Volksbegehren Artenschutz, Artenvielfalt & Bienen in Baden-Württemberg / Akzeptabler Kompromiss!


Veröffentlicht am 18.12.2019 in der Kategorie Natur & Naturschutz von Axel Mayer

Volksbegehren Artenschutz, Artenvielfalt & Bienen in Baden-Württemberg / Bienen, Bauern, CDU, Bayer & Monsanto



Akzeptabler Kompromiss!


Was haben wir gemeinsam erreicht?

In unserem ursprünglichen Gesetzentwurf haben wir gefordert:
  • 50 Prozent weniger mit Pestiziden belastete Flächen im Land bis 2025
  • Ausbau der Öko-Landwirtschaft auf 50 Prozent der Flächen bis 2035
  • Verbot von Pestiziden in allen Schutzgebieten mit Ausnahmen für nicht artengefährdende Pestizide
  • Schutz der Streuobstbestände
  • Stärkung des Biotopverbundes


Im Konsens-Gesetzentwurf steht nun:
*40 bis 50 Prozent weniger chemisch-synthetische Pestizide bis 2030
*Ausbau der Öko-Landwirtschaft auf 30 bis 40 Prozent der Flächen bis 2030
*Verbot aller Pestizide in Naturschutzgebieten. Verpflichtung zum Integrierten Pflanzenschutz in allen anderen Schutzgebieten
*Schutz der Streuobstbestände
*Bis 2030 Ausbau des Biotopverbundes auf 15 Prozent der Landesfläche
*Verbot von Pestiziden für Privatgärtner*innen
*Mindestens 62 Millionen Euro jetzt garantiert zusätzlich zusätzlich vom Land in den nächsten zwei Jahren für den Artenschutz


Die aktuelle Bauern-Kampagne mit grünen Kreuzen, Mahnfeuern & Bauerndemos hat die Zielrichtung: "Rettet die Bauern durch ein Ja zu Agrargiften, Glyphosat und Massentierhaltung". Die tatsächliche Not der kleinen und mittleren Landwirtschaft hat andere Ursachen und sie wird von Lobbyisten gerade gezielt missbraucht. Die Ausrichtung der Kampagne nützt den Agrochemiekonzernen und den giftdominierten Agrarfabriken und schadet Mensch, Natur, Grundwasser und Umwelt und sie schadet auch den letzten kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland. Agrarfabriken brauchen keine Bauern sondern "Fachangestellte". Gemeinsam Lösungen finden die Artenvielfalt, aber auch die Vielfalt echter bäuerlicher Betriebe erhält, wäre eine gemeinsame Aufgabe für Umweltverbände und Landwirtschaft.
Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer


Aktuell:


Das Volksbegehren Artenschutz „Rettet die Bienen“ hat in den vergangen Wochen endlich etwas bewegt, nachdem wir in den letzten Jahrzehnten immer nur Stillstand hatten. (Wie wir am Artensterben und am nitratbelasteten Grundwasser deutlich sehen) Noch nie haben so viele Menschen diskutiert, wie wir das Artensterben bremsen können. Nie wurde politisch mehr um Lösungen für diese große ökologische Misere gerungen. Dabei haben viele von Ihnen und euch mitgewirkt.

Nun haben wir uns in der Breite unseres Trägerkreises, zu dem proBiene, BUND, NABU, Demeter, Naturland, Slowfood, ÖDP, Fridays for Future, Arbeitgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch-Hall, GLS-Bank, Naturata und Waschbär gehören, entschieden, die Mobilisierung vorerst und vermutlich bis Mitte Dezember nicht aktiv weiter zu treiben. Das Volksbegehren ist damit nicht zu Ende, es ruht.

Wie es weitergeht ist auch von der Politik in Baden-Württemberg abhängig. Angesichts der regionalen und globalen Artenausrottung werden wir grüngestrichenen Stillstand nicht akzeptieren.
Informieren Sie sich dennoch unten im Text!




Frage:


Welche politische Farbe hatten die Mehrzahl der Bundes-Landwirtschaftsminister, als bundesweit innerhalb der letzten 17 Jahre 42 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe starben? Und welche politische Farbe haben die Parteien, die aktuell für einen ungeregelten Freihandel die Landwirtschaft bedingungslos opfern?



Warum solltest Du das Volksbegehren Artenschutz in Baden-Württemberg unterschreiben?


  • Weil wir in einer Zeit massiver globaler und regionaler Artenausrottung leben
  • Weil in Deutschland & in Baden-Württemberg die Masse der Insekten teilweise um über 75% abgenommen hat
  • Weil das Insektensterben eine der Hauptursachen für Vogelsterben und Fledermaussterben ist
  • Weil die Fernwirkung der Agrargifte auch die Insekten in den großen Naturschutzgebieten, naturnahen Gärten und Ackerrandstreifen tötet
  • Weil die immer noch giftdominierte Landwirtschaft die Hauptursache der globalen und regionalen Insekten- und Artenausrottung ist
  • Weil Bayer/Monsanto, Syngenta, Gen-Lobby & Co. ihre Profitinteressen durch das Volksbegehren massiv gefährdet sehen. Sie treten im Abstimmungskampf psychologisch geschickt nicht selber auf sondern schicken gezielt die "kleinen Bauern & Landfrauen" vor
  • Weil es mehr als peinlich ist, wenn Landwirte bundesweitmit "Grünen Kreuzen" für Agrargifte & Glyphosat demonstrieren
  • Weil nicht nur Insekten & Arten sondern auch kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe vom Aussterben bedroht sind
  • Weil unter CDU- & CSU-Landwirtschaftsministern, politisch gewollt, seit 1949 in Baden-Württemberg 75 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe verschwunden sind. Bundesweit gab es einen Rückgang von 42 Prozent innerhalb der letzten 17 Jahre
  • Weil die politisch Verantwortlichen für das Bauersterben sich gerade als Bauernretter aufspielen
  • Weil "regierende GRÜNE" häufig erschrecken, wenn Menschen Dinge konkret umsetzen wollen, welche die Partei theoretisch schon seit Jahrzehnten fordert
  • Weil perfekt organisierte Einschüchterungs-Kampagnen gegen Insektenfreunde überall im Land laufen. (Vermutlich nicht nur) der Kreisbauerverband Tettnag hat eine Liste von Befürwortern und Unterstützern des Volksbegehrens an seine 1.000 Mitglieder versandt – mit Privatadresse und Telefonnummer.
  • Weil beim Verbot des extrem umweltvergiftenden Insektizids DDT schon einmal ähnliche Angst-Kampagnen liefen wie heute. DDT wurde verboten und (nicht nur) die durch DDT extrem gefährdeten Greifvögel gerettet. Und Landwirtschaft gibt´s dennoch immer noch.
  • Weil die Medien in Baden-Württemberg schon vor der letzten Volksabstimmung (Stuttgart 21) zumeist "auf der falschen Seite" standen und daraus scheinbar wenig gelernt haben
  • Weil wir das Nitrat-Grundwasserproblem seit über vier Jahrzehnten diskutieren und alte Seilschaften dafür gesorgt haben, dass es fast keine Fortschritte beim Grundwasserschutz gibt
  • Weil selbstverständlich auch zukünftig Wein- und Obstbau in ganz Baden-Württemberg möglich sein wird
  • Weil ein Weitermachen wie bisher nicht nur die Artenvielfalt zerstört. Es bringt auch das politisch gewollte kurz- und mittelfristige Ende aller kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe
  • Weil Pflanzenschutzmittel, welche die Artenvielfalt nicht gefährden und viele gängige Mittel des ökologischen Landbaus weiterhin auch in Schutzgebieten zugelassen werden
  • Weil das Volksbegehren den Traum von der ständig wuchernden, großen, globalen, giftdominierten Agrarfabrik stört, den Bayer, Hoechst, Monsanto, Syngenta, Genlobby & CDU, CSU, FDP & Bauernverbände träumen
  • Weil die aktuelle, aggressive Kampagne "Schützt die Bauern durch ein Ja zum Gift" von Herrn Minister Hauk und vom Bauernverband die zukünftig notwendigen Kompromisse behindert
  • Weil nicht das Volksbegehren die Landwirtschaft gefährdet, sondern weil die Landwirtschaft auf dem Altar eines nicht umwelt- und menschengerechten Freihandels (aktuell Mercosur) geopfert wird
  • Weil Umweltverbände und Bauern gemeinsam für biologische Vielfalt, für eine EU-Agrarpolitik die nicht nur Agrarfabriken bedient, gegen den Flächenverbrauch und für das Überleben der kleinen und mittleren Betriebe in Baden-Württemberg kämpfen sollten

Es wäre schön, wenn Ihr diesen Text über Eure (un)Sozialen-Netzwerke verbreiten würdet...



