Kriegerdenkmal Siegesdenkmal Endingen: Eine Debatte zum Krieg 1870 - 1871 (Rückblick)
Veröffentlicht am 25.01.2023 in der Kategorie Kreistag Emmendingen von Axel Mayer
Kriegerdenkmal Siegesdenkmal Endingen: Eine (verspätete) Debatte zum Krieg 1870 - 1871
Nachtrag: Kriegerdenkmal Endingen restauriert
Das Kriegerdenkmal in Endingen, das an eines der dunkelsten Kapitel der deutsch-französischen Geschichte erinnert, wurde im Oktober 2018 jetzt doch fertig restauriert. Wie zu erwarten, ist bei 32.250 Euro Kosten auch solide Handwerksarbeit geleistet worden. Gerne wird von der Stadt auf die 12.760 Euro aus Mitteln des Denkmalförderprogramms verwiesen. Doch diese Zuschüsse werden nicht von "Anderen", sondern auch von uns SteuerzahlerInnen finanziert. Beim "Zuschussdenken" wird dieser Aspekt gerne auf allen Ebenen der Politik ignoriert.
Ich selber hätte das Denkmal gerne so gelassen, wie es war. Es gibt auch Denkmäler, die man einfach so stehen lassen kann. Dennoch kann ich mit der Renovierung leben.
Es ist ein Erfolg, dass das Denkmal zumindest nicht aus der Randlage in die Innenstadt umplatziert wurde. Diese geschichtspolitische Peinlichkeit ist uns erspart geblieben.
Der kleine Endinger Denkmalstreit hat zumindest eine Debatte ausgelöst. Erstaunlich war der Umgang mit der Begrifflichkeit. Ein Denkmal, auf dem "Erinnerung an die glorreiche Schlacht" steht, ist ein Krieger- und Siegesdenkmal aus überwundenen, finsteren Zeiten, und nicht nur ein Gefallenendenkmal. Der Versuch, die Begrifflichkeit sprachlich weichzuspülen, ist nicht gelungen.
Es gab aber zumindest in Ansätzen erstmals eine inhaltliche Debatte, für welch schreckliche Zeit dieses Denkmal steht. Das Denkmal erinnert an den Krieg 1870-71. Ein entsetzlicher Krieg mit blutigen Schlachten und der Belagerung und Teil-Zerstörung Straßburgs. Der französische Verlust Elsass-Lothringens als Kriegsfolge erzeugte eine dauerhafte Erbfeindschaft zwischen Deutschland und Frankreich, und belastete die deutsch-französischen Beziehungen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein.
Im Krieg, für den dieses restaurierte Denkmal steht, wurde die Lunte für die beiden Weltkriege gelegt.
Zum teuer renovierten Denkmal gehört meiner Ansicht nach jetzt zumindest eine kleine Tafel, die diese Zusammenhänge aufzeigt. (Sie fehlt immer noch!) Gerade in einer Zeit, in der die europäische Union durch gut organisierte Egoismen gefährdet ist, sollten wir alles tun, damit Europa nicht auseinanderfällt, und dafür braucht es auch eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte und Denkmälern. Dann kann aus einem Denkmal ein Anstoß, ein Denk-Mal, werden.
Und noch eine Kleinigkeit am Rande. Der Platz auf dem das Denkmal steht (und nicht nur dieser Platz) sollte zukünftig kein Hundescheißplatz mehr sein. Hundekottüten und ein Abfalleimer könnten dazu beitragen.
Axel Mayer, Kreisrat, Endingen
Kriegerdenkmal Siegesdenkmal Endingen: Eine (verspätete) Debatte zum Krieg 1870 - 1871
Am 2.3.2018 berichtete die Badische Zeitung:
"Das Endingen Kriegerdenkmal zur Erinnerung an den Krieg von 1870/71 wird restauriert. Geprüft werden soll auch, ob das Denkmal möglicherweise an die Martinskirche versetzt werden könnte. Vergeben wurden die Arbeiten nun für gut 37 000 Euro. Das Denkmalamt hat laut Verwaltung einen Zuschuss in Aussicht gestellt. Die denkmalschutzrechtliche Genehmigung für die Restaurierung liegt vor."
