmaßnahmen bei Köndringen/Riegel und auch Ihre Antwort zeigen positive Entwicklungen, die vor Jahrzehnten noch utopisch und undenkbar waren. Es gibt noch zu tun.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Mayer
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Antwort des Landratsamtes Emmendingen auf die Anfrage
Was der Mensch den Gewässern, dem Rhein und seinen Zuflüssen angetan hat,
lässt sich am besten am Beispiel des Lachses aufzeigen. Heute berichten die Zeitungen umfangreich, wenn es wieder einmal ein einzelner Lachs in einen der Rheinzuflüsse geschafft hat. Nach über fünfzig Jahren ist im Jahr 2005 erstmals wieder Lachslaich in der Kinzig und damit im baden-württembergischen Rheingebiet entdeckt worden. Dazu kamen nach und nach einzelne Funde in der Murg und der Elz. In den fünfziger Jahren starb der Rhein-Lachs vollständig aus, die ursprüngliche Population war weg und wurde durch aufwändige Nachzuchten aus Loire und Allier ersetzt. Wir reden und lesen dann gerne von "ausgestorben" oder "verschwunden". Das klingt so schön nach "still von uns gegangen" und benennt nicht unsere Verantwortung. Doch das einzig treffende Wort für dieses Verschwinden ist der Begriff "ausgerottet". Die regionale und globale Artenausrottung ist kein Phänomen der letzten 20 Jahre, sie hat sich aktuell nur global etwas beschleunigt. Nach einem Bericht der Vereinten Nationen zur Artenvielfalt werden als Kollateralschaden unbegrenzten globalen Wachstums gerade bis zu 130 Tier- und Pflanzenarten täglich ausgerottet.
Mit Wasserverschmutzung, Begradigung, Kanalisierung, Stauwehren und Schleusen
haben wir schon in den letzten 150 Jahren den ehemaligen Lachs-Bestand im Rhein auf null reduziert. Jeder einzelne Lachs, der es heute wieder in das Flussgebiet am Oberrhein und in die Elz schafft, ist ein Erfolg der Umweltbewegung und der Fischereiverbände. Doch noch vor hundert Jahren war der Rhein der bedeutendste Lachsfluss Europas. Jahr um Jahr kehrten etwa eine Million(!) Lachse von ihrer langen Reise nach Grönland zurück in die Rheinzuflüsse im Schwarzwald, im Elsass und in die Schweizer Alpen. Um 1900 wurden allein aus dem Rhein jährlich ca. 85.000 Tonnen Lachs gefischt. Wir können uns auch nicht ansatzweise vorstellen, was wir verloren haben und was wir an anderer Stelle gerade verlieren.
Der Mensch im Anthropozän hat auf die Artenvielfalt eine ähnlich verheerende Wirkung wie der große Meteor-Einschlag vor 65 Millionen Jahren.
Es gab und gibt positive und negative Entwicklungen für den Rhein-Lachs:
Der Rhein und seine Zuflüsse wurden für Fische wieder durchlässiger und die Wasserqualität hat sich verbessert. In den letzten Jahrzehnten wanderten wieder jedes Jahr hunderte Lachse aus dem Atlantik ins Rheineinzugsgebiet, um hier in der kalten Jahreszeit zu laichen. Doch seit einigen Jahren steigt die Zahl nicht mehr. Sie scheint eher wieder zu sinken. Der Klimawandel, die Wassererwärmung, Niedrigwasser im Rhein und seinen Zuflüssen, das sommerliche Trockenfallen von Laichgewässern, Schiffsschrauben, Fressfeinde wie der Wels, Krankheiten und Parasiten – all dies spielt wohl eine Rolle. Genaue Erkentnisse gibt es noch nicht. Doch könnte angesichts trocken fallender Bäche langfristig eine teilweise Wasserrückhaltung für unsere Bäche nötig sein, um Natur, Mensch, Lachs, anderen Fischen zumindest mit einer Mindestwassermenge in Extremsommern dienen zu können. Auch eine weitere Verringerung von Mikroverunreinigungen mit Pflanzenschutzgiften, Medikamenten, Plastik und Röntgenkontrastmitteln in unseren Bächen ist unbedingt notwendig.