Dein Banner beim Klimastreik am 20.Sept!
Schmetterlingssterben / Insektensterben / Artensterben / Volksbegehren

Ein ähnliches Grafikmotiv gibt´s als kleines Banner für Demo, Klima Streik, Volksbegehren & Balkon für 10 nur Euro
im BUND-Laden.

Was jetzt schon massiv anläuft ist die gut organisierte PR-Kampagne gegen das Volksbegehren
Das Volksbegehren greift die finanziellen Interessen der großen Agrochemie-Konzerne massiv an. Es stört den Traum der Politik und der Konzerne von der ständig wuchernden, großen, globalen Agrarfabrik.
Noch vor wenigen Jahrzehnten wurden solche Konflikte direkt zwischen Umweltbewegung und Konzernen ausgetragen, doch die PR-Strategien haben sich geändert. Heute schieben Bayer, Höchst & Co. industriegelenkte Initiativen, Stiftungen und Kleinbauern vor, um im großen Streit nicht selber öffentlich in Erscheinung zu treten. Ängste werden geschürt und einzelne Landwirte und Öko-KritikerInnen des Volksbegehrens gezielt in die PR-Kampagnen eingebaut. Das Volksbegehren weckt "gut organisierte" aber auch durchaus nachvollziehbare Sorgen in der von allen Seiten massiv bedrängten Landwirtschaft. Hier gibt es eine "Bringschuld" der Initiatoren des Begehrens, diese Sorgen ernst zu nehmen. Die Debatte um das Volksbegehren sollte genutzt werden um die dringend notwendige Debatte zwischen Umweltbewegung und Landwirtschaft zu intensivieren, und nicht um Gräben aufzureißen. Wir dürfen nicht nur auf Baden-Württemberg schauen. In Brüssel wird über Milliardensubventionen für die Landwirtschaft entschieden. Mit diesem Geld könnten Bauern und Bienen gerettet werden.

Was unsere Landwirtschaft wirklich gefährdet ist nicht etwa das Volksbegehren Artenvielfalt sondern das Mercosur-Freihandelsabkommens zwischen der EU und Lateinamerika. Hier wird unsere Landwirtschaft auf dem globalisierten Markt geopfert und Brasiliens wirtschaftsliberal-rechtspopulistischer Präsident Jair Bolsonaro entzündet wegen des Abkommens gerade überall in Amazonien Freudenfeuer...


In Baden-Württemberg wurde am 19. Mai 2019, ähnlich wie in Bayern, ein Volksbegehren unter dem Motto „Rettet die Bienen!“ gestartet. Nicht nur in Bayern nimmt das Artensterben dramatische Ausmaße an. Der Rückgang von landwirtschaftlichen Betrieben, Bienen, Schmetterlingen, Amphibien, Reptilien, Fischen, Vögeln, Kleinsäugern und Wildkräutern ist auch in Baden-Württemberg alarmierend. Bayern hat gezeigt, dass Bürgerinnen und Bürger einen Wandel im Umgang mit unserer Lebensgrundlage wollen und dafür Verantwortung übernehmen.

Am 26. Juli 2019 wurden der Antrag auf das Volksbegehren Artenschutz - “Rettet die Bienen” und die erforderlichen Unterschriften dafür beim Innenministerium eingereicht. Wir danken allen Aktiven!
Die Unterschriftensammlung für das Volksbegehren Artenschutz in Baden-Württemberg wird am 24.9. starten.


Die erste (einfache!) Runde des Volksbegehren ist also abgeschlossen. Für diese Runde waren "nur" 10.000 Unterschriften nötig und wir haben schon 36.000 gesammelt. Nach der Prüfung des Volksbegehrens durch die Landesregierung kommt die viel schwierigere zweite Runde. Dann braucht es Eure Aktivitäten und mindestens 10 % an Unterschriften der Wahlberechtigten des Landtags, also ca. 770.000 Unterschriften!!!
Da kommt viel Arbeit auf Euch und uns zu und die gut organisierten Angstkampagnen der Agrochemie-Lobby laufen an. Gezielt treten die Konzerne aber nicht in Erscheinung, sondern schicken "die Kleinen vor" um Stimmung zu machen.



Organisiert wird die Grüne Kreuz-Kampagne von „Bauer Willi“
"Der als unabhängiger Landwirt bekannte Blogger „Bauer Willi“ ist in Wirklichkeit Teil der Agrarchemiebranche. Wilhelm Kremer-Schillings fungiert laut Firmenangaben als Vize-Vorstandschef der Buir-Bliesheimer Agrargenossenschaft, die auch in erheblichem Umfang mit Pestiziden und Düngern handelt.
Vor seiner Zeit als Blogger war er als Projektmanager in der Chemiesparte des damaligen Schering-Konzerns zuständig für den vermutlich krebserregenden Unkrautvernichter Betanal, wie er der taz mitteilte. Bis zu seiner Pensionierung 2014 arbeitete er beim Zuckerhersteller Pfeifer & Langen, wo er Landwirten zu Pestiziden riet. Auf seiner Internetseite „Zur Person“ und in der Autorenbiografie seines Buches „Sauerei!“ fehlen diese Angaben."
Quelle:Die TAZ


Auch diese Mitwelt-Initiative unterstützt "Hoffnungsfroh - Illusionslos" das Volksbegehren "Artenschutz - Rettet die Bienen“ in Baden-Württemberg.

  • Hoffnungsfroh, weil das bayrische Volksbegehren die Politik aufgerüttelt hat.
  • Illusionslos, wegen der Dimension des Artensterbens


Die Unterschriftenlisten für die "zweite Runde" des Volksbegehrens gibt es vermutlich ab Mitte Ende Sept. 2019 auch beim BUND-Regionalverband in Freiburg und bei vielen regionalen BUND-Gruppen.

Das Volksbegehren und Ihre Unterschrift in der zweiten Runde im Herbst 2019 sind wichtig!
Sie werden das Artensterben allerdings nur verlangsamen. Schon dies ist in dieser Zeit des globalen Artensterbens ein Fortschritt.


Insektensterben, Bauernsterben & Volksbegehren Artenschutz


Insektensterben
Das Wissenschaftsjournal PLOS ONE veröffentlichte 2017 die Studie „More than 75 percent decline over 27 years in total flying insect biomass in protected areas“. Diese bestätigt die massive Insektenausrottung in Deutschland. Zahlreiche ehrenamtliche Entomologen hatten wissenschaftliche Daten zwischen 1989 und 2015 an über 60 Standorten gesammelt und die Ergebnisse sind mehr als erschreckend. Sie müssen auch im Zusammenhang mit dem bedrohlichen globalen Artensterben gesehen werden.

Bauernsterben
Seit 1949 sind in Baden-Württemberg 75 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe aus der Land- und Forstwirtschaft verschwunden. Bundesweit gab es einen Rückgang von 196.568 Betrieben oder 42 Prozent innerhalb der letzten 17 Jahren. Und mit den kleinen und mittleren Betrieben sterben auf größer werdenden Äckern auch Bäume, Hecken, Insekten, Vögel und jede Art von biologischer Vielfalt. Die Landwirtschaft in Baden-Württemberg konkurriert auf einem weltweiten Agrarmarkt im Rahmen der Globalisierung und des Freihandels mit Ländern wie Kanada. Unsere in kleinen Teilen immer noch erfreulich kleinräumige Landwirtschaft (insbesondere in Südbaden) verkauft teilweise auf dem gleichen Markt wie die giftdominierte großindustrielle Landwirtschaft in den USA. Auch in Nord- und Ostdeutschland dominiert eine politisch gewollte, industrielle, massiv umweltzerstörende Landwirtschaft. Wir sind auf dem Weg zur großen, globalen Agrarfabrik mit Gift und Gentechnik und gefährden Mensch und Natur. Wenn nur noch der Preis und der „freie Markt“ zählen, wenn eine verfehlte EU-Agrarpolitik nur die großindustrielle Landwirtschaft und Agrarfabriken unterstützt, wenn die Bauernverbände in Baden-Württemberg diese Zusammenhänge nicht erkennen wollen, dann haben Insekten, Vögel, Hecken, Grundwasser, aber auch die Mehrzahl der Landwirte in Baden-Württemberg selbst keine Chancen.

Die Naturschutzbewegung und das Volksbegehren sind nicht die Feinde der Landwirtschaft, sondern potentiell Verbündete einer insektenfreundlichen, grundwasserfreundlichen, naturnäheren, giftärmeren, nachhaltigen und somit auch moderneren und zukunftsorientierten Landwirtschaft. Wir müssen den Wachstumswahn brechen und die Globalisierung menschengerecht und nachhaltig gestalten. Dazu braucht es nicht nur ein Volksbegehren, sondern eine andere Agrar- und Subventionspolitik als die von CDU, CSU, FDP und der Europäischen Kommission. Und die Landwirtschaft braucht endlich auch gute Preise für gute, umweltschonend erzeugte Produkte.

Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer


Schmetterlingssterben, Insektensterben, Bienensterben & Ursachen (Kurzversion)
Ein internationales Forscherteam aus den Niederlanden, Großbritannien und Deutschland hat die dramatischen Befunde zum Insektenrückgang in Nordwestdeutschland in einer Studie bestätigt. Die Forscher stellten damit die Beobachtungen des Entomologischen Vereins Krefeld auf eine wissenschaftlich abgesicherte Basis. So ist mit den Biomasseverlusten bei Fluginsekten von 76 bis 81 Prozent seit den 1990er Jahren ein klarer Negativ-Trend erkennbar. Insgesamt wurden in einem Zeitraum von 27 Jahren 63 Standorte in Schutzgebieten unterschiedlichster Lebensräume des Offenlandes überwiegend in Nordwestdeutschland untersucht, wobei der Rückgang überwiegend im Flachland festgestellt wurde.

Die Ursachen des massiven Schmetterlingssterbens und Insektensterbens sind vielfältig.
Es gibt Hauptgründe und Nebengründe für den massiven Rückgang der Arten und es gibt ein massives ökonomisches Interesse der Agrochemielobby und ihrer PR-Agenturen dieses Thema bei der Abstimmung in Baden-Württemberg gezielt nur in den kleinen Nischen und Randbereichen zu diskutieren.

Die Hauptursache für das Sterben von Insekten wie Schmetterlingen und Bienen ist die industrielle Landwirtschaft mit ihren Giften (Neonicotinoide...), Herbiziden (Glyphosat...), Überdüngung und die „pflegeleichte“ ausgeräumte, monotone Agrar-Landschaft. Ein besonders bedrückendes Phänomen ist die Fernwirkung der Gifte und Düngemittel selbst in weit entfernte Naturschutzgebiete.
Zu den weiteren Ursachen des Rückgangs zählen Biotopverluste bei Pflanzen aufgrund erhöhten Stickstoffgehalts im Boden. Aus zweimal gemähten artenreichen Wiesen wurden stark gedüngte artenarme Produktionsflächen für Biogasanlagen und Hochleistungskühe. Die Giftorgien in Privatgärten, aktuell bei der Bekämpfung des Buchsbaumzünslers, dürfen bei der Ursachenanalyse nicht außer Acht gelassen werden. Als weitere mögliche Ursachen gelten Klimawandel, Flächenverbrauch und Bebauung, der zunehmend beschleunigte Verkehr, Lichtverschmutzung und die massenhafte Tötung von Insekten an Lichtquellen.
Mehr Infos zum Insektensterben

Was jetzt langsam anläuft ist ein Propaganda-Krieg gegen das Volksbegehren Volksbegehren Artenvielfalt
Unser Volksbegehren greift die finanziellen Interessen der großen Agro-Chemie-Konzerne massiv an. Mit Neonicotinoiden, Glyphosat und anderen Giften machen Konzerne wie Bayer und Syngenta satte Gewinne und das Volksbegehren Artenvielfalt gefährdet diese Gewinne massiv. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis die PR-Abteilungen der Agrochemie-Multis und die Bauernverbände zur Gegenoffensive blasen. Noch vor wenigen Jahrzehnten wurden solche Konflikte direkt zwischen Umweltbewegung und Konzernen ausgetragen, doch die PR-Strategien haben sich geändert. Heute schieben Bayer, Höchst & Co. Bauernverbände, industriegelenkte Initiativen, Stiftungen und Kleinbauern vor, um im großen Streit nicht selber öffentlich in Erscheinung zu treten. Dies führt leider häufig dazu, dass die Landwirte stellvertretend für die Industrie den Ärger bekommen.

Volksbegehren, Insektensterben & Bauernsterben
Seit 1949 sind in Baden-Württemberg 75 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe aus der Land- und Forstwirtschaft verschwunden. Bundesweit gab es einen Rückgang von 196.568 Betrieben, das sind 42 Prozent innerhalb von nur 17 Jahren. Und mit den kleinen und mittleren Betrieben sterben auf größer werdenden Äckern auch Bäume, Hecken, Insekten, Vögel und jede Art von biologischer Vielfalt. Die Landwirtschaft in Baden-Württemberg konkurriert auf einem weltweiten Agrarmarkt im Rahmen der Globalisierung und des Freihandels mit Ländern wie Kanada. Unsere in kleinen Teilen immer noch erfreulich kleinräumige Landwirtschaft verkauft auf dem gleichen Markt wie die giftdominierte großindustrielle Landwirtschaft in den USA. Auch in Nord- und Ostdeutschland dominiert eine politisch gewollte, industrielle, massiv umweltzerstörende Landwirtschaft. Wenn nur noch der Preis und der „freie Markt“ zählen, wenn eine verfehlte EU-Agrarpolitik nur die großindustrielle Landwirtschaft und Agrarfabriken unterstützt, wenn die Bauernverbände in Baden-Württemberg diese Zusammenhänge nicht erkennen wollen, dann haben Insekten, Vögel, Hecken, Grundwasser, aber auch die Mehrzahl der Landwirte in Baden-Württemberg selber keine Chancen. Die Naturschutzbewegung und das Volksbegehren sind nicht die Feinde der Landwirtschaft, sondern potentiell Verbündete einer insektenfreundlichen, grundwasserfreundlichen, naturnäheren, giftärmeren, nachhaltigen und somit auch moderneren und zukunftsorientierten Landwirtschaft. Wir müssen den Wachstumswahn brechen und die Globalisierung menschengerecht und nachhaltig gestalten. Dazu braucht es nicht nur ein Volksbegehren, sondern eine andere Agrar- und Subventionspolitik als die von CDU, CSU, FDP und der Europäischen Kommission.

Die Forderungen des Volksbegehrens:


Den genauen Gesetzestext des Volksbegehrens finden Sie Hier

Der Ablauf des Volksbegehrens ist wie folgt:


Die Ursachen für das große globale und regionale Artensterben & Insektensterben


und für den Klimawandel sind vielfältig und doch lassen sie sich zu einem Bild zusammenfügen. Wir leben in einer Zeit der global organisierten Gier und einer Endzeit exponentiellen wirtschaftlichen Wachstums im begrenzten System Erde und verwandeln die vielfältige Welt in eine große einheitliche Fabrik. In eine Agrar-Fabrik, eine Fabrik-Fabrik, eine Konsum-Fabrik und eine Wohn-Fabrik, in der zunehmend übersättigte Menschen immer unzufriedener werden. Wir zerstören die Erde für dummen Überkonsum und der Rest der Welt will genauso verschwenderisch leben wie wir. Die meisten der angebotenen Problemlösungsansätze von Politik und Medien sind "putzig" angesichts der Dimension der Probleme. In Friedenszeiten werden in Deutschland die Rüstungsausgaben auf 85 Milliarden Euro (85.000.000.000) verdoppelt und die Überlebensausgaben (Artensterben, Klimakatastrophe) werden vernachlässigt.

Aktueller Einschub vom 6.5.19:
Uno-Bericht Eine Million Arten vom Aussterben bedroht

Ziel der UN - IPBES-Studie war es, eine solide wissenschaftliche Grundlage zu schaffen, auf der knapp 200 Regierungen in den kommenden eineinhalb Jahren über ein neues Uno-Rahmenabkommen zur Bewahrung der biologischen Vielfalt verhandeln. Das Abkommen soll, falls es zustande kommt, im Oktober 2020 beim Weltnaturschutzgipfel im chinesischen Kunming beschlossen werden.