Die Sichtweise des Endinger Stadtrates und von Stadtarchivar Jürgen Simon wird in der BZ verschiedenen Beiträgen sehr umfangreich dargestellt:
- BZ-Beitrag vom 17. November 2017 hier
- BZ-Beitrag zur Stadtratssitzung: Hier
- Längerer inhaltlicher Beitrag in der BZ nach meinem Leserbrief. Der Autor Jürgen Simon ist Historiker und seit 2007 Stadtarchivar in Endingen: Hier
Der ursprüngliche Sinn und Zweck des Siegesdenkmals
wird von Herrn Jürgen Simon gezielt umgedeutet. Es ist ein wenig schade, dass in seinem langen BZ-Beitrag die enormen Kosten für die Sanierung von 37 000 Euro nicht erwähnt werden. Der Satz "Aber Denkmäler ins Depot zu stellen oder im Schotterwerk zu zerkleinern, ändert nichts an der politischen Realität" ist ein wenig gemein. Niemand will das "Denkmal ins Depot zu stellen oder im Schotterwerk zerkleinern", wie geschickt unterstellt wird. Es steht gut dort, wo es steht und wie es dort steht. (Wenn der Standort zukünftig kein Hundeklo mehr ist...)
Hierzu einige Gedanken, die teilweise auch in meinem Leserbrief am 6. März 2018 ihren Niederschlag fanden.
- Ich habe keine Probleme mit dem Denkmal an der jetzigen Stelle. Es ist ein historisches Zeugnis aus der schlechten alten Zeit.
- Es ist kein Denkmal das in erster Linie der "Gefallenen oder der Reichsgründung" gedenkt. Es ist das klassische Siegesdenkmal. Dafür spricht auch die Inschrift: "Ihren tapferen Söhnen zur Erinnerung an die glorreiche Schlacht". Es war keine "glorreiche Schlacht", sondern ein entsetzliches Schlachten.
- Muss diese Inschrift tatsächlich für 37 000 Euro renoviert und neu eingemeißelt werden?
- In der heutigen Zeit, in der das Europa der Menschen von vielen Seiten bedroht ist, sollte die Stadt Endingen das europäisch Verbindende in den Vordergrund stellen. Das alte Kriegerdenkmal - Siegesdenkmal Endingen steht aber für das Trennende...
- Gerne wird von Gemeindevertretern an den möglichen "Zuschuss" des Denkmalamtes erinnert, denn das brauchen die Endinger ja nicht bezahlen... Dieses Zuschussdenken herrscht auf allen politischen Ebenen. Dabei wird gerne "übersehen", dass auch die Gelder des Denkmalamtes nicht auf Bäumen wachsen, sonder von uns Steuerzahlern bezahlt werden.
Die aktuelle Debatte erinnert ein wenig an einen Meinungsstreit im Jahr 2008. Auch damals gab es eine seltsam rückwärtsgewandte Debatte die Endinger Hauptstrasse in Habsburgerstrasse umzubenennen....
Leserbrief:
Das Endinger Kriegerdenkmal zur Erinnerung an den Krieg von 1870/71 wird für 37 000 Euro restauriert und es gibt erste Überlegungen es an die Martinskirche zu versetzen. Leider gibt es bisher in Endingen und im Stadtrat keine Debatte zum geschichtlichen Hintergrund dieses Denkmals.
Das Denkmal steht für einen entsetzlichen Krieg, für blutige Schlachten und für die Belagerung und Teil-Zerstörung Straßburgs. Der französische Verlust Elsass-Lothringens als Kriegsfolge erzeugte eine dauerhafte Erbfeindschaft zwischen Deutschland und Frankreich. Beides belastete die deutsch-französischen Beziehungen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein.
Im Krieg, für den dieses Denkmal steht, wurde die Lunte für die beiden Weltkriege gelegt. Und dieses Denkmal soll teuer renoviert und ohne kritische Kommentierung wieder an zentraler Stelle in Endingen aufgebaut werden? Muss die Stadt Endingen dann einen großen Sack kaufen, den wir übers Denkmal werfen, wenn die Menschen aus unserer elsässischen Partnerstadt Erstein ins Städli kommen?
Wir leben in einer Zeit, in der Europa gefährdet ist. Wir sollten doch alles tun, damit Europa nicht auseinanderfällt und dafür braucht es auch eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte. Wenn das Kriegerdenkmal jetzt tatsächlich für unglaubliche 37 000 Euro restauriert wird, dann braucht es unbedingt auch kluge, kritische Informationstafeln die den geschichtlichen Hintergrund beleuchten. Dann wird aus einem Denkmal ein „Denke-Einmal“.
Die Verlagerung des Denkmals an eine zentrale Stelle in der Innenstadt wäre an Peinlichkeit nicht zu überbieten, würde aber für viel überregionale Aufmerksamkeit, insbesondere im Elsass sorgen.