Axel Mayer
Axel Mayer (Alt-) Kreisrat
Kreistag im Landkreis Emmendingen: Ein kleiner, auszugsweiser Überblick über 32 Jahre Tätigkeit von Kreisrat Axel Mayer im Kreistag im Landkreis Emmendingen
Immer wieder gehe und fahre ich
durch diesen, an vielen Stellen immer noch schönen Landkreis Emmendingen. Ich kenne die sanften Kuppen des Kaiserstuhls, die steilen Wege auf unseren Hausberg, den Kandel, den Rheinwalddschungel des Wyhler Waldes. Die Dörfer, Städte und Gemeinden im Breisgau, insbesondere Teningen, Riegel und Endingen, sind meine Heimat. Ich vermisse die verloren gehende Stimme der ins Blau aufsteigenden Lerche. Immer öfter sehe ich auch neue Wunden, neue Schneisen der Zerstörung, Heimatverlust, Naturverlust, Kulturverlust, Artensterben, Bauernsterben, Dorfwirtschaftssterben, Verlust an Vielfalt … Aktuell leidet der Wald (nicht nur) im Landkreis unter einem extremen Waldsterben und der zunehmende Egoismus der Ichlinge zeigt sich in der Vermüllung der Landschaft und in der Verlärmung unserer Schwarzwaldtäler und Gemeinden.
Entlang der Bundesstraße 3 entsteht ein durchgängig-hässlicher Siedlungsbrei. Zwischen Offenburg und Freiburg gibt es noch einen minimalen Freiraum von 17,7 km und bandartig-hässliche Siedlungsstrukturen von 50,3 km. Hochstammbäume, Hecken, Insekten, Vögel und bezaubernde landschaftliche Vielfalt werden immer schneller dem (Alb-)Traum der großen globalen Agrarfabrik und der Globalisierung geopfert. Der Verkehrslärm im Transit-Landkreis Emmendingen nimmt zu. Das "Autobahnkreuz" an der B3 bei Denzlingen ist eines von vielen Beispielen für einen rückwärtsgewandten, zerstörerischen Fortschrittsglauben. Zerstörung bedeutet immer auch Kulturverlust und Innenweltverschmutzung. Heimat zerrinnt zwischen den Fingern. Und ich wundere mich, warum niemand schreit.
Einige Anfragen und Themen von (Alt-) Kreisrat Axel Mayer im Kreistag Emmendingen
Es gibt investigativen Journalismus. Und es gibt auch den Versuch von investigativer Regionalpolitik. So eine Auflistung beschreibt allerdings nur die Rosinen im Teig der manchmal mühsamen Kreistagsarbeit
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Kreistag Emmendingen im Landkreis Emmendingen
Dank
Ohne das gute, bunt gemischte, kreative Team der GRÜNEN Kreistagsfraktion im Landkreis Emmendingen wäre diese Arbeit nicht möglich und nicht erträglich. Mein Dank geht aber auch an das verstorbene, ehemalige Mitglied des Bundestages Hans-Christian Ströbele. Seine Arbeit und sein unabhängiger, freier Geist hat mir manchmal geholfen, die GRÜNE Partei zu ertragen.
Kreistag der Gemeinden im Landkreis Emmendingen:
Bahlingen, Biederbach, Denzlingen, Elzach, Emmendingen, Endingen, Forchheim, Freiamt, Gutach, Herbolzheim, Kenzingen, Malterdingen, Reute, Rheinhausen, Riegel, Sasbach, Sexau, Simonswald, Teningen, Vörstetten, Waldkirch, Weisweil, Winden, Wyhl