Hier einige der verheerenden Aussagen des UN-Berichts:
  • 85 Prozent der Feuchtgebiete sind bereits zerstört
  • Seit dem späten 19. Jahrhundert sind rund die Hälfte aller Korallenriffe verschwunden
  • Neun Prozent aller Nutztierrassen sind ausgestorben
  • Zwischen 1980 und dem Jahr 2000 wurden 100 Millionen Hektar tropischer Regenwald abgeholzt - weitere 32 Millionen Hektar allein zwischen 2010 und 2015
  • 23 Prozent der Landfläche des Planeten gelten als ökologisch heruntergewirtschaftet und können nicht mehr genutzt werden
  • Der Verlust von Bestäuberinsekten bedroht Nahrungsmittelproduktion im Wert von 235 bis 577 Milliarden Dollar pro Jahr
  • Durch die Zerstörung von Küstengebieten wie Mangrovenwäldern ist die Lebensgrundlage von bis zu 300 Millionen Menschen gefährdet
  • Allein die vom Menschen verursachte Erderhitzung könnte rund fünf Prozent der Arten auslöschen, wenn der Schwellenwert von zwei Grad Celsius globaler Temperaturerhöhung überschritten werde
  • Die globale Rate des Artensterbens ist mindestens um den Faktor zehn bis Hunderte Male höher als im Durchschnitt der vergangenen zehn Millionen Jahre, und sie wächst


Häufig gestellte Fragen zum Volksbegehren Artenschutz in Baden-Württemberg


Warum ist ein Volksbegehren nötig?
Die Landesregierung verspricht den Erhalt der Artenvielfalt und hat auch schon einiges unternommen. Das reicht aber nicht. Denn das Artensterben geht bislang ungebremst weiter. Richtig verbindlich werden Biene und Co. im Ländle erst geschützt, wenn Gesetze dafür sorgen. Das Volksbegehren ist der sicherste Weg, dass dies passiert.

Wer darf das Volksbegehren unterstützen?
Mitunterzeichnen können alle Wahlberechtigten zur Landtagswahl. Also deutsche Staatsbürger/innen, die mindestens 18 Jahre alt sind und einen Wohnsitz in Baden-Württemberg haben.

Reicht es, wenn ich ein Mal unterschreibe?
Wenn Sie in der ersten Phase des Volksbegehrens unterschrieben haben, haben Sie dazu beigetragen, dass wir das Volksbegehren beantragen durften. 10.000 Unterschriften waren dazu notwendig, gesammelt haben wir über 35.000 Unnterschriften. Das zeigt die große Zustimmung in der Bevölkerung zum Artenschutz und für kleinteilige biologische Landwirtschaft. Am 24. September 2019 startet die zweite Phase, das eigentliche Volksbegehren. Dann brauchen wir mindestens 770.000 Unterschriften, das entspricht 10 Prozent der Wahlberechtigten. Die Unterschriften aus der ersten Phase zählen hier nicht dazu.

Muss ich zur Gemeinde gehen und meine Wahlberechtigung auf dem Formblatt bestätigen lassen?
Es entlastet Pro Biene, wenn man dies selber macht. Doch die Initiatoren sammeln auch die nicht bestätigten Unterschriften und kümmert sich dann selbst um eine Bestätigung.

Warum drängt die Rettung der Bienen?
In Baden-Württemberg ist mehr als die Hälfte der 460 Wildbienenarten vom Aussterben bedroht. Weltweit sind laut des Weltbiodiversitätsrats etwa eine Million Arten bedroht. Das ist nicht nur ökologisch sondern auch wirtschaftlich ein Desaster: Der jährliche Wert ihrer Bestäubungsleistungen wird weltweit auf 224 Millarden Dollar geschätzt. Das Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gibt an, dass von den mehr als 100 Feldfruchtarten, die zu 90 Prozent die Lebensgrundlage der Menschen sind, 71 Prozent von Bienen bestäubt werden.

Zudem die Artenvielfalt ist das Immunsystem unseres Planeten. Je weniger Arten es gibt, desto anfälliger ist die Welt für Seuchen, Dürren oder Ernährungsengpässe. Das zeigt beispielsweise eine 2010 im Magazin Nature veröffentlichte Studie, die einen direkten Zusammenhang zwischen Artenvielfalt und dem Risiko der Ausbreitung von Infektionskrankheiten nachgewiesen hat . (Keesing, F. Nature 468, 647-652 (2010))

Es hat aber doch schon immer Artenverluste gegeben. Ist das Artensterben wirklich so gravierend?
Der natürliche Rückgang der Artenvielfalt beträgt 0,1 bis ein pro eine Millionen Arten für Meerstiere und 0,2 bis 0,5 bei Säugetieren. Durch menschliche Einwirkungen wurde diese Rate um den Faktor 100 bis 1000 erhöht.

Richtet sich das Volksbegehren gegen die Landwirte?
Natürlich nicht! Der Gesetzentwurf gibt kein Mikromanagement vor, wie Landwirte einzelne Parzellen zu bewirtschaften haben. Wir fordern auch kein pauschales Komplettverbot von Pestiziden und zwingen auch niemandem eine konkrete Bewirtschaftungsform auf (außer den Geschäftsführern von Staatsflächen).
Stattdessen gibt das Volksbegehren Ziele vor, über deren konkrete Erreichung und Umsetzung die Politik und Verwaltung im parlamentarischen Diskurs beraten und bestimmen kann. Dass sich das Volksbegehren nicht gegen Landwirte richtet, sieht man auch daran, dass Verbände, die eine hohe vierstellige Zahl an Landwirte in Baden-Württemberg vertreten, uns unterstützen. Und zwar nicht “nur” ökologische Landwirtschaftsverbände.

Woher haben Sie Belege, dass die Landwirtschaft wirklich eine Ursache für das Insektensterben ist?
Das Thünen-Institut stellt zum Beispiel einen engen Zusammenhang zwischen Bewirtschaftungsform und Artenvielfalt her: “Dass sich der Ökolandbau positiv auf die Biodiversität auswirkt, ist für die untersuchten Artengruppen eindeutig belegbar (z.B. mittlere Artenzahlen der Ackerflora um 95 Prozent, der Feldvögel um 35 Prozent und der blütenbesuchenden Insekten um 23 Prozent erhöht). Zu berücksichtigen ist, dass die Landschaftsstruktur einen erheblichen Einfluss auf die Artenvielfalt – insbesondere bei der Fauna – hat und diese die Effekte der Landnutzung stark überlagern können.” Thünen Report 65

Ist künftig jeglicher Pflanzenschutz verboten?
Der Artikel in unserem Gesetzentwurf bezieht sich auf besonders geschützte Gebiete. Uns ist bewusst, dass Pflanzenschutz in vielen Fällen nötig ist, um Flächen bewirtschaften zu können. Es gilt auch: Wenn Flächen als besonders geschützte und zu schützende Gebiete ausgewiesen sind, dann sollten sie auch besonders geschützt sein.

Bereits jetzt verbietet das Naturschutzgesetz die Anwendung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln und Bioziden (im Landesnaturschutzgesetz zusammengefasst als „Pestizide“ benannt) in Naturschutzgebieten, den Kern- und Pflegezonen von Biosphärengebieten und bei Naturdenkmälern, jedoch nur außerhalb von intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen. Künftig gilt dieses Verbot auch für Natura-2000-Gebiete und bestimmte modernere Kategorien von Landschaftsschutzgebieten.

Der Einsatz von Pestiziden ist in diesen Gebieten bisher schon nur über eine Ausnahmeregelung für intensive Landwirtschaft möglich. Diese Ausnahmeregelung wollen wir streichen. Gleichzeitig führen wir eine besser formulierte Ausnahmeregelung ein, die dem Schutz der Artenvielfalt dient. Die Ausnahmeregelung im Gesetzentwurf des Volksbegehrens ist so formuliert, dass Pflanzenschutzmittel, die die Artenvielfalt nicht gefährden, weiter zugelassen sein können. Viele gängige Mittel des ökologischen Landbaus werden somit weiter möglich sein.

Die Ausnahmen bedeuten eine Ermächtigung für die Landratsämter (im Einzelfall) und für die Regierungspräsidien (generell), die Anwendung von (bestimmten) Pflanzenschutzmitteln in diesen Schutzgebieten generell zuzulassen, wenn die Artenvielfalt dadurch nicht gefährdet wird. Landwirte mit Flächen in solchen Schutzgebieten, die nach 2020 Pflanzenschutzmittel oder Biozide benötigen, müssen entweder einen Einzelantrag bei der Unteren Naturschutzbehörde stellen, die dem unter bestimmten Voraussetzungen entsprechen kann. Alternativ können die Regierungspräsidien die Anwendung bestimmter Mittel unter bestimmten Voraussetzungen gestatten, wenn eine Gefährdung der Artenvielfalt nicht zu befürchten ist. Darüber hinaus dient jedes besonders geschützte Gebiet ja einem bestimmten Schutzzweck. Beinhaltet dieser Schutzzweck nicht die Bewahrung der Artenvielfalt, trifft die Änderung in unserem Gesetzentwurf nicht zu.

Es gibt doch gar keine Zahlen zu konkreten Pestizidmengen. Wie kommen wir dann auf unser Reduktionsziel?
Deswegen ist die Forderung des Volksbegehrens konkreter formuliert: Die Landesregierung wird verpflichtet, bis Anfang 2022 einen verbindlichen Plan vorzulegen, wie bis 2025 der Flächenanteil an ausgebrachten Pestiziden in Baden-Württemberg halbiert wird. Zudem fordert das Volksbegehren ein regelmäßiges, öffentlich nachvollziehbares Monitoring. Wir gehen das Thema über den Flächenanteil an, nicht über die ausgebrachte Menge.