Axel Mayer, Endingen
Krieg 1870 - 1871: Kriegerdenkmal - Siegesdenkmal -Denkmal Endingen: Eine Debatte
Der einseitigen Sichtweise des Endinger Stadtarchivars Jürgen Simon und seiner Uminterpretation des Kriegerdeknmals widerspricht Professor i.R. Dr. Wolfram Wette (Kollnau ) in einem Leserbrief in der BZ am Mi, 16. Mai 2018.ENDINGER KRIEGERDENKMAL / Nachdenken über Nationalismus
Zur Debatte über die Sanierung des Endinger Kriegerdenkmals an der Rempartstraße:
Das Endinger Kriegerdenkmal ist denkmalgeschützt, kann also nicht einfach abgeräumt werden. Es sollte allerdings auch nicht in den Vordergrund gerückt werden, also an einen prominenteren Ort als bislang. Die Botschaft, die von dem 1870/71er-Denkmal ausgeht, heißt: Sieg der Preußen (und der beteiligten Badener) über den Feind Frankreich. Es ist also ein Dokument der deutsch-französischen Feindschaft, die mindestens bis 1945 dauerte. In den 1960er Jahren haben Adenauer und de Gaulle erkannt, dass die unseligen alten Feindbilder noch lange nicht überwunden waren. Daher forcierten sie das Instrument der Städtepartnerschaften, um der Unkenntnis über das jeweils andere Land entgegenzuwirken und um Freundschaften "von unten" entstehen zu lassen.
Wenn die Stadt Endingen heute daran geht, das Kriegerdenkmal für viel Geld zu restaurieren, so sollte unbedingt ein interpretierender Text angebracht werden. In einem kritischen Kommentar sollten 1. der historische Kontext beleuchtet, und 2. die heutige Sichtweise dargelegt werden, die ja das komplette Gegenteil der ursprünglichen Botschaft beinhalten muss, nämlich Warnung vor Militarismus und Nationalismus, Bedeutung eines friedlichen Europa und der deutsch-französischen Partnerschaft und Freundschaft. Die Heranziehung französischer Kolleginnen und Kollegen bei der Formulierung der Texte ist daher wünschenswert. Siehe dazu auch den Text zum Freiburger "Siegesdenkmal", der den Endingern vielleicht Anregungen geben kann.
Eine zeitgemäße Neuinterpretation des historischen Denkmals stellt sich keineswegs von selbst ein. Das übliche Gerede "für uns ist das eben ein Mahnmal" ist lediglich ein Beleg für Denkfaulheit. Genau das Gegenteil soll ja erreicht werden: Nachdenken über die Folgen des kriegerischen Nationalismus und über den unschätzbaren Wert eines pazifizierten Europas.
Professor i.R. Dr. Wolfram Wette, Kollnau
Aus dem Kriegerdenkmal & Siegesdenkmal wird ein "Gefallenendenkmal", berichtet die BZ ... (das stimmt zwar nur zum Teil, klingt einfach besser als Siegesdenkmal)
Zumindest hat die Debatte dazu geführt, dass das Endinger Siegesdenkmal an seiner bisherigen Stelle bleibt. Die Peinlichkeit einer Umsetzung in die Innenstadt bleibt der Stadt erspart. Leider wurde diese inhaltlich notwendige Debatte nicht im Endinger Stadtrat geführt.
Kriegerdenkmäler 1864, 1866 und 1870/71 / Ein Auszug aus Wikipedia
Viele Kriegerdenkmäler nach den Einigungskriegen 1864, 1866 und 1870/71 (Deutsch-Französischer Krieg) haben weniger die Ehrung der Gefallenen, als vielmehr aller (auch der überlebenden) Kriegsteilnehmer zum Inhalt. Nach der Reichsgründung und dem gewonnenen Deutsch-Französischen Krieg werden die mit den Ehrenmalen bedachten Soldaten häufig in den Inschriften als „siegreiche Helden“ bezeichnet. Orte, die Kriegsteilnehmer entsandt hatten, gedachten ihrer Veteranen und Gefallenen häufig mit Denkmälern an zentralen öffentlichen Orten, beispielsweise am Rathaus, am Schulhaus, auf dem Marktplatz, im Stadtgarten usw. Die Denkmale wurden von Kriegervereinen und den Gemeinden gestiftet.