Zum Punkt der Datenherkunft: Der NABU hat in seinem „Pestizidbericht für Baden-Württemberg“ Daten, die das Julius-Kühn-Institut (JKI) auf Bundesebene erhebt, auf Baden-Württemberg angewandt. Dem JKI liegen für die wichtigsten landwirtschaftlichen Kulturen Durchschnittswerte von mehr als 1.300 Testbetrieben aus ganz Deutschland vor. Diese Daten wurden auf die Anbaufläche der jeweiligen landwirtschaftlichen Kultur in Baden-Württemberg übertragen. Diese Daten decken laut JKI etwa 70 Prozent des gesamten inländischen Pestizideinsatzes ab. Auf Grundlage von bundesweit ermittelten Durchschnittswerten wurde für die acht Kulturen Winterweizen, Winterraps, Wintergerste, Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln, Wein und Äpfel eine Menge von rund 2.300 Tonnen eingesetzten Pestiziden für Baden-Württemberg abgeleitet. Die Landwirtschaft in Baden-Württemberg hat damit einen Anteil von etwa 9 Prozent am Pestizideinsatz der gesamten Landwirtschaft in Deutschland.

Das sind drei Prozentpunkte mehr als der Anteil der Anbaufläche der untersuchten Kulturen in Baden-Württemberg. Die Daten beziehen sich auf das Jahr 2014.
Da das JKI neutral und als solches eigentlich auch von allen Akteuren in der Landwirtschaftspolitik anerkannt ist, werten wir dessen Zahlen als verlässliche Basis. Dennoch: Die Zahl basiert auf einer Stichprobenerhebung, nicht auf reellen Werten. Aber das ist ja ein übliches Verfahren. Dennoch zeigt der aus Mangel an öffentlichen Daten erzwungene Rückgriff auf die JKI-Erhebung, wie wichtig eine der zentralen Forderungen des Volksbegehrens ist:
Die Landesregierung muss ein jährliches, öffentlich zugängliches und verbindliches Pestizid-Monitoring einführen, bei dem auch die ausgebrachten Pestizidmengen erhoben werden.

Ich kann ohne Glyphosat meine Felder nicht bewirtschaften. Außerdem ist dessen Schädlichkeit nicht belegt. Warum wollt es dennoch verboten werden?
Der Gesetzentwurf des Volksbegehrens ist im Austausch mit fachlich versierten Praktiker/Innen zustande gekommen. Der Gesetzentwurf ist das Ergebnis eines Diskussionsprozesses, an dem auch Landwirte-Vertreter/innen beteiligt haben. Und wir freuen uns, dass Verbände und Organisationen, die eine deutlich vierstelle Zahl an Landwirte in Baden-Württemberg vertreten, das Volksbegehren unterstützen und damit die damit beabsichtigten Ziele als praxistauglich einstufen.
Dabei handelt es sich auch nicht „nur“ um Vertreter/innnen ökologisch arbeitender Betriebe, sondern auch um Organisationen, die konventionell wirtschaftende Betriebe vertreten, etwa die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft oder die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall.

Abgesehen davon, dass sich die Studien und Gerichtsurteile mehren, die die verheerende giftige Wirkung des Stoffes auf den Menschen aufgreifen, beziehen wir uns natürlich auch auf die wissenschaftlichen Belege, dass der Wirkstoff sich negativ auf die Artenvielfalt auswirkt.

Ich verweise etwa auf diese Studie von extrem unabhängigen Herausgebern.

Proceedings of the National Academy of Sciences oft he United States of America (PNAS) (2008) : Glyphosate perturbs the gut microbiota of hones bees, https://www.pnas.org/content/115/41/10305 oder diese
Bundesamt für Naturschutz (2018): Auswirkungen von Glyphosat auf die Biodvisersität. Positionspapier. https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/landwirtschaft/Dokumente/20180131_BfN-Papier_Glyphosat.pdf

Für uns ist das Grund, den Einsatz von diesen und vergleichbaren Wirkstoffe zu reduzieren.

Ist kein Rapsanbau mehr möglich, wenn die Pestizide reduziert werden sollen?
Es gibt keinen Grund für Panikmeldungen dieser Art. Der Gesetzentwurf schreibt kein Mikromanagement vor, wie Landwirte im Alltag einzelne Parzellen zu bewirtschaften haben. Und wir kein pauschales Komplettverbot von Pestiziden. Stattdessen wollen wir erreichen, dass der mit Pestiziden belastete Flächenanteil in Baden-Württemberg bis 2025 halbiert wird. Darüber hinaus glauben wir, dass auch ökologischer Rapsanbau funktioniert. Das ist eine Herausforderung, aber es gibt gelungene Beispiele, dass das funktioniert. Die Ölmühle Solling etwa arbeitet sehr erfolgreich mit Bio-Raps aus Deutschland. Und bis 2035 ist ja auch noch Zeit, um Methoden und Techniken der ökologischen Landwirtschaft so weiter zu entwickeln, dass auch komplexe Kulturen wie Raps zuverlässig ökologisch bewirtschaftet werden können.

Wieso greifen Sie in den Markt ein, indem Sie eine Bewirtschaftungsform fördern wollen, für die gar nicht die entsprechende Nachfrage da ist?
Der Markt ist im Bereich der Lebensmittelproduktion doch ohnehin schon an vielen Stellen außer Kraft gesetzt (und das ist nicht nur schlecht). Recht willkürlich strukturierte Subventionen verzerren gerade für konventionell wirtschaftende Betriebe ganz erheblich den Markt, und das seit Jahrzehnten. Zudem findet doch überhaupt keine marktgerechte Bepreisung von Produktionsfaktoren statt. Zudem ist es durchaus sinnvoll, dass die Politik über Rahmenbedingungen das Verhalten von Produzent/innen und Konsument/innen zu beeinflussen versucht.

Euer Gesetzentwurf macht gerade kleinbäuerlichen Betrieben das Überleben unmöglich. Wie sollen die die ganzen neuen Regeln bewältigen?
Zum einen wollen wir eine Agrarwende, die die kleinbäuerlichen Betriebe rettet. Ausgerechnet das Volksbegehren für deren Aufgeben verantwortlich zu machen, ist gewagt: Zum einen sind ökologische Betriebe im Schnitt kleiner strukturiert als nicht-ökologische. Zum anderen ist das Höfe-Sterben ja in vollem Gange.

Die bisherige Agrarpolitik hat dazu geführt, dass etwa in Baden-Württemberg die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in den vergangenen Jahren dramatisch zurückgegangen ist. Die Zahl der Betriebe, die weniger als fünf Hektar bewirtschafteten ist von 11.848 im Jahr 1999 auf 8.097 im Jahr 2010 und 6.440 im vergangenen Jahr gefallen. Die Zahl der Betriebe, die zwischen 5 und 50 Hektar bewirtschaften, fiel im gleichen Zeitraum von 41.632 auf 27.305 im Jahr 2010 und 24.060 im vergangenen Jahr. Dagegen stieg die Zahl der Höfe, die 200 Hektar und mehr bewirtschaften von 144 auf 358 auf 500 im vergangenen Jahr.

Die Zahl der Gesamtbetriebe ging im gleichen Zeitraum von 61.070 auf 39.800 zurück. Das Höfe-Sterben, vor allem das der kleineren Betriebe, wird also nicht vom Gesetzentwurf sondern von der bisherigen Agrarpolitik verursacht. Die Sache ist doch klar: Wenn sich an der Politik nichts ändert, gibt es auch keinen Grund anzunehmen, dass sich an dieser Entwicklung etwas ändert.

Ist ökologische Landwirtschaft wirklich besser?
Ja! Die wichtigsten agrarpolitischen Berater/innen der Bundesregierung, die Forscher/innen am Thünen-Institut, schreiben in ihrem Bericht von 2019:

„Die Auswertung der wissenschaftlichen Literatur ergab …, dass die ökologische Bewirtschaftung gegenüber der konventionellen […] im Bereich des Umwelt‐ und Ressourcenschutzes bei 58 Prozent der analysierten Vergleichspaare Vorteile aufwies. […] Positive Effekte des ökologischen Landbaus auf die Biodiversität sind für die untersuchten Artengruppen eindeutig belegbar. Im Mittel (Median) lagen die mittleren Artenzahlen der Ackerflora bei ökologischer Bewirtschaftung um 95 Prozent, bei der Acker‐ Samenbank um 61 Prozent und der Saumvegetation um 21 Prozent höher. Bei den Feldvögeln waren die Artenzahl um 35 Prozent […] höher. Mit 23 Prozent beziehungsweise 26 Prozent lagen diese Werte auch bei den blütenbesuchenden Insekten höher. Insgesamt betrachtet zeigten sich bei 86 Prozent (Flora) beziehungsweise 49 Prozent (Fauna) der Vergleichspaare deutliche Vorteile durch ökologischen Landbaus von der Betrachtungsebene (Emissionen pro Hektar / pro Tonne) ab."

Wie soll man denn nur mit Öko-Landbau die Welt ernähren?
Es gibt keinen Ertragsvorteil der konventionellen Landwirtschaft. 2014 hat die Universität von Berkeley in einer Metastudie 115 Studien mit über 1.000 Ertragsvergleichen zwischen konventioneller und ökologischer Produktion ausgewertet. Die Studien stammten aus 38 Ländern.

Das Ergebnis: Biobetriebe verzeichnen nicht mal ein Fünftel (19,2 Prozent) weniger Ernteertrag als vergleichbare konventionelle Betriebe. Berücksichtigt man den Effekt unterschiedlicher Fruchtfolgen, dann schrumpft die Lücke um die Hälfte. Zudem weisen die Wissenschaftler/innen darauf hin, dass öffentliche Forschungsförderungen seit Jahrzehnten ausschließlich in den konventionellen Bereich geflossen sind. Hätte man Forschung zum Biolandbau mit ähnlichen Summen gefördert, hätte sich der Unterschied noch deutlicher verringert.

Viele gängige Ertragsvergleiche sind wenig geeignet, weil sie lediglich Hektarfläche und Ertrag als Bezugsgröße für Effizienz von Landwirtschaft heranziehen. Dass Rohstoffe und andere Güter endlich sind, wird indes nicht beachtet: Rohstoffe, Atmosphäre, Biodiversität, Wasser, Gesundheit, fruchtbarer Boden sind knappe Güter.
Der Unterschied wird noch weiter verringert, wenn man berücksichtigt, dass die konventionelle Landwirtschaft von billiger Energie abhängig ist: Wenn im Durchschnitt beim Getreide- und Hackfruchtanbau 160 Kilogramm Stickstoff je Hektar gedüngt werden, so bedeutet das einen Verbrauch von 320 Litern Heizöl. Dazu kommen noch einmal 20 bis 30 Liter Heizöl, die für die Produktion der Spritzmittel benötigt werden.
Warum fordern Sie nur den Ausbau der Öko-Landwirtschaft und sagen nicht, wie diese Produkte dann auch gegen Billig-Konkurrenz aus anderen Ländern oder Bewirtschaftungsformen verkauft werden sollen?

Es gibt für Volksbegehren klare rechtliche Vorgaben. Eine der wesentlichsten: Es muss ein primäres Ziel für das Volksbegehren definiert werden, in diesem Fall: Die Stärkung des Artenschutzes. Zudem dürfen ausschließlich Gesetzesänderungen beantragt werden, die in direktem, eindeutig belegbarem und unmittelbarem Sachzusammenhang mit diesem Ziel stehen. Drittens darf nur das absolute notwendige Minimum an unterschiedlichen Gesetzen berührt werden.

Deswegen können wir zwar mit Blick auf die verheerende Wirkung von chemisch-synthetischen Pestiziden auf die Artenvielfalt deren Reduktion und den Ausbau der Öko-Landwirtschaft (deren positive Wirkung auf die Artenvielfalt wissenschaftlich belegt ist) über entsprechende Änderung von Naturschutz- und Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz fordern. Darüber hinaus dürfen dwir aber keine weiteren gesetzlichen Bestimmungen formulieren, etwa im Bereich Handelsstrukturen oder Vertrieb von Öko-Lebensmitteln. Das, so ist nun mal die Logik des Volksabstimmungsgesetz, muss dann wieder die „Profi“-Politik im Anschluss machen.

Die Landesregierung hat drei konkrete Instrumente, damit es nicht zu einem Angebotsüberhang im Bereich ökologischer Lebensmittel aus Baden-Württemberg nach Übernahme des Gesetzentwurfes kommt: eine verpflichtende Umstellung öffentlicher Kantinen/Mensen auf heimische Bio-Lebensmittel, eine finanzielle Stärkung regionaler Vermarktungsnetzwerke und -möglichkeiten, wie sie etwa die Regionalwert AG-Idee aus Freiburg vormacht und den Einstieg in eine Politik der Internalisierung sämtlicher Kosten, sprich des Verteuerns konventioneller Landwirtschaftsprodukte, indem Gemeinschaftskosten und -schäden durch konventionelle Landwirtschaft direkt beim Verursacher bepreist werden und dieser damit zu höheren Produktionskosten gezwungen wird, was sich wiederum positiv auf den Kostenvergleich zwischen konventionellen und ökologischen Produkten auswirken würde.

Wenn Bio-Lebensmittel weiter teurer sind als konventionelle, kann sich das keiner leisten. Wie wollen Sie das ändern?
Wir müssen dahin kommen, dass Lebensmittelproduzenten alle Kosten, die während der Herstellung entstehen, in den Preis ihrer Waren einrechnen. Dann wären Biolebensmittel fast immer billiger als konventionelle. Und das Nachfrageproblem hätte sich schlagartig reduziert.

Unser Unterstützer Christian Hiß von der Regionalwert AG Freiburg beschäftigt sich mit diesem Thema. In Wirklichkeit sind viele Nahrungsmittel nur scheinbar billig, weil die negativen externen Effekte, die sie auf die Umwelt und die Gesellschaft auslösen, nicht in die Preiskalkulation einfließen. Das Verursacherprinzip wird hier nicht konsequent angewendet, ein Großteil der Kosten und Risiken dieser Wirkungen muss von der Gesellschaft getragen werden. Etwa wenn billig ausgebrachter Kunstdünger das Grundwasser belastet oder Pestizide die Gesundheit.

Den Erzeuger/innen erleichtert das kurzfristig die Arbeit, die Gemeinschaft muss sich aber anschließend um die Folgekosten (etwa Wasser säubern) kümmern. Die Studie „How much is the dish?“ der Universität Augsburg hat die verursachergerechte Zuordnung der externen Kosten in der landwirtschaftlichen Produktion untersucht. Sie deckt die „versteckten Kosten“ auf, die durch die drei maßgeblichen Umweltbelastungen - Stickstoff, Treibhausgas-Emissionen und Energieverbrauch - bei der Produktion von Lebensmitteln entstehen. Würden die Umweltfolgekosten in die Marktpreise für Lebensmittel einberechnet, dann müssten beispielsweise die Erzeugerpreise für tierische Produkte aus konventioneller Landwirtschaft dreimal so teuer sein (196 Prozent Aufschlag auf die Erzeugerpreise), das heißt, ein normales Kilo Rindfleisch würde statt 15 Euro dann 45 Euro kosten.

Für ökologisch-tierische Produkte errechnet die Studie von 2018 lediglich einen Mehrpreis von 82 Prozent. Den geringsten Preisaufschlag ermittelt die Studie für Lebensmittel pflanzlichen Ursprungs, wobei es auch hier einen deutlichen Unterschied zwischen konventionellen und biologischen Produkten gibt: Werden die Umweltfolgekosten berücksichtigt, müssten die Erzeugerpreise konventionell-pflanzlicher Produkte 28 Prozent, biologisch-pflanzlicher Produkte hingegen nur 6 Prozent teurer sein. Damit offenbart die Studie eine erhebliche Fehlbepreisung, die zu einer Marktverzerrung zu Ungunsten des Ökolandbaus führt.

Es gibt erste Versuche von Unternehmen eine Bilanzierung vorzulegen, in der die externalisierten Kosten, also jene Kosten, die durch Umweltverbrauch bei der Herstellung, dem Transport etcetera entstehen, ausgewiesen sind. Sie zeigen, dass die Unternehmensgewinne unter dieser Voraussetzung stark zurückgehen. Wenn man nach Ansätzen sucht, wie diese Verzerrungen am Markt bereinigt werden könnten, so bieten sich Steuern beziehungsweise Abgaben auf Produkte an, denen eine die Umwelt belastende Wirkung nachgewiesen wird. Das Prinzip umweltökonomischer Abgaben zielt darauf ab, dass die Verursacher/innen einer Umweltbelastung Zahlungen an den Staat leisten.