Dem damaligen nationalen Selbstverständnis zufolge zieren solche Ehrenmale oft die Nike (gr.) bzw. Victoria (lat), Germania, oder Adler mit ausgebreiteten Schwingen, auch der Obelisk als uraltes Siegeszeichen ist häufig anzutreffen. Reine Toten-Ehrenmale weisen oft übertrieben schmuckvolle Sarkophag-, Aufbahrungs- oder Urnen-Darstellungen auf, die einem Staatsbegräbnis gerecht würden, aber nichts mit der tatsächlichen Beisetzungssituation zu tun haben. Die Darstellung soldatischer Figuren geschah auf den Ehrenmalen 1870/71 nur sehr selten.
Der Aufstellung von Denkmälern kam ein Gesetz von 1890 entgegen, das die Befugnis zur Errichtung von Denkmälern auf die Gemeinden übertrug. Ab dann wurden zahlreiche neue Ehrenmale für 1870/71 errichtet, insbesondere zu Jahrestagen des Sieges über Frankreich (Sedantag), wie dem 25sten Jubiläum 1896 oder dem 40sten Jubiläum 1911. Die Industrialisierung hatte inzwischen viele Gemeinden zu Geld kommen lassen, die überlebenden Veteranen waren nun im gesetzten Alter und setzten sich hiermit oft auch selbst ein Denkmal. Gleichzeitig sind viele nach 1900 errichtete Denkmäler für 1870/71 auch Zeichen der Militarisierung, die die Gesellschaft unter Kaiser Wilhelm II. erfuhr.
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Axel Mayer (Alt-) Kreisrat
Kreistag im Landkreis Emmendingen: Ein kleiner, auszugsweiser Überblick über 32 Jahre Tätigkeit von Kreisrat Axel Mayer im Kreistag im Landkreis Emmendingen
Immer wieder gehe und fahre ich
durch diesen, an vielen Stellen immer noch schönen Landkreis Emmendingen. Ich kenne die sanften Kuppen des Kaiserstuhls, die steilen Wege auf unseren Hausberg, den Kandel, den Rheinwalddschungel des Wyhler Waldes. Die Dörfer, Städte und Gemeinden im Breisgau, insbesondere Teningen, Riegel und Endingen, sind meine Heimat. Ich vermisse die verloren gehende Stimme der ins Blau aufsteigenden Lerche. Immer öfter sehe ich auch neue Wunden, neue Schneisen der Zerstörung, Heimatverlust, Naturverlust, Kulturverlust, Artensterben, Bauernsterben, Dorfwirtschaftssterben, Verlust an Vielfalt … Aktuell leidet der Wald (nicht nur) im Landkreis unter einem extremen Waldsterben und der zunehmende Egoismus der Ichlinge zeigt sich in der Vermüllung der Landschaft und in der Verlärmung unserer Schwarzwaldtäler und Gemeinden.
Entlang der Bundesstraße 3 entsteht ein durchgängig-hässlicher Siedlungsbrei. Zwischen Offenburg und Freiburg gibt es noch einen minimalen Freiraum von 17,7 km und bandartig-hässliche Siedlungsstrukturen von 50,3 km. Hochstammbäume, Hecken, Insekten, Vögel und bezaubernde landschaftliche Vielfalt werden immer schneller dem (Alb-)Traum der großen globalen Agrarfabrik und der Globalisierung geopfert. Der Verkehrslärm im Transit-Landkreis Emmendingen nimmt zu. Das "Autobahnkreuz" an der B3 bei Denzlingen ist eines von vielen Beispielen für einen rückwärtsgewandten, zerstörerischen Fortschrittsglauben. Zerstörung bedeutet immer auch Kulturverlust und Innenweltverschmutzung. Heimat zerrinnt zwischen den Fingern. Und ich wundere mich, warum niemand schreit.
Einige Anfragen und Themen von (Alt-) Kreisrat Axel Mayer im Kreistag Emmendingen
Es gibt investigativen Journalismus. Und es gibt auch den Versuch von investigativer Regionalpolitik. So eine Auflistung beschreibt allerdings nur die Rosinen im Teig der manchmal mühsamen Kreistagsarbeit
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Dank
Ohne das gute, bunt gemischte, kreative Team der GRÜNEN Kreistagsfraktion im Landkreis Emmendingen wäre diese Arbeit nicht möglich und nicht erträglich. Mein Dank geht aber auch an das verstorbene, ehemalige Mitglied des Bundestages Hans-Christian Ströbele. Seine Arbeit und sein unabhängiger, freier Geist hat mir manchmal geholfen, die GRÜNE Partei zu ertragen.
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