Beispiele dafür gibt es schon: In den skandinavischen Ländern existiert eine Stickstoffsteuer bereits seit vielen Jahren. Die Abgabe auf Stickstoff in mineralischen Düngemitteln verringert den Eintrag von Stickstoff in Böden, Gewässer und Luft. Für einen strengeren Umgang mit chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln gehen Länder wie Dänemark, Norwegen, Schweden und Frankreich voran. Pestizide mit umfangreichen umwelt- oder gesundheitsschädlichen Risiken werden in einigen Ländern höher besteuert als weniger gefährliche. Im Jahr 2013 wurde in Dänemark eine risikobasierte Pestizidsteuer mit hohem Abgabeniveau eingeführt, sie hat dazu geführt, dass seitdem der Absatz an Pflanzenschutzmitteln um mehr als die Hälfte zurückgegangen ist.

Besitzer/innen von Streuobstfeldern sind doch Naturfreund/innen. Warum belegt man ausgerechnet sie mit neuen Regeln?
Obstbaumwiesen, Obstbaumweiden oder Obstbaumäcker sind ein besonders bedeutender Lebensraum für geschützte Arten. In diesen Kulturlandschaft leben viele seltene Tier- und Pflanzenarten. Baden-Württemberg trägt eine europaweite Verantwortung für diese Kulturlandschaften. Denn im Ländle gibt es überdurchschnittlich viele Streuobstfelder. Baden-Württemberg muss seiner Verantwortung gerecht werden und Streuobstwiesen, weiden und -äcker besonders schützen. Die Streubestände gehen seit Jahren zurück und auch Pestizide dürfen dort noch immer angewandt werden.
Vor allem aber sind Streuobstflächen durch die Ausweitung von bebauten und versiegelten Flächen, wie Neubaugebiete oder Verkehrsprojekte gefährdet. Der geforderte strengere Schutz der Streuobstgebiete bezieht sich vor allem auf den Schutz der Flächen und gegen den Flächenverbrauch.

Es soll künftig deutlich erschwert werden, schützenswerte Streuobstfläche zu Gunsten von Bebauungen zu entfernen. Deswegen heißt es in unserem Gesetzentwurf: (1) Extensiv genutzte Obstbaumwiesen, Obstbaumweiden oder Obstbaumäcker aus hochstämmigen Obstbäumen mit einer Fläche ab 2.500 Quadratmetern mit Ausnahme von Bäumen, die weniger als 50 Meter vom nächstgelegenen Wohngebäude oder Hofgebäude entfernt sind (Streuobstbestände) sind gesetzlich geschützt. Die Beseitigung von Streuobstbeständen sowie alle Maßnahmen, die zu deren Zerstörung, Beschädigung oder erheblichen Beeinträchtigung führen können, sind verboten. Pflegemaßnahmen, die bestimmungsgemäße Nutzung sowie darüberhinausgehende Maßnahmen, die aus zwingenden Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich sind, werden hierdurch nicht berührt.“

Die Pflege der Bestände, also zum Beispiel der Beschnitt der Bäume, ist durch die Besitzer/innen jederzeit möglich. Auch die wirtschaftliche Nutzung wird nicht eingeschränkt. Auch wir wissen, dass die Streuobstwiesen nur dann weiter zum Schutz der Artenvielfalt beitragen können, wenn die Nutzung für ihre Besitzer/innen attraktiv bleibt. In Bayern beinhaltet das von der CSU-Landesregierung angenommene Volksbegehren eine ähnliche Regelung. Dort wurde ein Rechtsgutachten über die Auswirkungen des neuen Gesetzes in Auftrag gegeben. In diesem stellt die Rechtsanwaltskanzlei Meisterernst klar, dass eine übliche Nutzung der Streuobstwiesen durch die Unterschutzstellung nicht behindert wird. Das Gutachten bescheinigt, dass die Entnahme von alten oder überalterten Bäumen weiterhin möglich ist. Ebenso kann die Zusammensetzung der Obstbaumarten geändert werden. Auch die Behandlung von Schäden, die zu einer Gefährdung der ökonomischen oder ökologischen Substanz der Streuobstfläche führen können, durch geeignete. Auch chemisch-synthetische Mittel sind im Grundsatz weiter möglich.

Gleichzeitig sollte bei der Nutzung allerdings berücksichtigt werden, dass es sich um besonders schützenswerte Lebensräume handelt. Die Reduzierung des Pestizideinsatzes ist mit Blick auf die verheerende Wirkung von Pestiziden auf Lebewesen geboten. Es gibt schon jetzt unzählige Streuobstflächen, die nach den Kriterien der ökologischen Landwirtschaft bearbeitet werden und – dank der weiter steigenden Absatzchancen für ökologisch erzeugte Produkte – ökonomisch erfolgreich sind.

Der vorgelegte Gesetzentwurf ist eine gute Balance zwischen ökologischen und praxistauglichen Aspekten. Da uns aber klar ist, dass der Erhalt unter verschärften Schutzbedingungen auch Anstrengungen erfordert, fordern wir von der Landespolitik, den Erhalt geschützter Streuobstflächen unter den geänderten Bedingungen in angemessenem Maße – und das heißt stärker als bisher – zu fördern.

Warum konzentriert sich das Volksbegehren auf extensive Streuobstbestände und machen dort die Pflege unmöglich, während intensive Bestände geschont werden?
Unsere Ziele bei der Reduktion von Pestiziden und beim Ausbau der ökologischen Landwirtschaft beziehen sich auf sämtliche land-, forst- und aquatisch-wirtschaftlich genutzte Flächen. Insofern auch auf intensive genutzten Obstbaumbestand. Bei den Streuobstbeständen ist es so, dass die Pflege der Bestände durch die Besitzer weiter möglich bleibt.

Im Gesetzentwurf heißt es: (1) Extensiv genutzte Obstbaumwiesen, Obstbaumweiden oder Obstbaumäcker aus hochstämmigen Obstbäumen mit einer Fläche ab 2.500 Quadratmetern mit Ausnahme von Bäumen, die weniger als 50 Meter vom nächstgelegenen Wohngebäude oder Hofgebäude entfernt sind (Streuobstbestände) sind gesetzlich geschützt. Die Beseitigung von Streuobstbeständen sowie alle Maßnahmen, die zu deren Zerstörung, Beschädigung oder erheblichen Beeinträchtigung führen können, sind verboten. Pflegemaßnahmen, die bestimmungsgemäße Nutzung sowie darüberhinausgehende Maßnahmen, die aus zwingenden Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich sind, werden hierdurch nicht berührt.

Pflegemaßnahmen sind also grundsätzlich ohne weiteren Aufwand möglich. Es ist keineswegs so, dass für die Fällung jedes Baums eine Genehmigung bei einer Behörde beantragt werden müsste. Denn geschützt werden sollen Streuobstbestände, nicht aber die einzelnen Bäume in Streuobstwiesen. Das heißt, es können einzelne abgängige, zu dicht stehende, anfällige Bäume gefällt werden, solange der Bestand erhalten bleibt - auch durch Nachpflanzungen - ohne dass dafür bürokratischer Aufwand betrieben werden müsste.
Es gibt zudem, eine recht großzügige "Bagatellgrenze" von immerhin 2500 m², also einem Viertel Hektar, eine Ausnahme für Bäume, die weniger als 50 Meter vom nächsten Wohn- oder Hofgebäude entfernt stehen. Es besteht also völlige Freiheit für Hausgärten und Aussiedlerhöfe und die Möglichkeit für Befreiungen mit Kompensation nach Absatz 2 und 3.

Die Gefahr dass möglicherweise schon im Vorfeld des Gesetzes Streuobstwiesen gerodet werden, wie es in Bayern angedroht und vielleicht auch in Einzelfällen durchgeführt wurde, bleibt allerdings bestehen. Das gilt aber für jede Art von Unterschutz-Stellung – also für Naturschutzgebiete, Naturdenkmale, Nationalparks, Landschaftsschutzgebiete oder Biosphärengebiete. Es galt auch für das Biotopschutzgesetz (damals § 24a NatSchG) Anfang der 90er Jahre. Wenn aus Angst vor derartigen Übergriffen auf ordnungsrechtliche Maßnahmen für den Naturschutz verzichtet würde, wären dem (amtlichen) Naturschutz die Hände völlig gebunden.

Warum fokussiert sich das Volksbegehren so sehr auf die Landwirtschaft? Ist das nicht eine Gängelung der Landwirtinnen und Landwirte?
Die Landwirtschaft hat eine besonders große Relevanz für den Erhalt der Artenvielfalt. Zahlreiche Studie belegen, dass der Verlust der Artenvielfalt in den vergangenen Jahren in besonderem Maße durch die Intensivierung der Landwirtschaft vorangetrieben wurde. Insbesondere der hohe Düngemittel- und Pestizideinsatz macht vielen Pflanzen- und Tierarten, vor allem den Insekten, zu schaffen.

Das Volksbegehren ist keine Gängelung von Landwirten, schließlich beteiligen sich auch zahlreiche Landwirte mit ihren Verbänden an dem Volksbegehren.

Das Volksbegehren ist aber ein Notruf. Viel zu lange sind die Umweltprobleme schon bekannt, die durch intensive Landwirtschaft verursacht werden. Doch es tut sich viel zu wenig. Bei den Bauernverbänden stießen Forderungen nach ökologischen Belangen in den vergangenen Jahren oft auf taube Ohren. Die Landwirte und ihre Verbände müssen auch selbst aktiv werden und die dringend benötigte Agrarwende herbeiführen. Dann können sie auch auf die Unterstützung der Gesellschaft zählen.

Bedeuten Ihre Pläne nicht eine Enteignung von Landbesitzer/innen?
Nein. Überhaupt nicht. Die Nutzung von Privateigentum wird in Deutschland in vielen Bereichen durch Abgleichen mit Gemeinschafts- oder Gemeinwohlinteressen geregelt.

Wenn Sie ein denkmalgeschütztes Haus besitzen, dürfen Sie es nicht vollständig nach eigenem Ermessen verändern. Wenn Sie Bauland kaufen, unterliegen Sie bei der Bebauung auch öffentlich vorgegebenen Rahmenbedingungen. Es bedarf an vielen Stellen einer Abwägung zwischen Einzel- und Gemeinschaftsinteressen. Und oft gelingt die doch sehr gut.

Warum machen die Verbände, die das Volksbegehren unterstützen, nicht auch etwas gegen die Zunahme von Schottergärten und gegen den Flächenverbrauch? Das ist doch genauso wichtig und betrifft nicht nur die Landwirtschaft.
Das ist richtig. Es gibt viele große Umweltprobleme, die dringend gelöst werden müssen. Neben Flächenverbrauch und Schottergärten sind das vor allem der Klimawandel sowie die Plastikflut in unseren Meeren. Die intensive Landwirtschaft mit ihren Pestiziden ist somit tatsächlich nur eines von vielen noch ungelösten Umweltproblemen. Für die Rettung der Bienen und vieler anderer Tierarten ist jedoch die Art und Weise, wie wir Landwirtschaft betreiben, ganz entscheidend. Und wir haben es in der Hand, Änderungen zu bewirken! Deswegen konzentrieren wir uns in diesem Volksbegehren darauf.

Es ist außerdem notwendig, sich mit dem Volksbegehren auf einige wenige wichtige Punkte zu konzentrieren, da es nicht erlaubt ist, zu viele unterschiedliche Themen gleichzeitig zu behandeln und die Bevölkerung über zwei unterschiedliche Sachverhalt abstimmen zu lassen (Koppelungsverbot). Dennoch, das Thema Flächenverbrauch und Schottergärten ist wichtig. Vielleicht könnte hier die Initiative von den Bauernverbänden kommen, denn die Bauern leiden auch unter dem Verlust wertvoller Ackerflächen. Wir würden ein solches Volksbegehren gerne unterstützen und zusammenarbeiten!
Warum soll mit dem Volksbegehren gesetzlich verankert werden, bis 2035 einen Anteil von 50 Prozent Bio-Anbaufläche in Baden-Württemberg zu erreichen?

Der Bio-Anbau kann mit weiteren Fördermaßnahmen und Initiativen zur besseren Verarbeitung und Vermarktung von Biolebensmitteln deutlich ausgebaut werden. Hier muss das Land noch aktiver werden. Wir sind aber auch als Verbraucher/innen gefragt, uns an der Ladentheke bewusst für die entsprechenden Produkte zu entscheiden. Es gilt der einfach zu merkende Spruch: „Bio und regional ist erste Wahl.“

Mit dem Volksbegehren soll gesetzlich das Ziel verankert werden, bis 2035 einen Anteil von 50 Prozent Bio-Anbau in Baden-Württemberg zu erreichen. Wird der Biomarkt dann nicht zusammenbrechen?
Der Bio-Anbau liegt in Baden-Württemberg derzeit bei rund 15 Prozent und wächst stetig. Der Markt kann weiter gesteigert werden mit Hilfe von weiteren Fördermaßnahmen und Initiativen zur besseren Verarbeitung und Vermarktung von Biolebensmitteln sowie durch den Einsatz von Bio in öffentlichen Kantinen. Hier muss das Land noch aktiver werden. Wir sind aber auch als Verbraucher/innen gefragt, an der Ladentheke uns bewusst für diese Produkte zu entscheiden. Es gilt: „Bio und regional ist erste Wahl.“

In Österreich, wo der Anteil der Ökolandwirtschaft deutlich höher ist als in Deutschland, ist der Markt auch nicht eingebrochen. Die inländische Nachfrage nach Biolebensmitteln ist zudem derzeit größer als das Angebot. Das betrifft nicht nur Bananen und Kaffee, die bei uns nicht wachsen. Auch Bio-Möhren, Bio-Äpfel und Bio-Kartoffeln sind bei uns derzeit noch Mangelware und werden aus dem Ausland importiert.

Wie wird entschieden, welche 50 Prozent der Landwirtschaftsbetriebe künftig ökologisch wirtschaften müssen?
Es wird nicht entschieden, welcher Betrieb künftig ökologisch wirtschaftet und welcher nicht. Vielmehr ist es Aufgabe der Politik dieses quantitative Ziel zu erreichen. Das kennen wir übrigens auch aus anderen Politikfeldern wie die CO2-Quote, EEG-Quote und so weiter. Entsprechende Förderprogramme wären sicher eine Maßnahme, ebenso Agrar-Subventionen umzugewichten.

Daran zeigt sich: Die Politik hat ein Interesse, bis 2035 eine möglichst attraktive Absatzsituation für ökologisch erzeugte Lebensmittel aus Baden-Württemberg zu schaffen. Denn sonst fehlen den Betrieben Anreize, im erforderlichen Maße auf ökologische Bewirtschaftung umzustellen.

Auf welche Quellen bezieht sich der Gesetzentwurf?
Dalton und Brand-Hardy (2003): „Nitrogen: the essential public enemy”; https://doi.org/10.1046/j.1365-2664.2003.00849.x
Forest Isbell, Peter B. Reich, David Tilman, Sarah E. Hobbie, Stephen Polasky, and Seth Binder(2013): “Nutrient enrichment, biodiversity loss, and consequent declines in ecosystem productivity”, https://doi.org/10.1073/pnas.1310880110
Sandau N, Fabian/ Bruggisser OT, Aebi A, Kehrli P, Rohr RP, Naisbit RE, Bersier LF (2013) The importance of landscape and spatial structure for hymenopteran‐based food webs in an agro‐ecosystem. The Journal of Animal Ecology 82(6):1203‐1214. doi: 10.1111/1365‐2656.12103
Sanders, Hess (2019): „Leistungen des ökologischen Landbaus für Umwelt und Gesellschaft“, Thünen-Institut, ﷟Htps://www.thuenen.de/media/publikationen/thuenen-report/Thuenen_Report_65.pdf
Geiger u. a. (2010): “Persistent negative effects of pesticides on biodiversity and biological control potential on European farmland”,GfÖ Ecological Society, https://www.wur.nl/upload_mm/b/3/8/94e7760f-3dca-4cc1-8365-018832a8d729_Persistent%20negative%20effects%20of%20pesticides%20Geiger%20et%20al%202010.pdf
Timothy D. Meehan, Ben P. Werling, Douglas A. Landis, and Claudio Gratton(2011): “Agricultural landscape simplification and insecticide use in the Midwestern United States” https://doi.org/10.1073/pnas.1100751108
Umweltbundesamt (2017): „Pflanzenschutzmittel in der Umwelt“, https://www.umweltbundesamt.de/daten/chemikalien/pflanzenschutzmittel-in-der-umwelt





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Klimawandel,Feuer, Waldbraende, Artensterben,Windenergie
Immer mehr Klimawandelleugner und Energiewendegegner argumentieren mit gezielt vorgeschobenen "Artenschutz-Argumenten" gegen Energie aus Wind & Sonne. Bei den großen Bränden in Australien und in Amazonien sind Milliarden Tiere auf eine entsetzliche Art und Weise gestorben. Die menschengemachte Klimakatastrophe wird die globale Artenausrottung und das Waldsterben massiv beschleunigen. Diese Fakten müssen, auch wenn's uns Naturschützern manchmal schwerfällt, bei allen regionalen Planungsvorhaben in die immer notwendige Artenschutz-Betrachtung einbezogen werden.

Genau in dieser Frage unterscheiden sich gemeinwohlorientierte Naturschutzverbände von egoistischen Bürgerinitiativen.










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Axel Mayer Mitwelt Stiftung Oberrhein
Mit Zorn und Zärtlichkeit auf Seiten von Mensch, Natur, Umwelt & Gerechtigkeit.


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